Full text: Deutsches Kolonialblatt. XII. Jahrgang, 1901. (12)

Teutschland heidnische Gebiete in seinen Schutz ge— 
nommen. Daraus erwachse der evangelischen Kirche 
die Pflicht, die heidnischen Bewohner jener Länder 
in religiöse Pflege zu nehmen. Freilich sei die Frage 
schwierig, wie es mit der Zuständigleit unserer 
Kirchen gehalten werde, welche Landeskirche dieses 
oder jenes Schutzgebiet übernehmen soll. Der württem- 
bergischen Kirche jedenfalls liege die Basler Mission 
und durch sie Kamerun besonders nahe. Gerade 
diese Mission habe sich die württembergische Kirche 
ganz besonders angelegen sein zu lassen, und zwar 
nicht bloß freiwillig, sondern so, daß die Kirche in 
ihren leitenden Organen sich dessen bewußt sei. 
Darauf hinzuwirken, sei der Zweck seiner Anträge. 
— Die Anträge wurden einstimmig angenommen. 
Ueber die Missionsthätigkeit im apostolischen 
Vikariat Tangan yika schreibt der „Afrika= Bote“: 
Nach langen Jahren mühsamer Arbeit zählte im 
Jahre 1897 die Schule kaum 200 Kinder. Da 
begannen die Katecheten, welche der Kindheit-Jesu- 
verein herangebildet hatte, ihre Erstlingsarbeit. Bald 
darauf stieg die Zahl der Kinder auf 927. Im 
Jahr 1899 waren es bereits 1700 und dieses Jahr 
sind unsere 46 Schulen von ca. 3000 Kindern be- 
sucht, welche von 41 Katecheten geleitet werden. 
Nunmehr herrscht aber geradezu eine Begeisterung 
für diese Lehranstalten! Damit ihre Kinder die 
Wohlthat des chriftlichen Unterrichtes mitgenießen 
konnen, verstehen sich die Einwohner ganzer Dörfer 
dazu, dieselben zu verlassen und sich dort anzusiedeln, 
wo diese jungen Apostel ihr Arbeitsfeld haben. Um 
die Schule besuchen zu können, sind die Schüler 
bereit, die heroischsten Opfer zu bringen 
Leider herrscht großer Mangel an den nöthigen 
Kräften. Ueberall hin verlangt man Missionäre, 
Rothe und Weiße Schwestern. Aber woher diese 
Hülfstruppen beschaffen, das nothwendige Personal 
nehmen? Heute zählt das Vikariat 15 Priester, 
6 Laienbrüder, 9 Schwestern und 41 Katecheten. 
Dieses Jahr wurde eine sechste Missionsstation ge- 
gründet und zwar in St. Bonifaz von Mkulwe im 
Süden des Ikwa-Sees. Den Weißen Schwestern 
wird ein 3. Haus in St. Franziskus von Kirando 
errichtet. Die Missionsschwestern üben einen äußerst 
wohlthätigen Einfluß auf die weibliche Bevölkerung 
aus. In Karema existirt seit 6 Jahren ein Kinder- 
asyh oder Bewahranstalt. Dasselbe wird von 
Schwestern geleitet, und etwa 100 Kinder besuchen 
den Unterricht täglich zweimal. Außer diesem Kinder- 
asyl haben die Weißen Schwestern noch eine Klasse 
für größere Mädchen. Diese können fast durch- 
schnittlich richtig schreiben, lesen und rechnen. Vor 
Allem wird aber die größte Sorge getragen für 
eine echt christliche Erziehung und Ausbildung. Die 
Knaben sind hier viel besser zum Studiren veranlagt 
und bringen es darin viel weiter als die Mädchen. 
Die Schule von Karema hat nicht weniger als 
285 
  
vermag. Die Katechetenschule zählt etwa 50 Schüler. 
Diese erhalten eine besonders sorgsältige Erziehung 
und Ausbildung. Außer den Elementarfächern lernen 
sie Grammatik, Geographie, manche sogar Latein. 
Der Personalbestand des Vikariats beläuft sich auf: 
1963 Neubekehrte (Neophyten), 9017 Katechumenen. 
In den 46 Schulen sind: 1478 Knaben, 1309 
Mädchen. Außerdem wurden 107 Kinder theils 
erkauft, theils gesunden und aufgesammelt. 
In demselben Blatte schreibt P. Fr. Müller in 
einem Bericht über eine Reise nach Tabora: 
Der Araber Sefu ist ein ziemlich rechtschaffener 
Mann, welcher unseren Missionaren in Kipalapala 
und in Uganda mehrfach das Leben gerettet hat. 
Infolgedessen sind wir ihm zu Dank verpflichtet. 
Sefu ist sehr einflußreich, nicht allein in Tabora 
und Unyanyembe, sondern auch im ganzen Innern 
Afrikas. Jedenfalls schwören die Araber und Wang- 
wana dieses Landes nur auf seinen Namen. Man 
sagte mir, daß er neben seinen Handelsinteressen, 
die er wohl zu pflegen versteht, auch muselmännische 
Propaganda treibe. Außerhalb der Hauptstadt 
Unyanyembes ist sein religiöser Einfluß indessen 
nicht allzu sehr zu befürchten. Als ich vor 4 Jahren 
ankam, wurde ich von mehreren Mitbrüdern auf die 
muselmännische Gefahr aufmerksam gemacht, welche 
von dieser Seite drohte. Aber es ist jetzt weder 
Ndala noch Ujui noch Unyanyembe für diese 
Bestrebungen ein günstiges Terrain zu nennen. Es 
ist wirklich auffallend, wie kühl die Wanyamwezi 
bei der Berührung mit dem Islam geblieben sind. 
Sie überlassen ihn den Wangwanas, welche von der 
Küste kommen, sowie den ansässigen Arabern. Ich 
kenne thatsächlich keinen Fall, in welchem ein Ein- 
geborener Muselmann geworden wäre. Sie haben 
im Gegentheil einen großen Schrecken davor, was 
ja nicht erstaunlich ist, da sie sich noch der ehemaligen 
Zeit erinnern, wo das vernichtende Schwert der 
Araber ihr Land verwüstete. 
  
Aus Deutsch-Südwestafrika bringen die „Be- 
richte der Rheinischen Missionsgesellschaft“ u. A. fol- 
gende Nachrichten: 
In Keetmanshoop hat Missionar Fenchel wieder 
viel Tausschüler im Unterricht, im Ganzen 112, 
wiederum eine ganze Musterkarte der verschiedensten 
Nationen. Er erzählt von einem sehr schönen 
Weihnachtsfest, bei dem 150 Kinder in der Liturgie 
mitgewirkt hätten. — In Gibeon ist erfreulich die 
große Schar der Taufschüler (72), der bedeutende 
Aufschwung, den die Schule genommen hat, wofür 
die deufsche Regierung eine Unterstützung von 200 Mk. 
zahlt, und der schöne Anfang, der mit einer Ge- 
sellschaftsheerde gemacht ist, wofür die zuletzt Ge- 
tausten an 1000 Mk. aufgebracht haben. — Im 
Ovambolande will Missionar Tönjes die Fort- 
setzung des Baues der dritten Station Namakunde, 
139 Schüler; d. h. so viele als das Lokal zu fassen die durch den Tod des Missionars Ickler unterbrochen 
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