Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

Vor der Zulassung zur heiligen Taufe lernen 
alle unsere Schwarzen eine Formel auswendig, be- 
stehend in einem Akt des Glaubens an die wich- 
tigsten Wahrheiten unserer heiligen Religion. Dieser 
Art Credo bedienen sie sich alsdann zur Unter- 
weisung der Kranken. Mehrmals konnte ich mich 
später selbst überzeugen, daß die Belehrung völlig 
hinreichend war. So hat mir ein guter Alter von 
60 bis 70 Jahren, der sicher nicht mehr übers 
beste Gedächtnis und den hellsten Kopf versügte, 
nach folch einer Unterweisung ganz befriedigende 
Antworten gegeben über den einen Gott, die Ewig- 
keit der Höllenstrafen, die Dreifaltigkeit, die Mensch- 
werdung und die Erlösung. Als ich ihn noch fragte, 
ob er seine Sünden bereue und fest entschlossen sei, 
nicht mehr zu sündigen, gab er zur Antwort: 
„Diese Teufeleien führen geradezu ins Feuer“, und 
dazu machte er eine Gebärde, die nicht minder 
beredt seinen Abscheu ausdrückte. 
Tag um Tag mehren sich die Bitten um Zu- 
lassung zur heiligen Taufe, so daß wir Eingeborene 
in Anspruch nehmen müssen, um die ungenügende 
Zahl der Missionäre einigermaßen zu ergänzen. 
Vierzig Katechisten sind bereits an den verschiedensten 
Punkten unserer Insel Ukerewue angestellt, in Ab- 
ständen von zwei bis sechs Tagereisen mit der 
Barke. Gott weiß, wie diese Gegenden bevölkert 
sind! Die Insel Ukerewue allein hat 2500 Ein- 
wohner; sie allein könnte dem Eifer dreier Missionare 
genügen. Doch dazu kommen noch 500 000 Seelen, 
zerstreut auf einer Fläche von 200 qkm. Wer 
macht sich in Europa einen rechten Begriff von 
diesen innerafrikanischen Pfarreien? Auf einer 
Fläche von vier Millionen Hektar 600 000 Seelen; 
— und wir sind drei Priester! 
Um unsere Ausgabe einigermaßen zu erleichtern, 
ohne dadurch den Erfolg zu vermindern, haben wir 
vor kurzem vier Stunden von hier eine Hilfsstation 
errichtet. Hilfsstation! Ja, die Kirche und die Schule, 
die unser Pater Lupias in zwei Monaten hat aus dem 
Boden erstehen lassen, verdienen wohl jenen Namen: 
sie sind uns eine große Hilfe. Jetzt kann eine Menge 
unserer schwarzen Pfarrkinder öfters die heiligen 
Sakramente empfangen, was ihnen bisher unmöglich 
war. Jeden Monat begibt sich einer von uns dreien 
dorthin, läßt die Trommel rühren, schart die Leute 
um sich, so zahlreich sie kommen können, hört Beichte, 
unterrichtet und kann nach einigen Tagen zurück- 
kehren, wenn auch etwas müde, so doch mit dem 
süßen Bewußtsein, in kurzer Zeit viel schöne Arbeit 
vollbracht zu haben. 
Die Einweihung dieser neuen Station fand im 
Dezember statt. Das war ein Fest für unsere Leutel 
Das Pulver muß „reden“, und nur drei Ochsen 
wurden verzehrt! Ich hatte mich schon vier Tage 
vorher an Ort und Stelle begeben, um all die 
nötigen Vorbereltungen für ein so großes Fest zu 
treffen: es galt die Kirche und nächste Umgebung 
aufs beste mit bunten Stoffen und Bannern zu 
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schmücken. Meine Ankunft allein brachte schon eine 
erstaunliche Menschenmenge zusammen; ich frug mich, 
woher nur all diese Scharen kommen mögen. Fast 
glaubte ich, es war meine Gegenwart, eines Weißen, 
erst ganz frisch aus Europa gekommen, die ihren 
guten Anteil an diesem bunten Kommen und Gehen 
hatte. Ihr hättet sie sehen sollen, diese guten Neger, 
wie sie mit unverwandten Augen meine geringsten 
Bewegungen verfolgten! „Hör' nur, er spricht wie 
wir! — Aber so dick wie der andere Bwana ist er 
nicht! Wozu mag er nur die zwei „Spiegel“ vor 
den Augen haben?“ 
Es war ein wahres Kreuzfeuer von Bemerkungen, 
die eine so naiv und absonderlich wie die andere. 
Ich hörte zu, mit desto größerer Gemütsruhe, 
je weniger ich davon verstand. Nur dann und 
wann, wenn ich einen besonders drolligen Kerl be- 
merkte, ließ ich mir von meinem Dolmetsch etwas 
übersetzen. — Daß ich so unablässig, ohne zu 
plaudern, vom frühen Morgen bis zum späten 
Abend arbeitete, begriffen die guten Schwarzen nicht. 
So was geht über ihren trägen Verstand. 
Die Kirchtüre stand den ganzen Tag weit offen; 
die Heiden waren nicht die letzten und die wenigsten, 
sie zu besichtigen. Unsere Christen gaben ihnen 
reichliche Erklärungen über all das Neue, was sie 
da schauten. „Wer mag nur der Alte sein mit 
seinem weißen Barte, mit dem kleinen Kinde auf 
dem Arme?“ Hilerzulande haben die Frauen allein 
das Recht, die Kleinen so zu tragen, und die Männer 
sind ihnen deswegen nicht gram! „Und seht nur, 
wie der Kleine auf seinem Arme schon so reich mit 
vielen Stoffen gekleidet istt Sonderbare Leute, die 
Europäer!“" 
Das Fest selbst hat einen bleibenden, tiesen Ein- 
druck gemacht auf die Schwarzen. O moöchten sie 
doch künftighin recht zahlreich sich einfinden, alle, 
den einen, wahren Gott anzubeten! 
  
Aus Ponape wird berichtet: 
In der Kapuzinermission hat aus Anlaß der 
Einführung des deutschen Sprachunterrichts in den 
Lehrplan der Schule, nach Umbau und Neuein- 
richtung der letzteren, am 25. d. Mts. in Gegenwart 
des geschäftsführenden Vizegouverneurs Berg eine 
Feier stattgefunden, zu welcher die in Ponape an- 
sässigen Deutschen und Spanier mit ihren Familien 
von dem P. Superior Luis de Valencia Ein- 
ladungen erhalten hatten. Eingeleitet wurde die 
Feier durch ein deutsches Lied. Nachdem darauf 
einige Ansprachen gehalten waren, folgte eine Prü- 
fung der Kinder, deren Leistungen in Anbetracht 
der kurzen Zeit als vorzügliche zu bezeichnen waren. 
Den Schluß der Prüfung bildete der Vortrag eines 
weiteren deutschen Liedes, worauf einige Geschenke 
an die Kinder verteilt wurden. 
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