Full text: Deutsches Kolonialblatt. XII. Jahrgang, 1901. (12)

rüstung für zwei Europäer etwa 20 Aslaris zu be- 
fördern bezw. die entsprechenden Lasten. Bei den 
Engländern sind außer einer großen Zahl Segel- 
transportschiffe zur Zeit drei Dampfer im Bau. Der 
Nyanza wird bald ein viel befahrenes Wasser sein. 
Der Wegebau im engeren Bezirk Muanza, das 
heißt in Ussukuma, hat seit der letzten Regenzeit große 
Fortschritte gemacht. Die vorhanden gewesenen beiden 
Straßen von Tabora nach Muanza, die sich am 
Moame zu einer Straße bis Muanza vereinigen, 
sind ausgebessert und mit Rasthauskolonien und 
Märkten versehen worden. Die Markteinrichtung 
ist, da erst eben entstanden, noch nicht erprobt, doch 
verspricht sie Erfolge. Neu angelegt sind befahrbare 
Straßen, die die Station mit allen Landschaften, mit 
jedem Sultansdorf und jedes Sultansdorf mit denen 
aller Nachbarsultane verbinden. Jedes Sultansdorf 
unterhält ein stets fertiges Lager mit Markteinrich- 
lung. Für die Sicherheit des Bezirks, für die Er- 
schließung bisher weniger besuchter Landschaften wie 
für deren Verbindung untereinander wird das 
Straßennetz seine Bedeutung beweisen. Die Ein- 
sassung mit Baumreihen ist für den Beginn der 
neuen Regenzeit beabsichtigt. 
Die Hüttensteuer ist seit dem 1. April d. Is. im 
ganzen Gebiet, mit Ausnahme von Schirati, einge- 
führt worden. Die Einführung ist an keiner Stelle 
auf Widerstand gestoßen. 
Ueber die bauliche Thätigkeit im Bezirk Muanza 
ist Folgendes zu erwähnen: Die Mission Bukumbi 
hat eine sehr große Kirche gebaut, auf Ukerewe ist 
eine solche im Bau begriffen. Die hiesige Nieder- 
lassung der Deutsch-Ostafrikonischen Gesellschaft sieht 
ihrer Vollendung entgegen; der Hauptbau, das 
Europäerhaus, macht einen recht stattlichen Eindruck 
und gereicht der Stadt zur Zierde. Die Firma 
H. L. H. Koether haot auf einer Höhe unweit der 
Station ein villenartiges Gebäude mit Wirthschafts- 
räumen erbaut, das seiner günstigen Lage wegen als 
Erholungsstation oder als Miethshaus vielleicht eine 
Nolle spielen wird. Die Station schließlich hat an 
der Erweiterung, Verbesserung und Verschönerung 
der Stadt Muanza mit Erfolg weiter gearbeitet. 
Gradlinige, 5 m breite Straßen durchziehen den Ort; 
ihre Ränder sind durchweg mit Bäumen eingefaßt. 
Die gesammten Wohnungen der Askaris und farbigen 
Angestellten sind ausgebessert oder umgebaut, ihre 
Dächer sind erneuert. Auf Reinlichkeit in den 
Straßen und hinter den Häusern wird von der 
Polizei geachtet. Etwas außerhalb der Stadt 
ist eine Karawanserei neu gebaut, die etwa 
300 Menschen gleichzeltig aufnehmen kann; auch hier 
wird der Sauberkeit besondere Aufmerksamkeit zu- 
gewandt. Der Bau einer 20 m langen, 10 m breiten 
und 8 m hohen Markthalle mit gepflastertem Boden 
fällt gleichsalls in die zweite Hälfte des Berichts- 
sahres. Der Markt wird auch von der weiteren 
Umgebung, wie von den Wakerewe, stark besucht; der 
Verkehr ist den ganzen Tag ein sehr lebendiger. 
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Infolge des Verbotes an Askaris und farbige An- 
gestellte, ihren Lebensunterhalt selbst auswärts ein- 
zukaufen, und infolge des Schutzes, den die stets 
anwesende Polizei auswärtigen Marktbesuchern an- 
gedeihen läßt, werden jetzt die Feld= und Garten- 
erzeugnisse in die Stadt zum Markt gebracht. 
Die Sicherheit im Bezirk ist eine völlige; keine 
Karawane, mag sie groß oder klein sein, wird beim 
Durchmarsch Schwierigkeiten haben. 
Als wichtigstes Ereigniß für den Bezirk Muanza 
war im Vorjahre die Gründung der Station Schirati 
zu bezeichnen. Dieser Posten an der englischen 
Grenze hat allen Erwartungen entsprochen. In 
politischer Beziehung ist er ein wichtiger Faktor, um 
die deutsche Herrschaft zu zeigen und zu verbreiten, 
in taktischer und strategischer Beziehung ein Stütz- 
punkt unseres Einflusses. Infolge seiner Nähe zum 
Endpunkt der Mombassabahn, Port Ugowe, wird 
Schirati noch eine große Rolle spielen. 
Bukoba. 
In politischer Hinsicht ist im Berichtsjahre nichts 
von Bedeutung vorgefallen Wenn sich auch die 
Unruhen in Uganda bis an die deutsche Grenze 
heranzogen, so wurde deutsches Gebiet doch nirgends 
hiervon in Mitleidenschaft gezogen. Die Waganda- 
rebellen haben zu jeder Zeit deutsches Gebiet sorg- 
fältig respektirt. Der Häuptling Gabriel Miosi, ein 
Anhänger des früheren Königs Mwanga, konnte ohne 
Anwendung von Gewalt an der Grenze entwafsfnet 
werden. Die mit ihm übergetretenen Waganda, 550 
an Zahl, sind in der Nähe der Station, in einem 
neuen Dorfe, angesiedelt worden. Der in Karagwe 
ausgebrochene Thronfolgestreit wurde beigelegt. 
Kaketo, der Urheber dieser Streitigkeiten, stellte sich 
freiwillig der Station und erhielt drei Stunden 
südlich von Bukoba eine Schambe zum Aufenthalt 
angewiesen. Der Sultan Loisabuba, welcher seine 
Nachbarn durch fortwährende Räubereien belästigte, 
wurde abgesetzt und erhielt die Schambe Ishozi. 
Das Land Mpororo, welches etwa 250 000 Ein- 
wohner zählt und bis dahin so gut wie unbekannt 
war, konnte, von unbedeutenden Zusammenstößen 
abgesehen, auf friedlichem Wege zur Anerkennung 
der deutschen Herrschaft gebracht werden. Fünf 
Sultane dieses Landes haben Flagge und Schutzbrief 
erhalten, und schon jetzt bringen mehrere Sultane 
größere Schauris zur Kenntniß der Station. Der 
jetzige friedliche Zustand im Bezirk wird von allen 
Sultanen geschätzt. 
Die Ernte im Bezirk muß auch in diesem Jahre 
als gut bezeichnet werden. Während sich in Uganda 
ein Mangel an Nahrungsmitteln fühlbar machte, 
war im Bezirk Nahrung überall reichlich vorhanden. 
Wenn auch im Vergleich zu früheren Jahren diesmal 
weniger Regen gefallen ist, so hatte dies doch kaum 
einen Einfluß auf die Ernte. Die Bananenkultur 
ist nach wie vor die verbreitetste. Mtama, Mais 
und Eleusine wurden nur spärlich gebaut. Ersterer 
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