Von Jaunde bis etwa Sinde-bus findet sich
durchweg offenes, durchschnittenes Hügelland, welches
bei sehr fruchtbarem Boden und guter Bevölkerungs-
dichtigkeit den geplanten Eingeborenenkulturen günstige
Aussicht bietet. Von Sinde-bus nach Osten hin
beginnt der große Urwald abwechselnd mit Busch.
Während Kleinvieh in der Parklandschaft sich viel
findet, wird dasselbe im Urwaldgebiet immer seltener.
Uberall im Urwalde finden sich noch reichlich jüngere
Kickriastämme sowie Kola (acuminata). Letztere
wird gern gehandelt und selbst von Haussas genossen.
Sovweit ich ersehen konnte, finden diese Kulturen auch
bei den Eingeborenen ein lebhaftes Interesse. Die
Olpalme wird nach dem Sannaga zu immer spär-
licher, während sie bekanntlich nach dem Njong zu
und in Bakoko reichlich steht. Erdnußkulturen sind
allenthalben bekannt, auch Strophantus hispidus
kommt in größeren Beständen vor. Desgleichen wird
Ricinus vielfach von den Eingeborenen gepflanzt.
Ich habe begonnen, dem Kickxriaraubbau durch In-
struktion der betreffenden Häuptlinge sowie der Auf-
käufer Einhalt zu tun. Natürlich läßt sich nur durch
energisches Einschreiten und dauernde Kontrolle ein
durchgreifendes Resultat erzielen. Ohne jeden Zweifel
läßt sich in dem bereisten Gebiete in landwirtschaft-
licher Beziehung die eingeborene Bevölkerung bei
dauernd friedlichen Verhältnissen zu Mehrproduktion
gewinnen, dagegen halte ich die Viehzucht, ausge-
nommen die Schweinezucht zwecks Fleischgewinnung,
nicht für aussichtsvoll, da der Busch noch überwiegt
und ein Verständnis seitens der Eingeborenen für
Viehzucht, wie man es nördlich des Sannaga wohl
antrifft, gänzlich fehlt.
Der Gesundheitszustand der zur Beobachtung
mitgeführten Stationspferde war im großen und
ganzen recht gut. Trotz der ungünstigen Gelände-
und Wegeverhältnisse sind mit Ausnahme einer ver-
unglückten Stute sämtliche Tiere nach ein= und ein-
halbmonatlicher Buschreise in der Regenzeit in
befriedigendem Zustande zur Station zurückgebracht
worden. Tesetsefliegen habe ich trotz andauernden
Suchens nirgends feststellen können. Erkrankungen,
welche ich an anderen Tieren zu beobachten Gelegen-
heit hatte, mußten angesichts des Fehlens sämtlicher
für Surra besonders charakteristischer Krankheits-
erscheinungen auf andere Krankheitserreger zurück-
geführt werden. Es darf dabei nicht unberücksichtigt
bleiben, daß gerade diese Jahreszeit für Mensch und
Tier, wie allgemein bekannt, die ungünstigste ist und
Epidemien der verschiedensten Art sich gelegentlich
einstellen.
Der Handel basiert fast ausschließlich auf Gummi
und Elfenbein. Letzteres ist noch reichlich vorhanden,
jedoch bedarf auch hier der Elefant auf die Dauer
eines starken Jagdschutzes, da das noch immer übliche
— obwohl längst verbotene — Einfenzen durch Feuer
in erster Linie stets die junge Generation vernichtet.
Seitens der Eingeborenen weiter ab wird die Jagd
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auf Elefanten weniger des Elfenbeins als hauptsächlich
des Fleisches wegen betrieben.
Kautschuk in größeren Mengen wird nur noch
in den von Weißen nicht betretenen, östlichen Teilen
gewonnen.
Von Jaunde auf Sinde-bus, von da nach Ma-
mensala und direkt Tabenne ist eine Handelsroute
bereits in Angriff genommen. Nach Einrichtung
derselben dürfte es möglich sein, den zur Zeit noch
stark östlich Jaunde der Küste zustrebenden Handel
zwecks Konzentrierung und Kontrolle über Jaunde
zu leiten.
Im allgemeinen bin ich auf dieser Dienstreise
wieder zu der Uberzeugung gelangt, daß Unbot-
mäßigkeit der Eingeborenen in größerem Umfange
völlig ausgeschlossen ist. Bedingung für die Aufrecht-
erhaltung der Ruhe im Lande ist allerdings, daß
Soldaten ohne Führung eines Weißen nirgends Ver-
wendung finden, die Häuptlinge in ihrem Ansehen
gestärkt und durch unbewaffnete Polizisten in ihrer
Tätigkeit unterstützt werden.
Wissenschaftliche Sammlung.
Die Direktion des Königlichen Museums für
Völkerkunde zu Berlin schreibt uns:
Die afrikanische Abteilung des Museums für
Völkerkunde hat kürzlich eine außerordentlich wertvolle
Bereicherung durch ein großartiges Geschenk des
Herrn Oberleutnants Dominik erhalten. Es handelt
sich um eine Sammlung von gegen 600 Nummern,
die Herr Dominik von seiner Expedition in die
Tschadseeländer mitgebracht hat. Die Sammlung
zerfällt in zwei Teile. Der erste, weniger umfang-
reiche enthält hauptsächlich Gegenstände, die den
herrschenden Völkern im zentralen Sudan, den Fulbe,
Haussa und Kanuri, angehören. Besonders bemerkens-
wert sind die Ausrüstungsgegenstände der Soldaten
des Usurpators Rabeh, eiserne Kettenpanzer aus
Bubandjidda und Mandara, Helme aus Marrua 2c.
Weit wichtiger und wissenschaftlich interessanter aber
als diese, immerhin zum Teil schon bekannten Dinge,
ist der zweite Teil der Sammlung, der die Ethno-
graphie eines bisher fast völlig unbekannten Gebietes
mit einem Schlage vor uns erschließt, der Ecke
unserer Kamerunkolonie nämlich, die nördlich des
10. Grades nördlicher Breite bis zum Schari hin
in das französische Gebiet hinein vorspringt. Die
Kultur der diese Landschaften bewohnenden Stämme
der Masa, Kuang, Miltu, Ssarua 2c., die bisher
im Museum gänzlich unvertreten waren, erhält durch
diese Sammlung eine fast lückenlose Darstellung.
Herr Oberleutnant Dominik hat sich dadurch, daß
er seine Aufmerksamkeit diesen Heidenstämmen zu-
gewendet hat, deren Kultur bald vor der der isla-
mitischen Herrenvölker dahinschwinden wird, ein nicht
hoch genug zu schätzendes Verdienst um die Ethno-
logie erworben.