Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

Gebiete der Kolonie, die bisher noch nicht besucht 
wurden, der Anwerbung zu öffnen, und ferner den 
Zuzug von chinesischen Handwerkern und Arbeitern 
in die Wege zu leiten. Einen bescheidenen Anfang 
mit der Einführung von Chinesen hat das Gouverne= 
ment bereits gemacht. In Verbindung damit ist 
durch Verordnung die ärztliche Untersuchung beim 
Eintritt der Chinesen ins Schutzgebiet und eine 
scharfe Kontrolle während ihres Aufenthalts daselbst 
vorgeschrieben. 
Ende August ist der Gouvernementsdampfer 
„Seestern“ im Schutzgebiet eingetroffen. Die erste 
Fahrt auf dem Schiff hat der Gouverneur nach der 
St. Matthias-Insel unternommen, deren Bewohner 
vor zwei Jahren die Expedition des Forschungs- 
reisenden Menke überfallen hatten und aus diesem 
Anlaß durch S. M. S. „Kormoran“ empfindlich 
gestraft worden waren. Es galt jetzt, die bei jener 
Exvedition gefangengenommenen und nach Herberts- 
höhe überführten Eingeborenen in ihre Heimat 
zurückzuführen. Der Gouverneur hat diesen Anlaß 
benutzt, um mit den Bewohnern von St. Matthias 
friedliche Beziehungen anzuknüpfen, was ihm auch 
gelungen ist; zwei Frauen und ein Knabe, die in 
ihre Heimat zurückgebracht werden follten, sind aus 
freien Stücken nach Herbertshöhe wieder mit zurück- 
gekehrt. 
Eine nennenswerte Verbesserung der Verkehrs- 
verhältnisse ist dadurch eingetreten, daß der Nord- 
deutsche Lloyd in die Linie Singapore—Herberts- 
höhe — Sydney zwei neue Doppelschraubendampfer 
von je 2100 Pferdekräften und 3300 Tonnen 
Raumgehalt eingestellt hat. In Verbindung damit 
ist vom Lloyd die Herstellung einer Schiffahrts- 
anlage im Simpsonhafen, etwa 15 km von Herberts- 
höhe entfernt, geplant. Die Vorarbeiten sind bereits 
im Gange; an einer vor jedem Wind und Seegang 
gesicherten Stelle soll ein Kai gebaut werden, an 
dem die Dampfer unmittelbar anlegen. In Simpson- 
hafen soll künftig der gesamte Schiffsverkehr des 
Bismarck-Archipels konzentriert werden. Der dann 
erfolgende Wegfall anderer Anlegeplätze wird eine 
erhebliche Verkürzung der Fahrzeit zwischen Singa- 
pore und Sydney und damit eine Stärkung der 
Lloydlinie gegenüber der fremden Konkurrenz be- 
deuten. 
Im Inselgebiet ist eine erhöhte Tätigkeit der 
Eingeborenen in Anpflanzung der Kokospalme zu 
bemerken gewesen. 
Die Missionen beginnen hier jetzt mit der Pflege 
des deutschen Unterrichts. Je ein deutscher Pater 
vom Kapuzinerorden ist in Ponape und Jap ein- 
getroffen. Auch die Bostoner Mission hat zwecks 
Erteilung deutschen Unterrichts einen deutschen 
Missionar nach Ponape entsandt. 
Samoa. 
Das Gouvernement hat in dem Bestreben, die 
Eingeborenen mehr und mehr seinem Einfluß zu 
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unterwerfen, einen neuen Erfolg zu verzeichnen. Im 
Frühjahr d. Is. wurden zwei samoanische Häuptlinge, 
die sich politischer Umtriebe schuldig gemacht hatten, 
zur Strafe nach dem Bismarck-Archipel verbannt 
und alsbald dorthin verbracht. Der Gouverneur 
hielt die Bestürzung, die diese energische Maßregel 
bei den Eingeborenen hervorgerufen hatte, für eine 
geeignete Gelegenheit, die Eingeborenen in stärkerem 
Maße, als bisher geschehen war, zu den öffentlichen 
Lasten heranzuziehen. Es wurde bestimmt, daß, 
während bisher von jedem Samoaner ohne Unter- 
schied eine Kopfsteuer von 4 Mk. erhoben war, in 
Zukunft von den jungen Leuten 4 Mk., von den 
Familienhäuptern 12 Mk. gezahlt werden sollten. 
Infolge dieser Maßnahme hat sich der Ertrag der 
Kopssteuer, die im Vorjahre rund 42000 Mk. 
brachte, im laufenden Jahre auf 73000 Mk. erhöht. 
Die weitere Entwicklung der Kakaokultur steht 
im Vordergrunde des Interesses. Das Kolonial= 
Wirtschaftliche Komitee, dem die erforderlichen Mittel 
von dem Verwaltungsrat der Wohlfahrtslotterie und 
der Handels= und Plantagen-Gesellschaft der Südsee- 
Inseln zur Verfügung gestellt waren, hat den 
Geheimen Regierungsrat Professor Wohltmann nach 
Samoa gesandt, um über die dortige Kakaokultur 
ein sachverständiges Urteil abzugeben. Wenngleich 
Herr Wohltmann sich dahin geäußert hat, daß 
Samoa günstige Bedingungen für jene Kultur biete, 
ist durch ihn leider auch die Tatsache bestätigt, 
daß die Mehrzahl der seit der deutschen Besitz- 
ergreifung zugezogenen Ansiedler ihre Kalao- 
pflanzungen mit durchaus unzulänglichem Kapital 
und ohne die unerläßlichen Kenntnisse begonnen 
haben. Manche Rückschläge, die in fehlerhafter 
Anlage der Pflanzungen ihren Grund haben, sind 
schon eingetreten. « 
Die Chinesen, welche als Arbeiter für die 
Kakaopflanzungen eingeführt wurden, sind noch zu 
kurze Zeit im Lande, als daß man ein abschließendes 
Urteil über ihre Brauchbarkeit abgeben könnte. 
Die Ubernahme der deutschen Schule in Apia 
auf das Gouvernement hat bereits eine erfreuliche 
Entwicklung dieser für die Ausbreitung des Deutsch- 
tums in Samoa wichtigen Anstalt im Gefolge 
gehabt. Durch Entsendung eines zweiten Lehrers 
und einer zur Leitung des Kindergartens berufenen 
Lehrerin ist das Lehrpersonal so verstärkt, daß 
größere Leistungen erwartet werden können. 
Durch eine patriotische Zuwendung des Rentners 
Kunst aus Hamburg ist das Gouvernement in den 
Besitz eines geräumigen, mit voller Einrichtung ver- 
sehenen Europäer-Hospitals gelangt. Nachdem Seine 
Mojestät der Kaiser im Juni d. Is. die Genehmigung 
zur Annahme der Schenkung erteilt hatte, ist das 
Hospital vom Gouvernement übernommen. Der 
Frauenverein für Krankenpflege in den Kolonien hat 
im August d. Is. zwei Schwestern nach Samoa 
entsandt. Sonach ist anzunehmen, daß die segens- 
reiche, einem dringenden Bedürfnisse entsprechende
	        
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