ganz unrichtigen Karten und zur Orientirung Pei-
lungen genommen werden sollten. Ich ging mit
einigen Herren an Land, und wir schossen in zwei
Stunden 167 der großen Südseetauben, so daß am
anderen Morgen jeder Mann der Besatzung des
„Seeadler“ seine wilde Taube essen konnte. Der
„Seeadler"“ fuhr dann nach der Nordküste von
Neu-Hannover, bis unweit der gut bevölkerten
Insel Ungalik geankert wurde. Die Einwohner von
Ungalik, wohl rund 300, kamen uns freundlich ent-
gegen und brachten eine Menge Speere und andere
ethnologische Gegenstände zum Verkauf. Leider
pflanzen diese Leute nur so viel Kokosnüsse, wie sie
zu ihrem eigenen Unterhalte nöthig haben.
Am 7. gegen Tagesanbruch lichteten wir den
Anker und erreichten nach zweistündiger Fahrt die
Insel Kung, Eigenthum des zur Zeit in Deutschland
befindlichen Händlers Gangloff. Sein Vertreter
Lundin erklärte, daß ringsum die Eingeborenen
friedlich seien, und gab auf Befragen die Produktion
der Station auf jährlich 25 Tons Kopra, 25 Tons
Trepang und eine wechselnde erhebliche Quantität
von Schildpatt und Muscheln (Greensnailshells) an.
An der unbedeutenden Station des Händlers
Mönch (Neu-Guinea-Kompagnie) auf der Insel
Ungalabu fuhren wir vorbei und nahmen nunmehr
den Kurs auf St. Matthios, wo wir abends südlich
der großen Insel bei einer Vorinsel vor Anker
gingen. In der Ferne wurden bemannte Kanus
sichtbar, und am Strande der nächsten Vorinsel
liesen Kanaker auf und ab und zündeten bei ein-
tretender Dunkelheit ein Feuer an. Als der Schein-
werfer des „Seeadler" den Strand in magischem
Lichte erglänzen ließ, stürzten die Insulaner in den
Busch, während aus der beleuchteten Meeresfläche
Tausende von Seehechten silberweiß erglänzend in
kurzen Sprüngen sich erhoben.
Bei Tagesanbruch kam ein Kanu mit Einge-
borenen längsseit und gab uns gegen leere Flaschen
schön geschnitzte Holzspeere. Ich fuhr dann mit
einigen Herren und ein paar bewaffneten Polizei-
jungen an Land, und mit vieler Mühe gelang es
uns, bei Anwendung größter Vorsicht mit den voll-
kommen nackten Eingeborenen, die erst mit ihren
Speeren in der Hand scheu zurückwichen, in Verkehr
zu treten. Dann tauschten wir von ihnen Speere,
Kalkbüchsen, geflochtene und gewebte Stoffe, Muschel-
beile gegen Flaschen und Fetzen rothen Tuches ein.
Tabak, Streichhölzer, Messer lehnten sie ab. Hütten
sahen wir auf dieser Insel am Strande nicht, auch
fanden wir keinen sicheren Anhalt dafür, daß im
Busche Ansiedelungen seien. Die Eingeborenen
führten uns auf einem Pfade in den Busch hinein,
aber dieser führte an anderer Stelle, ohne eine Ort-
schaft zu berühren, wieder an den Strand. Die
Dampfpinasse, welche morgens zu Vermessungszwecken
unterwegs war, wurde ebenfalls von mehreren Kanus vom Beginn des Handelsbetriebs Abstand nehmen
in der Absicht des Tauschhandels freundschaftlich be-
sucht.
Nachmittags wurde mit zwei Booten auf
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verschiedenen Inseln gelandet, und überall glückte es,
den sehr scheuen, im rohesten Naturzustande befind-
lichen Leuten näher zu treten und sie zu einem
regen Tauschhandel mit ethnographischen Gegen-
ständen, unter denen die seltenen guten Stücke für
das Berliner Museum für Völkerkunde reservirt
wurden, zu bewegen. Besonders bemerkenswerth
waren die schönen sorgfältigen Webereien, denen von
Kusaie vergleichbar, die wir in Menge erhielten.
Leider konnten wir nicht, da die Eingeborenen uns
den Eintritt in ihre Hauptdörfer trotz vieler Ver-
suche und kleiner Listen stets verwehrten, in den
Besitz eines Webstuhls gelangen.
Auf den flach gestreckten Riffen sahen wir viel
Trepang, hauptsächlich auch den werthvollen prickly
red.:Kokospalmen scheinen leider auf St. Matthias
eine Seltenheit zu sein; aber voraussichtlich
werden Perlschalen und Schildpatt in erheblicher
Menge als Handelsgegenstand in Betracht kommen.
Die Abreise wurde einen Tag verschoben, um
eine genauere kartographische Aufnahme der Insel-
gruppe zu ermöglichen und um die in Sicht ge-
kommene „Mascotte“ (Hernsheim & Co.), auf der
sich zwei Händler befanden, die sich versuchsweise in
der Inselgruppe auf einige Zeit zum Handeln
niederlassen wollten, abzuwarten.
Am anderen Tage ward an verschiedenen Stellen
der Tauschhandel mit den Eingeborenen fortgesetzt,
aber jedesmal, wenn wir den Versuch machten, ihre
im Busch liegenden Hütten zu besuchen, sträubten
sie sich dagegen in einer Weise, daß wir, um Ver-
wicklungen zu vermeiden, davon Abstand nahmen.
Aus demselben Grunde ignorirten wir auch ein paar
geschickt von ihnen ausgeführte kleine Diebstähle.
Ich halte es für unzweifelhaft, daß diese Insel-
gruppe früher durch den noch bis Anfang der neun-
ziger Jahre in der Südsee vielfach durch fremde
Schiffe getriebenen Menschenraub gelitten hat und
aus diesem Grunde die Eingeborenen von einem zur
Zeit schwer zu überwindenden Mißtrauen gegen alle
Europäer erfüllt sind, ein Mißtrauen, das jeden
Augenblick bei der geringsten Unvorsichtigkeit zu einer
Katastrophe führen kann. Daneben haben die
Leute von St. Matthias eine große Gier nach
europäischen Waaren und versuchen immer wieder
geschickt, Kleinigkeiten widerrechtlich an sich zu nehmen.
Diese Raubgier hat in den letzten Jahren noch zu
den Zusammenstößen mit den Schiffen der Neu-
Guinea, Kompagnie, „Johann Albrecht“ und „Senta“
geführt, die auf beiden Seiten mit Verlusten an
Menschenleben endeten. Mir war es daher ganz
lieb, daß die beiden Engländer, die sich in der Gruppe
als Händler niederlassen wollten, nachdem die
„Mascotte“ eingelaufen und sie von Herrn Thiel
und mir über die vorliegenden Verhältnisse auf-
geklärt waren, mir mittheilten, daß sie vorläufig
wollten. Auf die ihnen event. drohende Gefahr
hatte ich sie bereits früher in Herbertshöhe auf-