Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

Versuche nicht befriedigt haben und außerdem der 
Araber außerordentlich konservativ ist. 
Was nun den Perlen handel betrifft, so liegt 
das Geschäft noch zum allergrößten Theile in den 
Händern von Arabern und von mehreren Hundert 
Hindus. Legtere halten sich fast alle nur während 
der Perlsaison im Golf auf und kehren nach Be- 
endigung derselben nach Indien zurück. 
Die Eigner der Taucherboote sind meistens wenig 
wohlhabende Leute, die, um ihrem Beruf nachgehen 
zu können, stets auf Vorschüsse seitens der Perlen- 
händler angewiesen sind, welche ihnen die Mittel 
gewähren, die Boote ausrüsten und verproviantiren 
zu können. 
Auch befindet sich unter der Tauchermannschaft 
ein gewisser Theil Nichtsklaven; diese erhalten bei 
Beginn der Saison Vorschüsse, die bei großen Booten 
häufig mehrere tausend Dollars ausmachen, so daß 
an den Eigner der Boote recht große Ansprüche 
herantreten, denen er in den meisten Fällen eben 
nur mit Hülfe der von den Perlenhändlern ge- 
gebenen Vorschüsse gerecht werden kann. Die Vor- 
schüsse werden zu hohen Zinssätzen meistens für die 
Dauer der Saison gegeben, mit der Vereinbarung, 
daß Perlen zum Marktpreise an Zahlungsstatt an- 
genommen werden. Ist keine Einigung zu erzielen, 
so verkaufen die Booteigner an andere Händler und 
bezahlen ihre Gläubiger in Baar, wobei es dann 
häufig vorkommt, daß der Schuldner außer Stande 
ist, den ganzen Vorschuß sammt Zinsen zurückzuzahlen, 
sei es infolge schlechter Perlenpreise, schlechter Aus- 
beute oder auch infolge bösen Willens des Boot- 
eigners, der vielleicht schon vor Ende der Saison 
viele Perlen an fremde Händler verkauft und dies 
dem Gläubiger verschwiegen hat. — Es ist natürlich, 
daß unter diesen Umständen manche Booteigner tief 
in Schulden stecken und manche Vorschüsse überhaupt 
verloren gehen. Selbst im besten Falle bleibt es ein 
sehr riskantes Geschäft, Vorschüsse zu geben. 
Was nun den Unmsatz an Perlen im Golf angeht, 
so ist derselbe naturgemäß in jedem Jahre sehr ver- 
schieden, und eine annähernd verläßliche Schätzung 
sehr schwer, da die Perlen mehrere Male den Besitzer 
wechseln, ehe sie versandt werden. Auch der Antheil 
der verschiedenen Perlenhandelsplätze an dem Handel 
differirt sehr. Die beiden Hauptplätze sind jedoch 
Bahreyn und Linga, denen sich Debay, Syhargeh, 
Abu-Thabi und verschiedene andere kleine Orte an- 
schueßen. — Der Werth der im letzten Jahre zum 
Verkauf gelangten Perlen mag vielleicht auf etwa 
30 Millionen Rupien geschätzt werden; doch kann 
diese Schätzung nur mit Vorbehalt gegeben werden, 
da in keinem Platze irgend welche Statistik erhältlich 
ist, die Bewerthung vielmehr auf persönlichen Wahr- 
nehmngen und Berichten von eingeborenen Händlern 
eruht. 
Der Verkauf der Perlen seitens der Nakhodas 
oder Booteigner findet theilweise auch auf offenem 
Meere statt, und besonders in dem letztverflossenen 
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Jahre hat dieser Weg des Handels infolge der enorm 
hohen Perlenpreise eine größere Ausdehnung erhalten, 
trotzdem Reisen im Golf in einer Dhau, die nur sehr 
ungenügende Bequemlichkeiten bietet, bei einer durch- 
schnittlichen Tagestemperatur von 35 bis 40° C. im 
Schatten große Anstrengungen mit sich bringen und 
leidliches Trinkwasser nur sehr schwer erhältlich ist. 
— Odogleich Ueberfälle durch Piraten (Beduinen von 
der Omanküste) auf Händlerboote, die größere Mengen 
Perlen oder Geld an Bord haben, nicht sehr häufig sind, 
so haben solche doch auch noch im letztverflossenen 
Jahre stattgefunden; u. A. wurde ein Hindu, also 
ein britischer Unterthan, total ausgeraubt. 
Die beim Perlenhandel im Golf fast ausschließ- 
lich gebräuchliche Münze ist der Maria Theresia- 
Thaler. Das Mitnehmen größerer Geldsummen hat 
also seine Schwierigkelten. Höhere Geldwerthe als 
diese Münze giebt es nicht. 
Die Perlen werden ausschließlich nach Gewicht 
gehandelt und zwar sind verschiedene Gewichte ge- 
bräuchlich, das Bombay-Ire, das Poone-Ire und 
das persische Miscal. Nur ganz große Perlen 
machen hiervon eine Ausnahme. — Die Perlen 
werden in viele verschiedene Sorten, je nach Qualität, 
Farbe und Gestalt, eingetheilt; jede Sorte hat ihren 
besonderen Namen. Von den Fischern werden die 
Perlen meistens in dem Zustande, wie sie gefunden 
werden, zum Verkauf gestellt; das Sortiren geschieht 
erst durch die Händler. — Als Central-Verkaussplatz 
für alle Sorten fungirt Bombay, wo die Perlen 
noch durch verschiedene Hände gehen, ehe sie end- 
gültig verschifft werden. Nur die Perlen besserer 
Qualität kommen nach Europa (London), die un- 
regelmäßig geformten (gumshahi) verbleiben in 
Indien, und die kleinsten, sogenannten Staubperlen, 
gehen nach China. 
Von europäischen Kaufleuten beschäftigt sich bis 
jetzt nur eine deutsche Firma in Linga mit dem 
Perlenhandel. Doch ist schon verschiedentlich der 
Versuch auch von anderen europäischen Kaufleuten 
gemacht worden, direkt von den Tauchern zu kaufen, 
indessen ohne Erfolg, da den Betreffenden die Kennt- 
niß aller einschlägigen Verhältnisse abging, auch die 
mit dem Perlenhandel nöthigerweise verbundenen ge- 
fährlichen und strapaziösen Reisen von der Ausführung 
abschrecken. 
(Nach einem durch Vermittelung des Kaiserlichen Vizekonsuls 
in Buschär eingegangenen Berichte.) 
Perschiedene MWitkheilungen. 
Ueber die handelspolitische Bedeutung Afrikas 
hat die „Londoner Finanz-Chronik“ mehrere Aufsätze 
von A. Zimmermann veröffentlicht, denen wir 
Folgendes entnehmen: 
Unter den Großthaten des 19. Jahunderts wird 
neben der Besiedelung Australiens die wissenschaft- 
  
liche und wirthschaftliche Erschließung Afrikas jeder-
	        
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