Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

Aus fremden Kolonien. 
Entwickelung der Rrontolonie Britisch- Nen· Guinea im 
Jahre 1898/99. 
Nach dem letzten Jahresbericht, der die Zeit vom 
1. Juli 1898 bis 30. Juni 1899 umfaßt, schreitet 
die Kolonie langsam vorwärts. Der Einfluß der 
Regierung auf die Eingeborenen dehnt sich allmählich 
aus, wenngleich er sich im Allgemeinen noch nicht 
über den Küstensaum hinaus erstreckt. Zur Aufrecht- 
erhaltung der Ruhe wird eine Polizeitruppe von 
eimhundert Mann, alles Papuas hauptsächlich aus 
dem Westen der Kolonie, unter einem europäischen 
Kommandanten gehalten; die Truppe ist auf Port 
Moresby und sechs andere Regierungsstationen ver- 
theilt. Besonders gute Erfahrungen hat man mit 
den Ortschaftskonstablern gemacht, die als Vertreter 
der Regierung in vielen Eingeborenendörfern ange- 
stellt und für Ruhe und Frieden verantwortlich sind. 
Diese Konstabler rekrutiren sich vielfach aus Leuten, 
die in der Polizeitruppe gedient haben; auch hat 
man häufig für den Posten Gefangene gestellt, die 
während ihrer Strafzeit sich gut geführt hatten. 
Zahlreiche Reisen sind vom Leutnant-Governor 
G. Ruthven Le Hunte, dem Nachfolger des zum 
Gouverneur von Lagos (Westafrika) ernannten Sir 
William Macgregor und den obersten Beamten 
(Resident Magistrates) der vier Verwaltungsbezirke 
ausgeführt. 
Eine wesentliche Stütze hat die Regierung an 
den vier Missionsgesellschaften gehabt, deren Loya- 
lität sehr gerühmt wird. Es sind dies: 
die Londoner Missionsgesellschaft, die auch in 
Deutsch-Samoa thätig ist und in Malua an der 
Nordküste von Upolu ein Seminar besitzt, wo ein- 
geborene Samoaner zu Missionaren erzogen werden; 
die Mission vom Heiligen Herzen Jesu, die auch 
im Bismarckarchipel ein Arbeitsfeld hat; 
die Wesleyanische Missionsgesellschaft, der wir 
ebenfalls im Bismarckarchipel und ferner in Deutsch- 
Samoa begegnen, die anglikanische Mission (zur 
englischen Hochkirche gehörig). 
Handel und Berkehr zeigen im Verlauf des 
Berichtsjahres einen Ausschwung, und zwar gründet 
sich dieser im Wesentlichen auf eine erhöhte Betrieb- 
samkeit in der Goldgewinnung, für die jedoch feste, 
eine längere Dauer versprechende Grundlagen noch 
nicht geschaffen sind. 
Die Zahlen für die Handelsbewegung geben 
folgendes Bild: 
  
1897/98 1898/99 Unterschied 
Einfuhr . . 24 46 971 52 170 + 5 199 
Ausfuhr . ... ę 49869 68 496 —+ 18 637 
Totalsumme 24 96 830 120 666 K+ 23 836 
Eine Bergleichung der Statistik des letzten Jahres 
mit der der Periode 1894/95 von: 
4 28 367 Einfuhr 
L 16 215 Aussfuhr 
# 44582 Gesammtsumme 
467 
  
ergiebt, daß, während der Gesammtwerth des Han- 
dels sich in den letzten fünf Jahren beinahe verdrei- 
facht hat, die Einfuhr sich nicht einmal verdoppelt 
hat, die Ausfuhr dagegen mehr als viermal so groß 
geworden ist. 
Der Verkehr vollzieht sich zum größten Theil 
über den Einfuhrhafen Lamarai (Insel in der 
China Street im Osten der Kolonie), wo im Be- 
richtsjahr zwei Drittel der Einfuhr und zwölf Drei- 
zehntel der Ausfuhr durchgingen. Der Verkehr in 
den beiden anderen Einfuhrhäfen (Port Moresby 
mittlerer Verwaltungsbezirk der Kolonie, Daru im 
Westen) war dem gegenüber gering. 
Eine nähere Betrachtung der die Einfuhr bilden- 
den einzelnen Artikel bietet kein besonderes Interesse, 
Getränke und Nahrungsmittel, Kleidungsstoffe, Tabak 
(insbesondere für den Gebrauch der Eingeborenen), 
Eisenwaaren und Geräthe, Baumaterialien und 
fertige Boote sind die Waaren, die in beträchtlichem 
Werth eingeführt werden. 
Wie sich die Ausfuhr der beiden letzten Jahre 
gestaltet hat, ergiebt für die einzelnen Erzeugnisse 
der Kolonie die folgende Gegenüberstellung: 
1897/98 1898/99 uUntierschied 
Trepang 28 3395 1644 — 1751 
Kopra 8 2425 2907 +T 482 
Kautschuk 4 3683 1935 — 1748 
Sandelholz 2940 2920 — 20 
Perlmutterschalen 8 8 468 10 284 + 1 816 
Goldl 9 25 612 44 185 K 18 573 
Die ungewöhnlich starke Erhöhung des Gesammt- 
ausfuhrwerths auf 8 18 637 ist danach fast aus- 
schließlich der Mehrgewinnung von Gold zuzu- 
schreiben, während bei allen anderen Ausfuhrartikeln 
zusammen genommen nur eine Zunahme von 2 64 
gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen ist. Ob bei 
dem Gold die ansteigende Bewegung von Dauer 
sein wird, ist noch nicht zu übersehen. Für das 
Berichtsjahr kamen drei Bezirke für die Gold- 
gewinnung in Betracht: 
a) Das Louisiaden-Goldfeld. Hier wurde nur 
noch auf den Inseln Misima und Sudest nach Gold 
bedurt Auf Misima hat der Betrieb nahezu auf- 
gehört. 
Auch in Sudest ist der Betrieb zurückgegangen. 
Die British New Guinea Gold Fields Proprietary 
Company ist hier noch an der Arbeu. 
b) Das Woodlark Goldfield beschäftigte am 
Schluß des Berichtsjahres (30. Juni 1899) etwa 
70 Goldgräber. Die Gewinnung von Alluvialgold 
ist auch hier stark zurückgegangen. 
Gold wird jetzt auch im Gebirge gewonnen; der 
ganze Betrieb beginnt ein geordneteres und mehr 
systematisches Gepräge zu bekommen. 
c) Das Mambare-Goldfeld interessirt, da es un- 
weit der Südgrenze von Kaiser Wilhelmsland belegen 
ist, uns am meisten. Die Schwierigkeiten, die hier 
den Goldsuchern, die ohne nennenswerthes Kapital, 
ihrem Gewerbe nachgehen, entgegenstehen, sind nahezu 
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