zeigen, daß ich in durchaus friedlicher Absicht in ihr
Land gekommen wäre. Leider schlugen alle Versuche,
mit den Eingeborenen in nähere Fühlung zu kommen,
fehl. Sie erschienen im Lager mit Verpflegung und
verschwanden dann wieder in ihren Schlupfwinkeln.
Dieser Ruhetag wurde auch dazu benutzt, den auf
dem Sabinyo erlegten Affen abzubalgen und zu
skelettieren.
Der Weitermarsch führte uns bis an den
Rand des Bambuswaldes, gleichfalls am Süd-
fuß des Kirunga ka Karisimbi, in die Landschaft
Kansense. Auf dem Marsche hierher wurde ein
kranker Träger, nachdem er von der Nachspitze aus
den auf ihn einstürmenden Eingeborenen heraus-
gehauen war, ermordet. Ein Grund hierzu war
für die Bevölkerung in keiner Weise vorhanden.
Ich beschloß daher, auch den nächsten Tag in
Kansense zu verbleiben, um die Schuldigen zu
bestrafen. Trotzdem indessen der ganz geheim ge-
haltene Abmarsch der hierzu bestimmten Abteilung
auf morgens 4 Uhr festgesetzt war, erhielten die
Eingeborenen durch aufgestellte Wachen von Berg
zu Berg Nachricht von meiner Absicht. Die Askaris
fanden daher auch bei ihrer Ankunft am Morgen die
Dörfer verlassen und das Vieh fortgetrieben. Die
bei der Ermordung des Trägers beteiligt gewesenen
Dörfer wurden abgebrannt. An Vieh wurden nur
etwa 150 Ziegen und 2 Rinder erbeutet. Die
mich begleitenden Watussi erklärten auch, daß der
Msinga sich in dieser Gegend noch keinen Gehorsam
habe verschaffen können, sowie daß sie nur mit
mir diesen Weg gegangen wären. Für den Rück-
marsch würden sie einen mehr südlichen Weg
wählen.
Am 23. Oktober passierten wir auf ausgetretenen
und versumpften Pfaden den am Südfuß des mit
Schnee bedeckten Vulkans Kirunga ka Karisimbi
sich hinziehenden Bambuswald und gelangten erst
nach einem Marsch von 7¼ Stunden in das Lager
am Steilabfall der Mhungweberge. Westlich des
Kirunga ka Karisimbi zeigten sich der den größten
Teil des Tages in Wolken gehüllte Kirunga tscha
Mikeno und weiter nach Südwesten der Kirunga
tscha Ninagongo. Im Lager am Muturabach, am
Steilabfall des Randgebirges, besuchte mich der
Pater Barthelemy, Superior der Missionsstation
Ugundu in der Landschaft Bugoie.
Am 24. Oktober passierte ich die zwischen
dem Kiwusee und dem Vulkan Kirunga tscha Nina-
gongo liegende und nach Süden hin abfallende
Lavaebene, eine einzige Schamba von Bohnen-
und Erbsenfeldern zwischen Bananenhainen. Hütte
reihte sich hier an Hütte. Ich habe während meiner
nunmehr achtjährigen Dienstzeit in der Kolonie ein
derart dicht bevölkertes Gebiet noch nicht gesehen.
Seit 1899 ist hier ein ständiger Zuzug aus Kame-
ronse, Kischari und Buischa zu verzeichnen gewesen.
Ich schätze die Bevölkerung der Provinz Bugoie
auf etwa 150 000 bis 200 000 Seelen. Der hier
318 —
in einer Höhe von 1910 m liegenden Missionsstation
Ngundu stattete ich mit Oberarzt Dr. Engeland einen
Besuch ab, um der Bevölkerung zu zeigen, daß
zwischen Regierung und Mission vollständiges Ein-
vernehmen bestände. Die einzelnen Missionshäuser
waren der Erdbebengefahr wegen einstöckig gebaut
und mit Matten ausgelegt. Zurzeit befinden sich
die Väter Barthelemy, Classe und Weckerle in
Nyundu. Sie erklärten, mit der Bevölkerung im
besten Einvernehmen zu leben und jederzeit Schüler
wie Arbeiter in genügender Anzahl haben zu können;
auch erklärten sie mir, daß Sklavenhandel in Bugoie
nicht getrieben würde. Lager bezogen wir in der
Nähe des deutschen Postens in Kischenyi, hart am
Ufer des Kiwusees. Der Posten besteht zurzeit aus
einem Ombascha und drei Askaris und lebt mit den
Eingeborenen im besten Verhältnis. Im früheren
Standlager des Hauptmanns Herrmann lagerte auch
die kongolesische Grenzkommission unter Leutnant
Mercier und v. Stockhausen mit einem Begleit-
kommando von 30 kongolesischen Askaris. In
Kischenyi verweilte ich 13 Tage. Die Häuptlinge
von Bugoie mit Namen Bulahanda und Luakadigi
erschienen fast täglich im Lager, lieferten Verpflegung
und stellten Leute zur Arbeit. Der deutsche Posten,
eine mit Euphorbien umgebene kleine Boma, befindet
sich noch auf demselben Platze wie zur Zeit der
Gründung im August 1899. Der Sudanesen--
ombascha hatte hier Versuche mit Weizen, euro-
päischen Kartoffeln und Zwiebeln gemacht, welche
gute Ernte versprechen. Der Handel in Kischenyi
beschränkt sich zurzeit noch auf Durchgangshandel,
zum größten Teil von und nach Usumbura und
Ujiji, weniger von und nach Bukoba. Dauernd
niedergelassen haben sich hier ein arabischer und ein
Msuahelihändler. Der lebhafte Verkehr zwischen
Kischenyi und Ischangi geschieht auf dem Wasser-
wege mit Ruderbooten. Die Uberfahrtszeit beträgt
etwa drei bis vier Tage. Während dieser Weg als
vollständig sicher bezeichnet werden muß, kann die
nördliche Route nach Bukoba nur von größeren und
geschlossenen Karawanen benutzt werden, da die Be-
völkerung in den Gegenden südlich des Karisimbi ka
Karisimbi und in Mpororo wenig friedlich ist. In
Kischenyi fand ich auch mehrmals Gelegenheit, mit
dem Zwergvolk der Batwas in Verhandlung zu
treten. Dieselben klagten, daß Jäger aus dem
Kongostaat die in den Urwäldern noch vorhandenen
Elefanten, welche sie als ihr ausschließliches Eigen-
tum betrachten, in großen Mengen töteten. Von den
Batwas des Kirunga tscha Ninagongo konnte ich
drei photographieren. Ein ausgewachsener Mann
maß 1,41 m, sein etwa achtjähriger Sohn 1,15 m
und seine etwa zehnjährige Tochter 1,24 m.
Am 29. Oktober verließ Oberarzt Dr. Engeland
mit 15 Askaris und 34 Trägern in Booten
Kischenyi, um nach Usumbura vorauszumarschleren
und dort die notwendigen Vorbereitungen zu seinem
Marsch zur Küste zu treffen. Er erreichte in