— 417
angehörigen Mädchen heirathen nicht in die andere
Klasse, die Männer tragen alle einen Kamm im
Haar. Die zweite Klasse wohnt meist im Innern,
sie steht zwar unter eigenen Häuptlingen, hat aber
für die erste Klasse Arbeiten zu leisten. Die Männer
dürsen weder Kamm, noch Schildpatt- oder Muschel-
schmuck tragen; es kommt selten vor, daß ein
Mädchen von einem Mann der ersten Klasse zum
Weibe genommen wird. Welche Klasse die ursprüng-
liche ist, konnte von mir nicht festgestellt werden.
Die Ansicht der Einen geht dahin, daß die erste
Klasse eingewandert und die Ureinwohner unterdrückt
hat, nach der Ansicht Anderer soll die zweite Klasse
von weniger fruchtbaren Inseln nach Jap gekommen
sein, um hier gegen Verpflegung zu arbeiten. Von
diesen soll dann ein großer Theil Land erhalten
haben und geblieben sein.
Männer wie Frauen tragen das Haar lang, in
einem Knoten auf dem Hinterkopf zusommengebunden,
die Männer vielfach wie ein Toupet. Trotzdem die
Vaper schon lange mit den Weißen Handel treiben,
sind sie der europäischen Kleidung abhold, nur
Hemden und Jacken sieht man vereinzelt. Die
Männer tragen eine Gürtelschnur um die Hüften
mit einem schmalen, zwischen den Beinen durch-
gezogenen Schamlappen, über diesen und das Gesäß
fällt noch ein Büschel aus dem Bast des Hybiscus-
strauches. Den Kindern und Frauen dient ein dichter,
bauschiger Bastrock, Letzteren unter diesem noch ein
kleiner Grasschurz als Kleidung, kleinere Kinder
gehen ganz nackt. Bei den Männern bemerkt man
vielfach eme aus Blättern gefertigte Kopfbedeckung
nach Art der Kulihüte und auf der Schulter ein
Beil in Dechselform. Alle Bewohner aber führen
auf ihren Gängen einen aus einem Kokoswedel ge-
flochtenen Korb bei sich, der ihnen zur Aufbewahrung
emiger Nahrungsmittel, von Tabak und vor Allem
der Bethelnuß und der nothwendigen Zuthaten dient.
Das ständige Bethelkauen giebt den Zähnen eine
häßliche, schmutzige Farbe, bei den Mädchen werden,
wenn sie in die Pubertät kommen, die Zähne zudem
schwarz gebeizt.
Die einzigen Handelswaaren, für die die Yaper
bis jetzt Interesse haben, sind Tabak, Perlschalen,
Hobeleisen, die als Schneide zu ihren Dechseln be-
nutzt werden, Glasperlen, Moskitogaze, Reis, Zeuge
und Corned Beef. Früher waren Kanonen und vor
Allem Genever und andere alkoholhaltige Getränke,
die sie mit dem Sammelnamen Rum bezeichnen,
die beliebtesten Artikel.
Noch vor einigen Jahren waren die Yaper
schwere Trinker. Die einzelnen Gemeinden lieferten
so viel Kopra an die Kaufleute, wie zum Tausch
einer größeren Menge Genever — etwa 50 Kisten —
nöthig war. Dann feierten sie mit ihren Freunden
Zechgelage, die nicht früher endigten, bis die letzte
Flasche ihres Vorrathes ausgetrunken war. Das
dauerte zuweilen Wochen. Dann fühlten sich die
Gäste zu Gegenleistungen verpflichtet, und so ging
es durch die ganze Insel. In jener Zeit lieferte
Yap große Mengen Kopra, so daß immer Mittel
vorhanden waren. Selbstverständlich war der Genever
nicht die beste Sorte, nicht einmal eine mittlere. Ich
weiß, daß er auch zum Anrühren schwarzer Farbe
benutzt wurde, mit der man Kisten signirte, und
ebenso selbstverständlich blieben Excesse in der Trunken-
heit nicht aus. Jetzt ist durch die Kaiserliche Ver-
waltung die Verabfolgung geistiger Getränke an
Eingeborene ohne besondere Genehmigung des Be-
zirksamtmanns verboten, und es herrscht überall Ruhe
und Ordnung auf der Insel.
Die Yaper sind gutmüthige, freundliche Menschen,
sie sind intelligent und als Sceleute, Handwerker,
Wege= und Wasserarbeiter zu verwenden, sie sind
auch fleißig, wenn es sich um eigene Angelegenheiten
handelt oder wenn sie unter Aufsicht arbeiten. Es
ist bekannt, daß sie noch vor einigen Jahren mit
ihren schlanken Kanus nach den entfernten Palaus
fuhren, dort monatelang Steine brachen und mit
dieser schweren Ladung auf Flößen nach Yap zu—-
rückkehrten.
Ihre Häuser errichten sie auf steinigem Unter-
grund, fest und dauerhaft mit hohen Giebeldächern
und schließbaren Thüren oder Fenstern. Rings um
das Haus und an dem Weg stehen die zu runden
oder ovalen Scheiben mit einem Loch in der Mitte
behauenen Steine aus den Palau, die ihnen als
Geld dienen, und man kann somit von Yap be—-
haupten, daß es ein Land ist, wo das Geld auf der
Straße liegt. Die Gemeinden haben geebnete und
gepflasterte Versammlungsplätze mit senkrecht einge-
lassenen Steinplatten, die als Rückenlehnen dienen,
und Gemeindehäuser (Bäwai), die auf gemeinsame
Kosten errichtet werden. Für diese Bäwais rauben
sie sich Mädchen aus anderen Distrikten, der Raub
scheint jetzt aber nur Posse zu sein, eine Art Pietät
gegen alte Gewohnheiten, thatsächlich hatte bei allen
mir angezeigten Mädchendiebstählen vorher eine Ver-
ständigung zwischen dem „Opfer“ und deren Eltern
einerseits und der Gemeinde der „Räuber“ anderer-
seits stattgefunden, in einem Fall gestand sogar die
Geraubte, die Räuber um ihre Entführung gebeten
zu haben. Diese Sabinerinnen werden für eine be-
stimmte Zeit, in der Regel mehrere Jahre, Gemein-
gut aller Männer, der ledigen wie verheiratheten,
und kehren dann reichlich beschenkt in ihre Heimath--
dörfer zurück; wird eine von ihnen Mutter, so wird
sie von einem der Dörfler geheirathet. Alle Ehen
werden eigentlich nur auf unbestimmte Zeit geschlossen,
sie währen zuweilen nur Wochen, jedem der Ehe-
gatten steht es frei, sie zu lösen und eine andere
Wahl zu treffen. Vor den Bäwais sind Plätze, auf
denen abends, am meisten bei Mondscheinnächten,
Kurzweil getrieben und unermüdlich — häufig bis
zum Morgengrauen — lustig getanzt wird. Die
Tänze mit ihren vielen, abwechselungsreichen und
bizarren Formen lassen sich schwer beschreiben, wir
können ihnen auch keinen annähernd so schwierigen