Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

Zeit ohne Schaden ausgenützt werden, falls sie nicht 
zu schwer werden, was ich trotz des mageren Futters 
derselben allerdings befürchte. 
2. Kleinvieh a) Schafe. Ueber die Kreu- 
zungsversuche mit den importirten Southdown- 
Schafen ist noch nicht viel zu sagen, da bis jetzt erst 
ein Kreuzungsprodukt vorliegt, das statt der Haare 
die Wolle des Vaters trägt und demselben auch in 
der Gestalt sehr ähnelt. Schon als ½ jähriges 
Lamm wog dasselbe 17 Pfund mehr als seine 
Mutter bei derselben Weidefütterung. Von dem 
Fettschwanz der Mutter ist nur ein kleiner Fettansatz 
an der Wurzel geblieben. Nach europäischen Be- 
griffen ist in der Kreuzung entschieden ein Vortheil 
zu erblicken, den Eingeborenen wird der Verlust des 
Fettschwanzes sehr schmerzlich sein. Leider ist der 
Sprungbock an Schieferzähnen eingegangen, und von 
den beiden hier geworfenen Vollblutbocklämmern ist 
eines vom Leoparden getödtet, so doß augenblicklich 
ein sprungfähiger Bock nicht vorhanden ist. Die 
Schafe vertragen bei zweimaliger Schur das Klima 
leidlich, doch möchte ich die Reinzucht nicht empfehlen, 
weil gute Fleischschafe sich für ausschließliche Weide- 
fütterung nicht recht eignen, während die Kreuzungen 
gute Resultate zu geben versprechen. 
b) Ziegen. Die Schweizer Ziegen vertragen das 
Klima gut. Kreuzungen mit dem Eingeborenenvieh 
sind noch nicht vorhanden, doch ist eine größere 
Anzahl derselben eingedeckt. Das einzige, hier ge- 
borene, sehr schöne Vollblutlamm wurde auf der 
Weide geboren, und ich vergaß, den Hirten auf den 
Schutz desselben gegen die Sonnenstrahlen aufmerk- 
sam zu machen; es starb daher am Abend am 
Sonnenstich. Die beste frischmilchende Ziege starb 
auf dem Transport von der Küste herauf, vermuth- 
lich, weil sie nicht sorgfältig genug gemolken wurde. 
c) Schweine. Die Schweinezucht fand ich bei 
meiner Rückkehr sehr vernachlässigt vor, da die 
männlichen Thiere nicht kastrirt waren und mit dem 
weiblichen Vieh zusammen geweidet wurden. Durch 
einen von der Plantage Sakarre bezogenen Vorkshire- 
Eber, mit dem die wenigen alten Sauen eingedeckt 
sind, ist bei der guten Vermehrung der Thiere bald 
eine Verbesserung der Zucht zu hoffen. Mästungs- 
und Schlachtversuche ergaben ein sehr günstiges Re- 
sultat, besonders auch was die Haltbarkeit der 
Schlächterware anbelangt. 100 Pfund Schlacht- 
gewicht erzielten einen Erlös von 50 Mk. Die 
Schweinezucht wird später eine wichtige Rolle in der 
Ansiedelungsfrage spielen. 
d) Esel. Von den Eseln als Verkehrsmittel 
halte ich sehr wenig. Die hiesigen Esel sind häufig 
zum Lastentragen verwandt und tragen auch die 
Lasten, doch geht der Transport so langsam von 
Statten, daß kein Erfolg zu erblicken ist. Auch zum 
Ziehen sind die Thiere früher schon verwandt 
worden, doch wurde der viel geringeren Leistungen 
  
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wegen gegenüber den Ochsen, hiervon Abstand ge- 
nommen. 
e) Federvieh. Hühner, Enten und Gänse 
gedeihen gut und können in den Händen eimer 
tüchtigen europäischen Wirthschafterin ebenfalls als 
Erwerbszweig für Ansiedler dienen. 
Baunkulturen. 
Nach der letzten Zählung betrug die Zahl der 
verschiedenen Baumarten: 
Akazien 1923 
Ercalypten. 7808 
Palmen. 526 
Obstbäume. 141. 
Diverse Baumarten 1596 
zusammen 11 994 Stück. 
Arbeiterverhältnisse. 
Die auf der Station ansässigen Familien, sowie 
die unverheiratheten Leute haben jeder eine Land- 
parzelle, auf welcher sie neben wenigen ihrer ein- 
heimischen Gewächse vorzugsweise europäische Kar- 
toffeln, diverse Bohnenarten, Kürbisse, Zwiebeln und 
Tomaten bauen. Anfangs machte die Durchführung 
der regelrechten Bearbeitung dieser Landvarzellen viel 
Schwierigkeiten. Die Leute konnten sich zu dieser 
Arbeitsleistung, die sie in ihrer freien Zeit mu 
Hülfe der Eingeborenen gegen Bezahlung derselben 
machen mußten, schwer entschließen, so daß, da die 
Station die Haltung dieser Anpflanzungen zur Be- 
dingung für die Leute machte, im Anfang Be- 
strafungen, sogar Entlassungen ganz renitenter Leute 
vorkamen und im Allgemeinen Mißmuth unter den 
Arbeitern herrschte. Als aber durch gutes Zureden 
die Pflanzungen bis zur ersten Ernte gediehen 
waren und die Leute den pekuniären Vortheil aus 
den geernteten Erzeugnissen einsehen lernten, schlug 
die Stimmung schnell um, so daß jetzt die einzelnen 
Parzellen sich fortgesetzt vergrößern und die Station 
gar nicht genug thun kann m Hergabe von nühqlichen 
Sämereien, so daß sie jetzt schon mit Gemüse wie 
Rüben, Kohlrabi Anbauversuche machen. Da den 
Leuten freisteht, ihre Parzellen noch Belieben zu 
vergrößern, so haben dieselben jetzt schon eine Aus- 
dehnung bekommen, daß sie von ihren Erzeugnissen 
an die Eingeborenen verkaufen können, mit denen 
ein lebhafter Austausch dieser fruchtbaren und 
besseren europäischen Erzeugnisse stattfindet. Die 
Station erreicht auf diese Weise den erziehlichen 
Einfluß auf die wirthschaftliche Entwickelung des 
Bezirks. 
Gesundheitsverhältnisse. 
Der Gesundheitszustand ist, wie es in diesen 
hochgelegenen Regionen nicht anders zu erwarten ist, 
ein guter; es ist im letzten Jahre weder ein Todes- 
soll noch eine ernste Erkrankung sowohl unter den 
Curopäern wie unter der Eingeborenenbevölkerung 
vorgekommen. 
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