Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

wurde in der Vormittagssitzung ferner noch der Etat 
von Togo, wobei namentlich die Behandlung christ- 
licher Eingeborener, eine etwaige Verbesserung der 
Stellung der nicht etatsmäßigen Beamten, die Stellung 
und Tätigkeit der Polizei= und Schutztruppenoffiziere 
und der Arzte in den Schutzgebieten, eine Erhöhung 
der Ausgaben für Wegebauten, das Krankenhaus in 
Lome und die Küstenbahn zwischen Lome und Klein- 
Popo besprochen wurden. Herzog Johann Albrecht 
zu Mecklenburg nahm noch besonders Veranlassung, 
dem Kolonialdirektor das Vertrauen der kolonialen 
Kreise auszusprechen. 
In der Nachmittagssitzung vom Montag beschäf- 
tigte sich der Kolonialrat mit dem Etat für das 
südwestafrikanische Schutzgebiet. Geh. Regierungsrat 
Simon regte die Frage an, ob nicht die Eingeborenen 
allgemein zu einer Besteuerung in irgend welcher 
Form heranzuziehen seien, und machte gegen die neue 
Zollverordnung einzelne Bedenken geltend. Der 
Vorsitzende erklärte, daß die Verhältnisse in Deutsch- 
Südwestafrika für eine Besteuerung der Eingeborenen 
noch nicht reif seien, und daß insbesondere der Um- 
setzung der Besteuerung in eine Arbeitsleistung die 
geringe Zahl und die geringe Seßhaftigkeit der Be- 
völkerung im Wege stehe. Die Zollverordnung sei 
auf das eingehendste geprüft und bringe erhebliche 
Verbesserungen. Von den zuständigen Referenten 
der Kolonial-Abteilung wurden über diese Fragen 
noch weitere Ausschlüsse gegeben, worauf Herr Woer- 
mann bemerkte, daß die Zollerhöhungen seiner Über- 
zeugung nach dem südwestafrikanischen Handel keinen 
Eintrag bringen würden. Weiter wurde die Zwangs- 
impfung des Rindviehs erörtert und regierungsseitig 
entschieden befürwortet. Früher hervorgetretene Miß- 
stände hätten mit dem Mangel an Veterinärärzten 
zusammengehangen, dem jetzt abgeholfen sei. Auf 
eine Anfrage erklärte der Vorsitzende, daß die Kolo- 
nialverwaltung eine Verbesserung der Bahnstrecke 
Swakopmund—Karibib im Auge behält, diese Auf- 
gabe zur Zeit jedoch nicht für dringend erachtet; 
die neue Otavibahn werde dem Schutzgebiete neue 
Vorteile bringen. Dr. Scharlach machte über die 
geplante Otavibahn eingehende Mitteilungen. Die 
Bahn solle in längstens 2½ Jahren fertig sein und 
eröffne für die Weiterentwickelung des Schutzgebiets 
die besten Aussichten. Auf eine Anfrage des Herzogs 
Johann Albrecht zu Mecklenburg teilte der Vorsitzende 
mit, daß Verhandlungen mit der Firma A. Woermann-= 
Hamburg wegen ÜUbernahme des Molenbetriebes in 
Swakopmund schweben, und von seiten der Inter- 
essenten auch Widerspruch gegen diese an sich praktisch 
erscheinende Lösung bisher nicht erhoben sei. Exzellenz 
v. Hofmann befürwortete die Übernahme des Lan- 
dungsgeschäftes durch die Regierung selbst; seinen 
Befürchtungen gegenüber wurde regierungsseitig 
näher nachgewiesen, daß von einem Monopol der 
Firma Woermann keine Rede sei, während die Re- 
gierung ein solches Privatgeschäft unmöglich selbst 
übernehmen könne. Herzog Johann Albrecht zu 
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Mecklenburg regte die Entsendung eines bergmännischen 
Sachverständigen an, während Geh. Bergrat Schmeißer 
die Entsendung eines Geologen befürwortete. Dem 
gegenüber legte der Vorsitzende dar, daß die berg- 
männischen Fundstätten im Schutzgebiete durchaus 
nicht mehr unbekannt, zu ihrer Erforschung vielmehr 
seit einer Reihe von Jahren bedeutende Mittel von 
privater Seite ausgewandt seien. Zur Erörterung 
gelangte ferner die Bedeutung des meteorologischen 
Dienstes und des Schulwesens, wobei Herzog Johann 
Albrecht die Subvention von Farmschulen anregte 
und außerdem befürwortete, daß dem Generalkonsulat 
in Kapstadt ein kolonialer Sachverständiger beigegeben 
werde. Der Vorsitzende erklärte die Verhältnisse für 
die Einrichtung von Farmschulen wegen der weiten 
Entfernung der Farmen von einander für einstweilen 
noch nicht reif. Der Kolonialrat beschäftigte sich 
weiter mit der Frage der Wassererbohrung und den 
Kosten der Schutztruppe; eine Herabsetzung der 
Truppenzahl wurde vom Vorsitzenden namentlich mit 
Rücksicht auf die noch wenig geklärten Verhältnisse 
im Norden des Schutzgebiets für vorläufig nicht 
empfehlenswert erklärt, doch werde eine Verminderung 
der Kosten angestrebt, und es sei insbesondere die 
teilweise Umwandlung der Kompagnien in eine Ein- 
geborenentruppe ins Auge gefaßt. 
Am Dienstag bildete in der Vormittagssitzung 
der Etat für das ostafrikanische Schutzgebiet den 
ersten Gegenstand der Tagesordnung. Nachdem Herr 
v. der Heydt die unbedingte Notwendigkeit des Baues 
der Bahn Dar-es-Saläm—Mrogoro betont und der 
Verwaltung nahegelegt hatte, für Bewilligung der 
betreffenden Vorlage im Reichstage mit aller Ent- 
schiedenheit einzutreten, wurde eine von Exzellenz 
v. Jacobi beantragte Resolution folgenden Inhalts: 
„Der Kolonialrat spricht in Bestätigung seiner früheren 
Beschlüsse wiederholt die Uberzeugung aus, daß ohne 
weiteren Ausbau der gänzlich ungenügenden Verkehrs- 
mittel, namentlich der Eisenbahnbauten, Fortschritte 
von Bedeutung in der inneren Entwickelung der 
Schutzgebiete nicht erwartet werden können“ einstimmig 
angenommen. Weiter wurde die Schonung der Forst- 
bestände besprochen, wofür, wie regierungsseitig dar- 
gelegt wurde, von der Kolonialverwaltung nach 
Möglichkeit Sorge getragen wird. Auf Antrag des 
Dr. Hindorf und nach Befürwortung durch den Vor- 
sitzenden nahm der Kolonialrat ferner eine Resolution 
an, worin empfohlen wird, in den nächstjährigen Etat 
einen gegenüber dem jetzigen möglichst auf das Drei- 
fache erhöhten Betrag zur Förderung der Eingeborenen- 
Ansiedelungen und von Eingeborenen-Kulturen einzu- 
stellen. Es folgte die Beratung des Etats für Neu- 
Guinea, wobei die etwaige Konzessionierung der in 
der Presse kürzlich mehrfach angegriffenen deutsch- 
australischen Siedelungsgesellschaft eingehend erörtert 
wurde. Der Etat für die Verwaltung der Karolinen, 
Palau und Marlanen wurde ohne wesentliche Debatte 
erledigt, ebenso der Etat für Samoa. 
Sodann beschäftigte sich der Kolonialrat mit dem 
 
	        
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