Full text: Deutsches Kolonialblatt. XII. Jahrgang, 1901. (12)

der Dorfbewohner ließen uns auf 500 m, ohne Miene 
zum Weglausen zu machen, herankommen. Ich ließ 
unseren ganzen Trupp Halt machen und ging allein 
mit Pater Rascher ins Dorf, wo es uns nach einigem 
Zureden gelang, ein halbes Dutzend Männer zum 
Dableiben zu bewegen. Bewaffnet traten die Leute 
ins nicht entgegen. Dann besetzte die herbeigerufene 
Polizeitruppe das Dorf. Den allmählich zurück- 
ehrenden erwachsenen männlichen Dorfbewohnern 
#efahl ich, nachdem wir zweifellos festgestellt hatten, 
Vraß sie zum Stamme Dangpets gehörten, unentgeltlich 
Berpflegung für meine Leute heranzubringen. Beim 
Abmarsch nahm ich zwei anscheinend einflußreiche 
heute als Gefangene fest, indem ich ihren Stammes- 
zenossen erklärte, die Geiseln würden freigegeben 
verden, wenn der Stamm auf der Missionsstation 
Is Sühne für seine Thaten vier große Schweine 
ibgeliefert hätte. 
Der Rückmarsch war auf den von strömendem 
stegen erweichten Kanakerpfaden sehr anstrengend. 
Das etwa mittwegs liegende Thälchen des immer 
Vasser führenden, Fälle bildenden Tareviring, der 
u den Weberhafen mündet, bot uns einen kühlen 
Kastort. Gegen 5 Uhr erreichten wir mit den beiden 
zefangenen nach einem Gesammtmarsche von acht 
Stunden unser Lager. 
Nachdem wir anderen Tages in der Frühe unser 
astliches Lagerdörschen verlassen hatten, wurden wir 
ereits auf halbem Wege nach der Küste von den 
keuten des Häuptlings Dangpet, welche den aufer- 
gten Schweinetribut in vorzüglichster Qualität an- 
rachten, eingeholt. An der Küste vereinigten wir 
ie beiden seindlichen Stämme zu friedlichem Bei- 
ammensein. Herr Pater Rascher setzte ihnen in 
tleinem Auftrage auseinander, daß sie in Zukunft 
ia Frieden miteinander leben und Uebergriffe und 
zetzereien der Uferleute mir durch Vermittelung der 
Rissionsstation mittheilen sollten. Die beiden ge- 
mgenen Baininger wurden entlassen und für die 
usgestandene Angst reichlich belohnt. 
Die sämmtlichen Bewohner des Baininggebirges 
Feichen in Sprache, Sitten und Gebräuchen wenig 
oneinander ab. Sie zeichnen sich durchweg im 
zergleiche mit den Uferleuten durch Friedlichkeit, 
hastlichkeit, Bescheidenheit und Fleiß aus. Von den 
lierleuten werden sie seit Jahrhunderten bedrückt. 
zs muß daher in dieser Gegend als die erste Auf- 
abe der Verwaltung gelten, die Baininger vor den 
lebergriffen der Uferleute zu schützen. Bei häufigeren 
ZJeziehungen wird es dem Gouvernement gelingen, 
#sie arbeitsamen Baininger für öffentliche Zwecke und 
#ie europäischen Privatleute nützlich zu verwenden. 
Auf unserem Marsch bis zur Ortschaft Siridrit 
#ossirten wir, von der Küste aus gerechnet, folgende 
Zerge: Guovaiguim, 400 m, Kovick und Nembang, 
twa 550 m, Hru und Paechim, etwa 800 m hoch. 
Am anderen Morgen brachte uns der „Gabriel“ 
um Flusse Karawat am Südufer des Weberhafens. 
An der Flußmündung schlug ich mit Pater Rascher 
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auf hohem Sandstrande das Lager auf. Darauf 
fuhren wir den Fluß 1½ km weit bis zu einem 
Punkte aufwärts, wo uns eine Sandbank und quer 
über das Wasser gefallene Baumstämme die Weiter- 
fahrt versperrten. Unter besonders schönen, riesigen 
Bambussträuchern stiegen wir an Land und fanden 
dort Fischerhütten, die vermuthlich von dem das 
Hinterland des Weberhafens bewohnenden Stamme 
der Tombaul herrührten, aber zur Zeit verlassen 
waren, da diese Kanaker nur, wenn die Meereschen 
die Flüsse hinaufsteigen, zu den Flüssen des Weber- 
hafens herabkommen. Wir machten vom Flußufer 
aus einen dreistündigen Spaziergang in den ebenen, 
von schmalen Eingeborenenpfaden durchzogenen Busch 
und stießen am Flußufer noch auf vier andere Fischer- 
niederlassungen. Der Boden ist fruchtbar, am Flusse 
steht viel Bambus und Eucalyptus. Das Gewässer 
scheint für flachgehende Boote, wenn die zuweilen ein 
Hinderniß bildenden, quer herübergestürzten Stämme 
fortgeräumt sind, eine erhebliche Strecke weit be- 
fahrbar zu sein. Im Busch sah man außerordentlich 
viel Fährten von wilden Schweinen sowie auch 
Spuren von Kasuaren. Buschhühner flogen auf, und 
von den die riesigen Bäume belebenden kreischenden 
Vögeln wurden von mir ein Nashornvogel, ein 
weißer Kakadu und zwei große wilde Tauben erlegt. 
Krokodilfährten waren auf den Sandbänken des 
Flußufers häufiger abgedrückt, aber die scheuen Thiere 
kamen uns nicht zu Gesicht. Als Plantagengebiet 
ist diese unbewohnte, weite, herrenlose Ebene wegen 
ihres Reichthums an gutem Humusboden und fließen- 
dem Wasser und wegen des guten Ankergrundes vor 
der Mündung des Karawat sehr geeignet. Es ist 
merkwürdig, daß diese Gegend bisher so wenig be- 
achtet und von Europäern besucht wurde. 
Am 29. führte uns der „Gabriel“ nach Her- 
bertshöhe zurück. 
RAus dem Bereiche der Wissionen und 
der KAnkisklaverei-Bewegung. 
In Kissarawe hat, wie wir den „Nachrichten 
aus der ostafrikanischen Mission“ entnehmen, die 
Regenzeit den Feldern große Fruchtbarkeit gegeben, 
die Außenverkündigung des Evangeliums aber ist 
etwas gehemmt worden dadurch. Nachdem der 
Lehrerkursus beendet und die Theilnehmer wieder 
auf ihre Posten zurückgekehrt sind, ist mit den 18 
besten Schülern ein neuer Kursfus begonnen, um sie 
allmählich zu Lehrern heranzubilden. 
Die Missionszeitschrift „Gott will es“ veröffent- 
licht einen Brief der Schwester Leonarda aus 
Kiboscho am Kilimandscharo, worin es heißt: 
Mit Bewunderung betrachteten wir Alles, was sich 
unserm staunenden Auge darbot. Wir fanden acht 
Zimmer vor; die Küche mit Vorrathskammer, die 
Schule mit der Schusterei, daran angrenzend den
	        
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