abends nie anders ausgeht als mit Handschuhen und
Schleier, gegen Mücken und Malaria ausreichend
geschützt ist. Sicher können dies auch mehrere Leute
durchführen; aber größere Massen, namentlich Arbeiter,
wird man auf diesem Wege nicht vor Malaria schützen
können.
Also gegen die Mücken selbst vermögen wir nicht
viel auszurichten. Nun hat man aber ferner die
Idee gehabt, den Menschen in einen Zustand zu
versetzen, in welchem er, selbst wenn er von Mücken
gestochen wird, nicht mehr krank werden kann. Man
hat ja bei einer ganzen Reihe von Krankheiten die
Erfahrung gemacht, daß die Menschen, wenn sie diese
Krankheiten einmal überstanden haben, gegen dieselben
immun werden.
Bei gewissen Krankheiten ist man auch im Stande,
eine solche Immunität künstlich zu verleihen. Da
ist es ganz natürlich, daß man auf den Gedanken
gekommen ist, auch für die Malaria eine künstliche
Immunität zu schaffen. Seit einer Reihe von Jahren
sind auch schon derartige Versuche gemacht worden,
namentlich in Italien, wo man auch Pferde dazu
benutzt hat. Aber alle diese Versuche sind bis jetzt
mißlungen. In allerletzter Zeit hat indessen der
Stabsarzt Dr. Kuhn in Südwestafrika behauptet,
er hätte ein solches Verfahren gefunden, mit dem
man die Menschen immun gegen Malaria machen
könnte; leider liegen aber in Bezug auf diese Be-
hauptung noch keine genügenden Berichte vor. Ich
habe den einzigen Bericht, welchen Dr. Kuhn ge-
liefert hat, gesehen, muß aber gestehen, daß ich nicht
klug daraus geworden bin, um was es sich eigent-
lich handelt; es sind so allgemeine Angaben, die man
nicht kontrolliren kann. Ein abschließendes Urtheil
vermag ich deswegen darüber nicht abzugeben.
Halten Sie aber trotzdem die Sache für wichtig
genug, dann bin ich der Meinung, daß man baldigst
Jemand, der aber ganz genau mit den einschlägigen
Fragen vertraut sein muß, namentlich ganz genau
weiß, wie man die Untersuchungen über Immunität
auszuführen und wie man Malaria bei Thieren zu
beurtheilen hat, an Ort und Stelle schickt, um eine
Nachprüfung der Kuhnschen Angaben vorzunehmen.
Nun giebt es aber auch eine andere Möglichkeit, den
Menschen in einen solchen Zustand zu versetzen, daß
ibm der Stich der Mücke nichts schadet, nämlich die
Anwendung des Chinins. Dieselbe ist schon lange
Zeit bekannt und wird in Malariagegenden von
vielen Aerzten angewendet. Auch während unserer
Expedition haben wir Gebrauch davon gemacht und
guten Erfolg damit gehabt. Aber auch dieses Mittel
läßt sich nicht im Großen durchführen. Ich kann
aus eigener Erfahrung mittheilen, daß man eine
derartige Chininkur nicht zu lange aushält. Oft er-
klären die Betreffenden schon nach einigen Monaten,
daß sie das Chinin nicht mehr ertragen und es nicht
mehr nehmen können, weil sie einen unüberwindlichen
Widerwillen dagegen haben. Wenn es sich darum
handelt, einzelne Menschen gegen Malaria zu schützen,
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die vorübergehend damit in Berührung gekommen
sind, z. B. in einem malariaverseuchten Hafen, auf
einer Expedition, oder an Orten, wo die Malaria=
infektion nur kurze Zeit wirksam ist, dann ist die
Chininprophylaxis entschieden am Platze. Alle die
soeben beschriebenen Verfahren möchte ich als kleine
Mittel bezeichnen, weil sie nur bei einzelnen Menschen
oder kleinen Gruppen von Menschen angewendet
werden können; eine wirkliche Bekämpfung der
Malaria im Großen oder eine Ausrottung derselben
läßt sich damit nicht erreichen.
Ich komme nunmehr auf ein Verfahren, das, wie
ich überzeugt bin, eine bedeutende Einschränkung,
voraussichtlich sogar die gänzliche Ausrottung der
Malaria bewirken kann; es ist das Verfahren, das
sich in den Prinzipien, auf denen es beruht, voll-
ständig an die Erfahrungen anlehnt, die wir bei den
großen Sachen gemacht haben und die sich vollständig
in jahrelanger Praxis bewährt haben. Es geht
darauf hinaus, die Malarioparasiten aufzusuchen und
zu vernichten. Ich habe Ihnen mitgetheilt, daß wir
im Stande sind, bei jedem Menschen durch einfache
Blutuntersuchungen die Parasiten nachzuweisen. Wir
können sie also auffinden, und wir haben ferner im
Chinin ein so ausgezeichnetes Mittel wie bei keiner
anderen Krankheit, um sie zu vernichten. Die
Möglichkeit, die Malaria in dieser Weise auszu-
rotten, ist also vorhanden; wir müssen nur, wie bei
Cholera und Pest, mit größter Sorgfalt die einzelnen
Fälle aufsuchen, namentlich die leichteren versteckten
Fälle, die für die weitere Verbreitung einer Seuche
die allergefährlichsten sind, und müssen sie durch Be-
handlung mit Chinin unschädlich machen.
In Bezug auf die versteckten, besonders gefähr-
lichen Fälle ist auf der Malariaexpedition eine wichtige
Entdeckung gemacht. Es wurde näfmlich gefunden,
daß in richtigen Malariagegenden die allermeisten
Malariafälle unter den Kindern existiren, was bisher
nicht bekannt war. «
Wenigstens wußte man nicht, daß die Kinder
in dem Umfange an Malaria leiden, wie wir es
gefunden haben. Es hat sich aber auch weiter
herausgestellt, daß unter den Erwachsenen, die schon
längere Zeit Malaria gehabt haben, und bei denen
die Malariaanfälle immer schwächer und schließlich
so unbedeutend werden, daß der Betreffende nicht
mehr darauf achtet und keinen Arzt aufsucht, sehr
häufig Malariaparasiten im Blute vorhanden sind,
und zwar gerade in demjenigen Zustande, in welchem
sie für die Weiterentwickelung in den Mücken ge-
eignet sind.
Bisher hat man sich darauf beschränkt, die Malaria=
fälle zu behandeln, welche sich an den Arzt wenden.
Würden wir aber unsere Bemühungen, die Malaria=
parasiten aus der Welt zu schaffen, bloß auf diese
Menschen beschränken, dann würden wir nicht weit
kommen; dann würde es uns ebenso gehen, wie,
wenn wir in der Cholerazeit uns darauf beschränken
wollten, bloß für die allerschwersten Fälle zu sorgen.
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