Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

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dehnende Karoobecken in Betracht, und zwar beson- 
ders die westlichen Teile desselben, welche stufenweise 
immer ärmer an jährlichen Niederschlagsmengen wer- 
den, bis sie schließlich im Nordwesten, südlich dem 
Unterlauf des Oranjeflusses, das Regenniveau des 
Namalandes erreichen. Dieser nordwestliche Teil 
wäre also zu vergleichenden Studien am günstigsten 
gewesen, mußte jedoch außer Betracht bleiben, weil 
Aufforstungs= oder Anpflanzungsversuche in nennens- 
wertem Maße hier überhaupt noch nicht vorgenommen 
worden sind. Das relativ ähnlichste Bild mußte 
also in der eigentlichen Karoo gesucht werden, speziell 
in ihren westlichen, trockeneren Partien. Da aber 
auch im Karoolande Aufforstungsversuche (im eigent- 
lichen Sinne) erst seit ganz kurzer Zeit (acht Jahren) 
begonnen worden sind, zu einem einigermaßen richtigen 
Urteil über die verschiedenen importierten Holzarten, 
ihr Verhalten im Stangen= und Baumholzalter, ihre 
Nutzbarkeit und Widerstandskraft gegen Kalamitäten 
jedoch der Besuch auch älterer Bestände und mannig- 
facherer Wirtschaftsbilder erforderlich war, so konnte 
von einer längeren Bereisung auch günstigerer und 
daher an sich weniger vergleichsfähiger Standorte 
nicht abgesehen werden. Immerhin lag auch ein 
direkter Wert in einer solchen Bereisung, indem sie 
für das in der Karoo bei gleichem Alter der Kulturen 
im Vergleich zu anderen Standorten Erreichte und 
dementsprechend für die Einschätzung der zu erwar- 
tenden Resultate ein wertvolles Material abgeben 
mußte. Es wurde nun für den Hauptteil des Auf- 
enthalts eine längere Bereisung des Ostens und an- 
schließend der Karoo in Aussicht genommen, während 
die in der Nähe von Kapstadt gelegenen Bestände 
zum Teil vor, zum Teil nach dieser Reise besucht 
werden sollten. Der Reiseplan wurde — ohne den 
sich auf der Reise selbst im einzelnen ergebenden 
Abstechern und Exkursionen irgendwie vorzugreifen — 
folgendermaßen in großen Zügen aufgestellt: 
erste Reise nach Johannesburg und Pretoria 
zweite Reise von Johannesburg nach Pietermaritzburg, 
dritte Reise von Pietermaritzburg über Durban nach 
Port Elizabeth, 
vierte Reise von Port Elizabeth über Grahamstown. 
nach King Williamstown, 
fünfte Reise von King Williamstown über Molteno— 
Bloemfontein—Jagersfontein nach Kimberley, 
sechste Reise von Kimberley nach De Aar und Hannover, 
siebente Reise von De Aar über Viktoria West, Vels 
Port, Beaufort West, Prince Albert Road, Mat- 
jessontein, Tomosriver, Worcester, Ceresroad 
nach Kapstadt zurück. 
Wenn auch, wie erwähnt, in der Besichtigung 
von Aufforstungen und Anpflanzungen das Leitmotiv 
der Reise gesucht werden mußte, so bot dasselbe doch 
hinreichend Gelegenheit, auch die Behandlung, den 
Schutz= und den Nutzungsbetrieb der einheimischen 
Urwälder sowie die Forstgesetzgebung, Verwaltung 
und Organisation kennen zu lernen. 
  
Eine vollständige Darlegung der Reiseergebnisse 
ist — bei dem großen Umfange des angesammelten 
Materials — zur Zeit noch nicht möglich; sie wird 
für einen späteren Bericht vorbehalten. Im folgenden 
soll nur ein kurzer Uberblick mit Hervorhebung in- 
teressanter und wichtiger Einzelheiten gegeben werden, 
und zwar unter besonderer Berücksichtigung der vom 
14. April bis zum 1. Juli ausgeführten Reise. 
In der nächsten, der winterlichen Regenzone zu- 
fallenden Umgebung von Kapstadt sind relativ weite 
Strecken ehemals waldlosen Landes aufge forstet. 
Zeitlich am weitesten zurück reichen die Eichenpflan- 
zungen der Holländer. Quercus pedunculata ist 
hier in zum Teil über 100 jährigen Exemplaren ver- 
treten, fühlt sich auffallend wohl und ist als Park- 
baum von hoher landschaftlicher Bedeutung. Ihr 
Wuchs, anfangs rascher als bei uns, scheint im spä- 
teren Alter bald nachzulassen. Schon in Ansehung 
der relativ geringen Qualität des von ihr hier pro- 
duzierten Holzes ist ihre wirtschaftliche Bedeutung 
keine große. Umfangreiche Kulturen von Pinus pinea 
und pinaster sind vor etwa 40 bis 50 Jahren 
vorgenommen. Diese Bestände haben schon hiebsfreie 
Dimensionen, auf den vorhandenen Abtriebsflächen 
findet sich vielfach Verjüngung durch natürliche Auf- 
schlagsforste. Am regsten hat sich die Aufforstungs- 
tätigkeit in den letzten 10 bis 20 Jahren entfaltet. 
Unter den vorwiegenden Holzarten sind hier neben 
zahlreichen Eukalypten besonders die Kiefernarten 
pinaster, pinea und insignis zu nennen. Das 
Wachstum ist, wie ich mich auf meinen Exkursionen 
Überzeugen konnte, durchweg ein sehr freudiges, die 
in kurzer Zeit erreichte Entwicklung für den Europäer 
geradezu frappierend, dank dem günstigen Zusammen- 
wirken von Luft= und Bodenfrische, langer VBege- 
tationsperiode und Jungfräulichkeit des Bodens mit 
der natürlichen Schnellwüchsigkeit dieser Holzarten. 
Die eigentliche Studienreise führte mich zunächst 
nach Transvaal. Am 14. April verließ ich Kapstadt, 
reichlich mit Empfehlungsschreiben von feiten des 
Kaiserlichen Generalkonsuls und des landwirt- 
schaftlichen Ministeriums versehen. Schon während 
der Fahrt zeigten sich Wechsel in Bodenformation 
und Klima in charakteristischen Formen. Die gras- 
bedeckten oder mit Wein, Mais, Getreide usw. kulti- 
vierten, auch gut gedeihende Baumpflanzungen auf- 
weisenden fruchtbaren Talstrecken werden hinter 
Worcester verlassen. Der Zug steigt im Gelände 
empor, wo der Graswuchs sich vermindert und mit 
einer Anzahl von Büschen gemischt ist, welche schließlich 
die alleinige Bedeckung des Bodens bilden. Erst in 
der Nähe des Oranjeflusses beginnt der Graswuchs 
wieder. Die Ankunft in Johannesburg erfolgte am 
18. abends. Von hier aus wurden in den nächsten 
fünf Tagen die umfangreichen Aufforstungen des 
früheren preußischen Forstmanns Gluth, der Sachsen- 
und der Frankenwald, der botanische Garten und 
eine Goldmine, schließlich die Bestandsanlagen bei 
Pretoria besucht. Leider mußte ich, da Herr Gluth
	        
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