Pachtgüter erhalten. Auf den fünf Ansiedelungen
des Bezirksamts arbeiten außer den Besitzern noch
zehn indische Knechte.
Deutsche Agaven-SGesellschaft.
Dem für das Jahr 1902 vom Vorstande er-
statteten Geschäftsbericht entnehmen wir folgendes:
Die Entwickelung unserer Agavenpflanzung Bu-
schirihof hat im Jahre 1902 befriedigende Fortschritte
gemacht. Es standen daselbst bis Ende des Jahres
592 000 Agaven in den Feldern, die nach den Be-
richten von draußen ein gesundes und kräftiges Ge-
deihen zeigten. An denjenigen Pflanzen, die in diesem
Jahre schnittreif werden, wurden 100 bis 150 Blätter
gezählt, von denen die schnittreifen eine durchschnitt-
liche Länge von 130 bis 160 cm zeigten. Eine
mit der Hand zubereitete Probe Hanf, die von den
ältesten Pflanzen genommen war, hatten wir hierher
kommen lassen, und lautete das Urteil der sachver-
ständigen Firmen, daß dieselbe ebensogut wie der
bisher von Ostafrika erhaltene Sisalhanf wäre und
bei maschineller Arbeit der Faser unter Zugrunde-
legung des heutigen Marktpreises mit 800 bis
900 Mark per Tonne (= 20 Zentner) zu bewerten
sei. Wir bemerken hierbei, daß bei Gründung der
Gesellschaft die Tonne Faser mit 300 Mark kalkuliert
wurde, während zur Zeit der Marktpreis, wie oben
erwähnt, 800 bis 900 Mark, also etwa das Drei-
fache, beträgt. Da die Absicht besteht, im Jahre 1903
die Pflanzung auf mindestens eine Million Pflanzen
zu bringen, entschlossen wir uns, 7 km Feldbahn
hinauszusenden. Wir können hierdurch nicht nur den
Transport des Saatgutes nach den neu zu bepflan-
zenden Feldern schneller und billiger als durch
Menschenkräfte bewirken, sondern schaffen damit auch
eine wesentliche Erleichterung für die Beförderung
der geernteten Blätter nach dem Maschinenhause,
dessen Anlage am Panganiflusse projektiert worden
ist, so daß für den Transport der Ernten auf dem
Wasserwege zur Landungsstelle nur wenige Meter
zurückzulegen sind. Für den maschinellen Betrieb
sind vier Doppelentfaserungsmaschinen, zwei Bürsten-
maschinen, eine hydraulische Presse sowie eine 30-=
pferdige Lokomobile in Aussicht genommen, die im
Lause des Jahres 1903 aufgestellt werden sollen.
Diese Anlage lehnt sich an die in der Praxis draußen
bereits erprobten Einrichtungen an, so daß Enttäu-
schungen hoffentlich ausbleiben. Voraussichtlich im
September oder Oktober werden wir demnach mit
der Ernte beginnen können. Dieselbe kann zunächst
natürlich nur klein sein, da in diesem Jahre erst ein
Teil der Pflanzen schnittreif wird. Die Pflanzung
erhält für das laufende Jahr einen Monatskredtt
von 6500 Mark durchschntttlich, das heißt also per
Jahr 78 000 Mark; die maschinellen Einrichtungen
werden sich, soweit das bis jetzt zu übersehen ist,
auf annähernd 50 000 Mark stellen. Bei diesen
Ausgaben sind wir gezwungen, die vierte Rate von
25 péCt. auf unsere Anteile im Laufe des Jahres
1903 einzuziehen. Unser Gesellschaftskapital beträgt
bis jetzt 517800 Mark. Wie der vorjährige Jahres-
bericht mitteilt, ist eine Erhöhung des Gesellschafts-
kapitals bis auf 600 000 Mark vorgenommen worden.
Kamernn.
Oberleutnant Frbr. v. Stein über die Beendigung
seiner Bertua-Expedition.
1.
Der Chef der Verwaltung des Ssanga-Ngoko-
gebietes, Oberleutnant Frhr. v. Stein, berichtet aus
Ortsunterkunft Süe unter dem 14. Oktober v. Is.,
wie folgt:
Im weiteren Verfolg meines Berichtes vom
12. August 19027) lasse ich einen Tagebuch-
auszug folgen. Da vor Eintritt in eine gewaltsame
Lösung der Verhältnisse in Gamane (Bertua) eine
möglichste Stärkung der deutschfreundlichen Partei
um den Veruma notwendig erschien, um in tunlichst
ausgedehntem Maße ein Auswandern der Bertualeute
in französisches Gebiet zu vermeiden, war zunächst
noch ein längeres Zuwarten meiner Auffassung nach
ratsam. So wurde die Zeit vom 9. bis 21. August,
an dem entscheidende Schritte eingeleitet wurden,
dazu benutzt, der Partei des Veruma durch eine
gewisse äußere Aufgabe der Kriegsbereitschaft, Er-
teilung von Ausgeherlaubnis an Soldaten 2c. größt-
mögliches Zutrauen einzuflößen, was denn auch in
befriedigendem Maße gelang. In derselben Zeit hat
der Direktor der Gesellschaft Süd-Kamerun, Graf
Schlippenbach, nachdem über die weitere Behandlung
der gesamten Nordzone mit der Verwaltung konforme
Dispositionen getroffen waren, den Rückmarsch ange-
treten. Es besteht demnach zunächst eine größere
neue Faktorei in Berri, eine ebensolche zwischen Büa-
(Besimbo) und Mokbe am Dume ist in allernächster
Zeit in Aussicht genommen, und Bimba bezw. das
Mesimaland soll nach Durchmarsch der zurückgehenden
Expedition ebenfalls in Arbeit genommen werden.
Am 15. August konnte endlich Herr v. Lüding-
hausen den Rückmarsch antreten. Die Verhältnisse
hatten sich bis dahin so entwickelt, daß ich Herrn
v. Lüdinghausen bis Mokbe einen Zug Eskorte ab-
geben konnte, da mit Bestimmtheit angenommen
werden konnte, daß ein Ausbruch von Femdseligkeiten
vorläufig nicht zu erwarten stand. Fünfzehn Straf-
arbeiter, die der Veruma des weiteren gestellt hat,
ohne daß ein größerer Druck angewandt werden
mußte, eine Zahl, die sich unterwegs in den Farm-
dörfern dann noch etwas vermehrte, sollten mit sechs
jungen Rekruten auf dem sicheren Wege von Mokbe
* Siehe Deutsches Kolonialblatt vom 15. Dez. 1902
und 1. Januar 190)3.
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