Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

Montag Morgen die korrigierten Übersetzungen zurück- 
erwartet! Ob Null oder Fehler, diese Frage läßt 
ja auch das Herz eines sonst ziemlich sorglosen Neger- 
knaben rascher schlagen. Einmal kam ein Schüler 
in frühester Morgenstunde auf mein Zimmer und 
bat um sein Heft; es sei ihm ein Fehler eingefallen 
und habe ihn in der Nacht nicht schlofen lassen. 
Die Hefte waren leider schon korrigiert und der 
Fehler war gezählt worden. Gern tröstete ich den 
Jungen, der um seine Nachtruhe gekommen war. 
Mir aber zeigte solches und ähnliches, daß Leben 
und Streben in meinen Buben war. und diese 
Wahrnehmung ließ mich in schweren Schulstunden 
wieder und wieder hoffen, daß aus diesem und jenem 
Sorgenkinde doch noch was Rechtes werden könne. 
In dem halbjährlichen Bericht der Kongregation 
der Pallottiner über ihre Mission in Kamerun 
lesen wir: 
Es läßt sich nicht leugnen, daß Kamerun, diese 
schönste aller deutschen Kolonien, sich gegenwärtig im 
Zustand einer gedeihlichen Entwickelung befindet, 
welche für die Zukunft zu den besten Hoffnungen 
berechtigt. Nächst der Eisenbahn der Westafrikanischen 
Pflanzungsgesellschaft und den von der Regierung 
ausgeführten Wegeanlagen kommt besonders die rege 
Bautätigkeit in Betracht, die sowohl von der Re- 
gierung als auch von Privaten in allen größeren 
Ortschaften der Kolonie entfaltet wird. So sind in 
Duala, der Hauptstadt, eine ganze Menge solider 
und geschmackvoller Neubauten entstanden. Von be- 
sonderer Bedeutung für Duala ist auch die nach einem 
einheitlichen Plane unternommene Straßenregulierung, 
welche mit der Reinigung der ganzen Yoßplatte von 
unnützen Bäumen und Strauchwerk sowie der Trocken- 
legung der zahlreichen Krieks und Sümpfe Hand in 
Hand ging. Infolge dieser Maßnahmen kann jetzt 
die für die Gesundheit der Weißen so notwendige 
Brise ungehinderter zu den Wohnungen gelangen, 
und die Brutstätten der Moskitos, welche die gefähr- 
liche Malariakrankheit erzeugen, werden dadurch ver- 
ringert. Ebenso eifrig wurde in Viktoria gebaut, 
und ein Weg nach dem Kriegsschiffhafen wurde an- 
gelegt. In Kribi, der bisher ungesundesten und 
gefährlichsten Station, hat man angefangen, die 
Sümpfe auszutrocknen, deren giftige Ausdünstungen 
bisher soviele und gefährliche Krankheiten verursachten. 
Die bisher am Meeresstrande vorbeiführenden Wege 
nach Campo und Longji sind weiter landeinwärts 
gelegt worden, damit sie auch zur Zeit der Flut 
gangbar seien, während bisher nur bei Ebbe die 
Füße der Glaubensboten darauf wandeln konnten. 
Ein neuer Weg ist von Longji über Edea nach 
Dehanne angelegt worden. Der Weg über N’kone- 
makak nach Ebolova bis Nikin wurde verbreitert. 
Die Station Ebolova wurde vergrößert und er- 
weitert, ebenso diejenige von Lolodorf. Von letzterer 
Station aus wurde auch ein Weg nach Yaunde an- 
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gelegt, der so breit und solide ist, daß er für den 
Wagenverkehr taugt. Uber den Lokundjefluß ist an 
Stelle der alten Lianenbrücken eine solide, feste 
Brücke geschlagen worden. Zwischen den Flüssen 
Sanaga und Njong werden ebenfalls gangbare Wege 
angelegt. Die Station Nabassi wurde zu einer 
völligen Ortschaft mit zahlreichen Gebäuden erweitert. 
Hinter dieser regen Bautätigkeit der Regierung steht 
diejenige, welche die Mission entfaltet, nicht zurück. 
Trotz der beschränkten Mittel ist es der Pallottiner-- 
Mission dennoch gelungen, in Marienberg ein neues 
Haus, in Kribi ein Wohnhaus für Patres und 
Brüder, auf der Schwesternstation daselbst eine 
Schule nebst Kopelle und in Yaunde zwei neue 
Häuser zu errichten. Auf der letztgenannten Station 
stellten die Missionsbrüder nicht nur die Backsteine, 
sondern auch die Dachziegel selber her, spielten selbst 
Architekt, Baumeister, Maurer, Schreiner und Schlosser 
für ihre Bauten und halfen überdies noch den Kauf- 
leuten beim Bau ihrer Häuser. Uber die finanzielle 
Lage der Kolonie Kamerun, über Handel, Einfuhr 
und Ausfuhr, Plantagen, Schutztruppe, Flottille rc. 
wollen wir an dieser Stelle nichts berichten, da alle 
diese Dinge, streng genommen, nicht Sache der Mission 
sind. Es besteht aber trotzdem eine stete Wechsel- 
wirkung zwischen dem materiellen Fortschritt der 
Kolonie und der Mission, und letztere trägt unstreitig 
viel zur Hebung auch der irdischen Wohlfahrt bei. 
Ihr Hauptaugenmerk richten aber die Missionare 
selbstverständlich auf die Gewinnung der unsterblichen 
Seelen für Gott und den Himmel. Kamerun ist 
unstreitig eines der schwierigsten und undankbarsten 
Missionsgebiete der Erde. Trotzdem haben die 
Pallottiner während ihres nunmehr 13 jährigen Wir- 
kens in Kamerun Bedeutendes und wahrhaft Großes 
geleistet, wie allgemein von Freund und Feind an- 
erkannt werden muß. Ganz abgesehen von der 
eigentlichen Missionstätigkeit, haben sie als Pioniere 
der Kultur in bestem Sinne des Wortes gewirkt, 
indem sie zahlreiche Stationen in der früheren Wildnis 
gründeten, die faulen Neger zur Arbeit gewöhnten, 
sie Ackerbau und Viehzucht lehrten, überall, wo sie 
hinkamen, Schulen errichteten, worin sie unentgeltlich 
die schwarzen Kinder unterrichten und dazu beköstigen, 
Kranke pflegen, und sich in jeder Art von Kufltur- 
fortschritt und christlicher Liebestätigkeit auszeichneten. 
Alle Kenner der Verhältnisse Kameruns, Beamte, 
Offiziere der Schutztruppe sowohl wie Kaufleute und 
Forschungsreisende haben wiederholt den katholischen 
Missionaren die ehrenvollsten Zeugnisse über ihre 
Wirksamkeit in Kamerun ausgestellt. Die Zahl der 
gegenwärtig in Kamerun tätigen Pallottiner-Missionare 
beträgt 57. Davon sind 13 Priester, 30 Laien= 
brüder und 14 Schwestern. Das Personal verteilt 
sich auf 7 Haupt-Missionsstationen, zu welchen noch 
einige Nebenstationen gehören.
	        
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