Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

Kaiserliche Gouverneur ein begeistert ausgenommenes 
Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König 
aus. Patriotische Lieder, vom Gesangverem vorge- 
tragen, begleiteten die Reden der offiziellen Feier, 
welche mit einer genauen Besichtigung der reich 
dekorierten Mole, des massiven Zollgebäudes und 
des Leuchtturms schloß. Diese Bauten sowie das 
schöne Gerichtsgebäude und der stattliche Bahnhof 
erregten die Bewunderung und das Erstaunen meiner 
Kapstädter Begleiter. Die Mole scheint so stark 
und fest gebaut zu sein, daß sie auch dem schlechtesten 
Wetter und der aufgeregtesten See trotzen könnte. 
Ein Fest bei dem Bauleitenden, das eigentliche Fest- 
essen und sehr gelungene Vorstellungen seitens der 
Molenarbeiter füllten den Rest des Tages. 
Am folgenden Morgen wurde unter Führung 
des Chefs der Eisenbahnverwaltung Major Pophal 
die Reise nach Windhoek mit der Bahn angetreten. 
Unterwegs überraschte besonders der sehr hübsch 
aufgebaute, aus einer Reihe massiver Häuser be- 
stehende, in elektrischem Licht erstrahlende Ort Karibib, 
an dem vor 5 Jahren noch kein Gebäude stand. 
Die daselbst eingerichtete Maschinen-Reparaturwerk- 
statt macht der Eisenbahnverwaltung alle Ehre. Wie 
auf der ganzen Fahrt und an allen Bahnstationen, 
so herrschte auch in ihr peinlichste Ordnung und 
Sauberkeit, welche die Kapstädter nicht lobend genug 
erwähnen konnten. Auf der Hinabfahrt von Windhoek 
nach der Küste hatten wir ungemein heftigen Tropen- 
regen, der die Rinnen zu beiden Seiten des Bahn- 
dammes zu reißenden Gießbächen anschwellen machte, 
ohne indes Schaden anzurichten oder die Fahrge- 
schwindigkeit hinabzumindern, die bei dem Extrazuge 
bis zu 30 km die Stunde betrug. Der Unterbau 
der Bahn ist sehr stark und solide, so daß die Wagen 
ruhig gehen und weniger rütteln, als die der erheblich 
breiteren Kopbahn. 
unserer Ankunft im Kahnfluß und in der Nähe von 
Okahandja stattgefunden hatten, waren mit großer 
Schnelligkeit wieder hergestellt. Derartige kleine 
Störungen werden übrigens einen Kenner südafri- 
kanischer Verhältnisse nicht irritieren und ihn nicht 
veranlassen, dieselben etwa einer mangelhaften Bau- 
ausführung zuzuschreiben, denn er ist es ganz ge- 
wöhnt, daß jährlich an einer ganzen Anzahl von 
Stellen in der Kapkolonie solche vorübergehenden 
Unterbrechungen vorkommen, die bei den eigenartigen 
Boden= und Witterungsverhältnissen nicht oder nur 
mit ganz unverhältnismäßigen Kosten zu vermeiden 
wären. Das allgemeine Urteil der Kapstädter Herren 
über Bahnbau und Bahnbetrieb, die Aufmerksamkeit 
und natürliche Liebenswürdigkeit des gesamten Bahn- 
personals einbegriffen, war das denkbar günstigste, 
und auch ich, der ich nur die ersten 40 sehr schnell 
gelegten Kilometer von früher kaonnte, war über das 
Werk, wie es nunmehr verbessert und fertiggestellt 
ist, aufs angenehmste überrascht. 
Bei der Ankunft in Windhoek wurde uns ein 
nicht minder herzlicher Empfang zuteil als beim 
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auf den letzten Platz besetzt fanden. 
Wegwaschungen, welche kurz vor 
  
Landen in Swakopmund und auf den Durchgangs- 
stationen, insbesondere Karibib und Okahandja. 
Windhoek nahm sich im reichen Flaggenschmuck sehr 
stolz aus. Die Bautätigkeit ist in den letzten 
5 Jahren daselbst sehr rege gewesen, aber es ist 
nicht nur viel, sondern auch hübsch und praktisch 
gebaut, insonderheit auch von der Regierung. Es 
ist geradezu erstaunlich, was von der jetzigen Bau- 
verwaltung geleistet worden ist und wie es derselben 
gelungen ist, die Versäumnisse früherer Jahre, unter 
denen die Entwickelung Windhoeks schwer gelitten 
hatte, gut zu machen. Die Folge ist, daß nicht nur 
die Bureaus erheblich besser als früher untergebracht 
sind, sondern daß auch Militär wie Beamte, und 
zwar sowohl die oberen wie die Subaltern= und 
unteren Beamten, im großen und ganzen mit ihrer 
persönlichen Unterbringung jetzt sehr zufrieden sind, 
was naturgemäß auf die Dienstfreudigkeit einen 
vorteilhaften Einfluß ausüben muß. Ein Festtessen 
führte die Kapstädter als Gäste des Stellvertreters 
des Gouverneurs in die hergerichteten Räume 
des gemeinsamen Beamten= und Offizierkasinos, 
während an dem nächsten Abend von dem Schützen- 
verein in dem geräumigen, stattlichen Saal des 
Hotels „Zur Stadt Windhoek“ ein Festkommers 
veranstaltet wurde, zu dem alle Offiziere und Be- 
amten, die übrigen Vereine, die Farmer der Um- 
gegend und die Bevölkerung im allgemeinen aufge- 
forrert worden war. Der Schützenverein hat sich 
das große Verdienst erworben, den Kaptstädter 
Deutschen ein imposantes Bild von dem Anwachsen 
des weißen Elements und dem guten Einvernehmen 
der Deutschen in und um Windhoek vorzuführen. 
Wir Gäste alle waren völlig überrascht, als wir 
den großen, über 200 Personen fassenden Saal bis 
Der Abend 
verlief unter den Klängen der sehr tüchtigen, uner- 
müdlichen Kapelle der Schutztruppe, unterstützt vom 
Sängerchor des Turnvereins, aufs harmonischste und 
hat auf die deutschen Gäste einen tiefen Eindruck ge- 
macht, dem der Präsident des deutschen Hauses Herr 
Berndt in beredten, warm empfundenen Worten 
würdigen Ausdruck verlieh. Die Tatsache, daß bei 
der Abfahrt am folgenden Morgen trotz der frühen 
Stunde fast ganz Windhoek am Bahnhofe war, um 
uns Lebewohl zu sagen, nahmen wir als Beweis, 
daß es sich in den Augen unserer Landsleute in 
Deutsch-Südwestafrika nicht nur um einen gewöhn- 
lichen Höflichkeitsbesuch gehandelt hatte, sondern daß 
enge und freundschaftliche Beziehungen zwischen den 
Deutschen nördlich und südlich des Orange-Flusses 
angeknüpft worden sind, die hoffentlich für beide 
Teile gewinnbringend sein werden. Die beiden Vor- 
mittage in Windhoek wurden Besichtigungen der so 
wichtigen bakteriologischen Station in Gammams 
unter Führung des Veterinärrats Rickmann und der 
Gartenanlagen und Weinberge in Groß-Windheoek, 
Klein-Windhoek und Aris gewidmet, sowie der 
deutschen Schule, deren Schülerzahl ein erfreuliches 
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