Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

daß der Besitzstand, besonders die durch die Pest 
dezimirten Viehherden, sich langsam wieder vermehren. 
Eine weitere für die Missionsarbeit sehr wichtige 
Folge dieser veränderten Lage ist, daß die Ein- 
geborenen sich mehr als je auf den Stationen nieder- 
gelassen haben, da sie dort reichlich genug Weide 
fanden. Manche unserer Stationen sind seit vielen 
Jahren kaum je so bevölkert gewesen, wie im letzten 
Jahre. 
Glücklicherweise hat sich die Befürchtung, der 
reiche Regenfall möchte wiederum eine Fieberepidemie 
zur Folge haben, nicht erfüllt. Nur hier und da 
sind Fiebererscheinungen aufgetreten, doch ohne 
größeren Umfang anzunehmen. Von dem Heimgang 
der beiden Missionarsfroauen Böhm und Heidmann 
berichteten wir bereits in der allgemeinen Uebersicht, 
ebenso, daß die drei Missionare Irle, Lang und 
Fenchel sich genöthigt sahen, ihre Frauen nach 
Deutschland zu schicken. Die Missionare Irle und 
Laug wurden dadurch zu ihrem großen Schmerz 
für längere Zeit ihrer Arbeit entzogen, da sie ihre 
Frauen aufs Schiff bringen mußten. Auch Missionar 
Dannert mußte über ½ Jahr von seiner Station 
abwesend sein, um Erholung von seiner vorjährigen 
schweren Erkrankung am Kap zu suchen, Geschwister 
Kremer konnten erst Mitte September auf ihre 
Station zurückkehren, Gaub war also /4 Jahre 
verwaist; Geschwister Schaar mußten sich gar das 
ganze Jahr hindurch fern von ihrem Arbeitsfeld im 
Kaplande aufhalten, um sich dort ärztlicher Be- 
handlung zum Theil mit operativen Eingriffen zu 
unterziehen. 
Diese monatelange Brachlegung so vieler Arbeits- 
kräfte wurde nun aber gerade jetzt um so schmerz- 
licher empfunden, als sich eine Bewegung zum 
Evangelium hin unter den Eingeborenen zeigte, wie 
wir sie gleichfalls uns wohl gewünscht und erbeten 
hatten, wie wir sie aber in diesem Maße doch nicht 
zu hoffen gewagt hätten. Das ist entschieden das 
für uns Erfreulichste, was wir in diesem Jahre zu 
berichten haben. Wie weit äußere Gründe dabei 
mitgewirkt haben, z. B. das Zerschlagen des Mam- 
mons, d. h. die Vernichtung der großen Viehheerden 
durch die Rinderpest, wollen wir nicht untersuchen. 
Wir stehen jedenfalls vor einer großen Bewegung 
zum Christenthum hin, die mehr oder weniger durch 
das ganze Land hindurchgeht. Im letzten Jahre 
konnten nicht weniger als 502 aus den Heiden ge- 
taust werden, 1064 besanden sich aber noch im 
Unterricht. Das sind Zahlen, wie wir sie lange 
nicht gebracht haben, vielleicht noch nie aus Deutsch- 
Südwestafrika. Und an diesen Zahlen sind etwa 
nicht, wie in früheren Jahren, fast ausschließlich nur 
die Namas, Bergdamaras und Bastards betheiligt, 
sondern gerade die Hereros. Die größte Zahl der 
Heidentausen kommt auf die Hererogemeinde Oka- 
handja, und die der meisten Tausschüler auf Oka- 
handja, Otjijosazu, Otjihaönena und Otio- 
zondjupa. Besonders im Gebiete des Nosob, wo 
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die Station Otjihaënena liegt, geht nun endlich nat 
langer Geduldsarbeit die Saat in üdberraschend 
schöner Weise auf. Da sind eine ganze Reihe neun 
Predigtplätze und Filialen entstanden, und auf einen 
derselben haben die Leute sogar aus eigenem An 
trieb eine schöne Kreuzkirche gebaut. 
Das vergangene Jahr hat auch die Inangrif. 
nahme einiger neuer Arbeiten gebracht. So konnt 
Missionar Kuhlmann die neue Station im Ost 
beim Häuptling Tietioo, Okazeva anlegen ur: 
Missionar Hammann endlich, wie schon längst ge 
plant, Otjikango besetzen, so daß sich also die 316 
der Missionsstationen um zwei vermehrt hat. De- 
gegen war bis Ende des Jahres noch nicht di 
definitive Besetzung des Reservates Rietmond- 
Kalksontein erfolgt, für das Missionar Berger 
bestimmt ist. In Keetmannshoop konnten di 
Vorbereitungen für die Errichtung einer Kostschur 
für weiße Kinder, die in dem erbetenen und nev 
ausgesandten Theologen, Missionar Möller ihrer 
Leiter erhalten soll, getroffen werden. Aupßer 
Möller traten noch neu in die Arbeit die junger 
Missionare Spelmeyer und Hanefeld, beide für 
das Hereroland bestimmt, Letzterer zunächst als Ge- 
hülfe des Missionars Böhm in Walfischbai, der eme 
Erholungsreise nach dem Kaplande antreten mußte. 
Auch der früher in Neu-Guinea thätige Laienbruder 
Holzapfel ging, wie bereits erwähnt, nach Deutsch 
Südwestafrika, um unseren Brüdern bei den gerade 
jetzt sich mehrenden Bauarbeiten hülfreich zur Hand 
zu gehen. Zu gleichem Zweck ersuchen sie dringend 
um Aussendung von ein oder zwei Maurern, die 
nicht dauernd, sondern nur kontraktlich für einge 
Zeit in den Missionsdienst treten sollen. Zurück- 
gekehrt in seine Arbeit und auf seine alte Station 
Rietfontein ist Missionar Papst; auf Urlaub in 
die Heimath gekommen Missionar Wandres, dessen 
Posten in Warmbad Missionar Kronsbein ein- 
nahm. Im Hereroland schied, wie berichtet, Missionar 
Siebe ganz aus unserem Dienst, indem er einem 
Ruf als Pastor nach Wynberg im Kaplande folgte 
seine Stelle wird im neuen Jahr Missionar Wan- 
dres einnehmen, sobald seine Urlaubszeit abgelaufen 
sein wird. 
Die eben erwähnten, vielen in Aussicht siehenden 
Bau= und sonstigen äußeren Arbeiten hängen nicht 
nur damit zusammen, daß jetzt mehrere Kirchen neu 
errichtet werden sollen, wie in Berseba und Gochas, 
und daß in Gibeon noch viel an den Gebäulich- 
keiten gethan werden muß, sondern hauptsächlich 
damit, daß es unausgesetzt unser Bemühen ist, solche 
Einrichtungen zu treffen, durch die möglichft günstige 
Existenzbedindungen für die unserer Obhut anbe- 
sohlenen Eingeborenen geschaffen werden. In Gaub 
ist ein großes Terrain für 9000 Mk. bereits er- 
worben; der Ingenieur Borchardt hat eine Unter- 
suchungsreise dorthin gemacht und verschiedene Vor- 
schläge unterbreitet. So liegt eine Fülle äußerr 
Arbeiten vor, die zwar nicht direkte Missionsarbeit
	        
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