Full text: Deutsches Kolonialblatt. XII. Jahrgang, 1901. (12)

niederlassungen, wo ich ebenfalls recht gut aufge- 
nommen wurde. Meine Erwartungen betreffs des 
Uebergangs über den Djah, der nun nördlich sowohl 
wie südlich meine Route bereits von Bidjum ab in 
verhältnißmäßig geringer Entfernung begleitete, stellten 
sich als völlig irrthümlich heraus. Zwar existirte 
eine große Handelsverbindung zu den Bule über den 
Fluß nach Süden hinaus, jedoch war das westliche 
Ende des großen Flußbogens noch bei Weitem nicht 
erreicht, vielmehr anscheinend noch mehrere Tage- 
märsche entfernt. 
Ich stand nun vor der Alternative, mit einem 
recht unvollkommenen Resultat meiner Erkundungen, 
zumal auf diesem Djahufer Esokoi einen ganz vor- 
geschobenen Posten ohne bedeutenden Handel bildet, 
umzukehren oder, wie mir die allabendlich ausge- 
rechneten und konstruirten Positionen des jeweiligen 
Expeditionsortes zeigten, in wenigen Märschen bis 
direkt an die Grenzen des mir früher von Westen 
her bereits bekannt gewordenen Gebiets heranzugehen. 
Meiner Berechnung nach mußte ich mich etwa bei 
12° 30/ östl. Länge unter dem 3. Grad nördl. Breite 
befinden, und den 12. Grad hatte ich seinerzeit von 
Lolodorf aus bereits erreicht. Also fehlte offenbar nur 
Weniges, um die gesammte mühsame Aufnahme durch 
einen Anschluß nach Westen zu einer ungemein werth- 
vollen zu machen. Lag doch die Möglichkeit vor, 
durch Gewinnung eines Anschlusses im Westen eine 
geschlossene Aufnahme Kamerun (Ort) —Ngoko ohne 
allzu großen Aufwand an Zeit und Mitteln herzu- 
stellen. Doch war diese Ueberlegung nicht die ein- 
zige, die mich schließlich zum weiteren Vordringen 
westwärts veranlaßte. Meine Berichte 2c. konnten 
durch Vermittelung irgend eines Händlers einige 
Tagemärsche weiter im Westen den vorgesetzten Be- 
hörden mit einer Zeitersparniß von mehreren Monaten 
zugehen. Ferner war die Expedition aus Ersparniß- 
rücksichten von vornherein recht knapp mit Tausch- 
waaren ausgerüstet, die in den noch unberührten 
Landstrichen des Ostens wohl zur Noth ausreichten, 
bei den schon bedeutend höheren Anforderungen an 
Gegengeschenken und Lebensmittelpreisen im Bule- 
land aber reißend zu Ende gingen und eine Rück- 
verpflegung durch die unerwartet langen unbewohnten 
Landstriche hindurch kaum mehr gestatteten. Zudem 
lag die Wahrscheinlichkeit vor, durch Ankauf von 
weiter im Westen bereits ungangbaren Artikeln, wie 
gewissen Perlen r2c., die weiter im Osten aber noch 
sehr beliebt sind, auf Monate hinaus eine sehr billige 
Verpflegung etwa dreier Viertheile des schwarzen 
Personals der Verwaltung zu sichern, und konnten 
bequem und billig vielleicht einige Arbeitskräfte bei 
dieser Gelegenheit angeworben werden. 
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So wurde denn am 20. Mai der Weitermarsch 
nach Westen immer noch innerhalb des Diahbogens 
angetreten, der von hier ab offenbar von einer Breite 
von etwa drei Tagemärschen wieder wohl sechs oder 
mehr Tagemärsche breit sich öffnet. Auch sind wieder 
geringe Höhenzüge von Esokoi ab bemerkbar, die bis 
an das westliche Ende des Flußbogens, immer flacher 
werdend, heranreichen. Trotzdem zunächst wiederum 
eine drei Tagemärsche lange unbewohnte Waldzone 
Esokoi von den westlicheren, dicht bevölkerten Bule- 
gebieten auf dem Nordufer scheidet, entschloß ich mich, 
innerhalb des Flußbogens weiter vorzudringen, einmal 
um die Ausdehnung desselben nach Westen festzu- 
stellen, dann aber auch, um der Gefahr aus dem 
Wege zu gehen, auf der eigentlichen Handelsstraße, 
die in Esokoi den Fluß überschreitet und dann am 
Ufer entlang stromaufwärts durch starke Bulestämme 
(Esampfang, Esamesale, Esangong, Ndong, Yemesoe) 
führt, durch bedeutende Flußkrümmungen zu viel Zeit 
zu verlieren, oder vielleicht gar zu weit nach Süden 
geführt zu werden. 
Die Verpflegungsfrage erledigte sich in diesen an 
die besten Yaündelandstriche erinnernden Gegenden 
sehr leicht. Am 25. Mai endlich wurden die größeren 
Stämme der Ostbule in wieder sehr flacher Gegend 
erreicht, und traf ich auch hier nirgends auf Schwie- 
rigkeiten, ein Umstand, der zweifellos in erster Lmie 
der wirklich sehr guten Führung des Expeditions- 
personals zuzuschreiben sem dürfte, wie ich denn auf 
der gesammten Expedition nicht die geringste Aus- 
schreitung der Leute zu bestrafen hatte. Zwei weitere 
Tagemärsche durch das dicht bevölkerte Land der 
Esanku, wohl nach den westlicher ansässigen Yecomba 
des stärksten Bulestammes, brachten mich an das Ende 
des großen Djahbogens, und wurde der dort etwa 
70 m breite, 7 bis 8 m tiefe Fluß auf äußerst pri- 
mitiven Flößen mit einiger Schwierigkeit glücklich 
am 28. Mai überschritten. Ohne irgend welche 
Verwickelung durch abermals sehr stark bevölkerte 
Gebietsstrecken der Esanku, Yetsang und Mesaman, 
stets dem auf einen halben bis einen Tagemarsch 
nördlicher fließenden Lobo, einem bedeutenden Neben- 
fluß des Diah, folgend, gelangte die Expedition am 
31. Mai an die Westgrenze dieser Bulestämme, die 
ungefähr durch den nach Süden biegenden Oberlouf 
desselben Flusses dargestellt wird, und erreichte am 
1. Juni Oonne-melunne, einen mir bereits von früher 
bekannten Mpfonghäuptling. Vom 29. Mai ab war 
ich zweifellos in das von den Faktoreien der Ba- 
tangalüste mit direkten Händlern bearbeitete Gebiet 
gelangt. Nahe westlich Oonne-melunne erreichte die 
Expedition den breit ausgeschlagenen und mit Brücken 
versehenen Myfongweg, der Ngulemakong mit den 
vom Loboübergang etwa einen Tagemarsch südlich 
liegenden Yecombafaktoreien verbindet. Ich hatte 
jetzt die Genugthuung, zu erkennen, daß die Expe- 
dition wirklich in der beabsichtigten Gegend das 
bereits bekannte Gebiet erreicht hatte. Mit einem 
kleinen Umweg von etwa zwei Stunden nach Nord- 
westen verließ ich diesen Mpfongweg am 4. Juni, 
um in Sabbade (Evundo) den Anschluß an meine 
bereits früher ausgenommene Route Ngulemakong — 
Balasana zu gewinnen. Ein weiterer Tagemarsch 
brachte mich von Sabbade nach Ngulemakong, wo 
ich bis zum 14. Juni die Expedition, soweit es thun- 
lich war, neu ausrüstete und gleichzeitig Aufnahme 
und Berichte fertigstellte. Abgesehen von der Ar- 
beiteranwerbung, für die der Aufenthalt wohl etwas 
zu kurz bemessen war, zumal die mir bekannten Leute
	        
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