Gebiete der Kolonie, die bisher noch nicht besucht
wurden, der Anwerbung zu öffnen, und ferner den
Zuzug von chinesischen Handwerkern und Arbeitern
in die Wege zu leiten. Einen bescheidenen Anfang
mit der Einführung von Chinesen hat das Gouverne=
ment bereits gemacht. In Verbindung damit ist
durch Verordnung die ärztliche Untersuchung beim
Eintritt der Chinesen ins Schutzgebiet und eine
scharfe Kontrolle während ihres Aufenthalts daselbst
vorgeschrieben.
Ende August ist der Gouvernementsdampfer
„Seestern“ im Schutzgebiet eingetroffen. Die erste
Fahrt auf dem Schiff hat der Gouverneur nach der
St. Matthias-Insel unternommen, deren Bewohner
vor zwei Jahren die Expedition des Forschungs-
reisenden Menke überfallen hatten und aus diesem
Anlaß durch S. M. S. „Kormoran“ empfindlich
gestraft worden waren. Es galt jetzt, die bei jener
Exvedition gefangengenommenen und nach Herberts-
höhe überführten Eingeborenen in ihre Heimat
zurückzuführen. Der Gouverneur hat diesen Anlaß
benutzt, um mit den Bewohnern von St. Matthias
friedliche Beziehungen anzuknüpfen, was ihm auch
gelungen ist; zwei Frauen und ein Knabe, die in
ihre Heimat zurückgebracht werden follten, sind aus
freien Stücken nach Herbertshöhe wieder mit zurück-
gekehrt.
Eine nennenswerte Verbesserung der Verkehrs-
verhältnisse ist dadurch eingetreten, daß der Nord-
deutsche Lloyd in die Linie Singapore—Herberts-
höhe — Sydney zwei neue Doppelschraubendampfer
von je 2100 Pferdekräften und 3300 Tonnen
Raumgehalt eingestellt hat. In Verbindung damit
ist vom Lloyd die Herstellung einer Schiffahrts-
anlage im Simpsonhafen, etwa 15 km von Herberts-
höhe entfernt, geplant. Die Vorarbeiten sind bereits
im Gange; an einer vor jedem Wind und Seegang
gesicherten Stelle soll ein Kai gebaut werden, an
dem die Dampfer unmittelbar anlegen. In Simpson-
hafen soll künftig der gesamte Schiffsverkehr des
Bismarck-Archipels konzentriert werden. Der dann
erfolgende Wegfall anderer Anlegeplätze wird eine
erhebliche Verkürzung der Fahrzeit zwischen Singa-
pore und Sydney und damit eine Stärkung der
Lloydlinie gegenüber der fremden Konkurrenz be-
deuten.
Im Inselgebiet ist eine erhöhte Tätigkeit der
Eingeborenen in Anpflanzung der Kokospalme zu
bemerken gewesen.
Die Missionen beginnen hier jetzt mit der Pflege
des deutschen Unterrichts. Je ein deutscher Pater
vom Kapuzinerorden ist in Ponape und Jap ein-
getroffen. Auch die Bostoner Mission hat zwecks
Erteilung deutschen Unterrichts einen deutschen
Missionar nach Ponape entsandt.
Samoa.
Das Gouvernement hat in dem Bestreben, die
Eingeborenen mehr und mehr seinem Einfluß zu
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unterwerfen, einen neuen Erfolg zu verzeichnen. Im
Frühjahr d. Is. wurden zwei samoanische Häuptlinge,
die sich politischer Umtriebe schuldig gemacht hatten,
zur Strafe nach dem Bismarck-Archipel verbannt
und alsbald dorthin verbracht. Der Gouverneur
hielt die Bestürzung, die diese energische Maßregel
bei den Eingeborenen hervorgerufen hatte, für eine
geeignete Gelegenheit, die Eingeborenen in stärkerem
Maße, als bisher geschehen war, zu den öffentlichen
Lasten heranzuziehen. Es wurde bestimmt, daß,
während bisher von jedem Samoaner ohne Unter-
schied eine Kopfsteuer von 4 Mk. erhoben war, in
Zukunft von den jungen Leuten 4 Mk., von den
Familienhäuptern 12 Mk. gezahlt werden sollten.
Infolge dieser Maßnahme hat sich der Ertrag der
Kopssteuer, die im Vorjahre rund 42000 Mk.
brachte, im laufenden Jahre auf 73000 Mk. erhöht.
Die weitere Entwicklung der Kakaokultur steht
im Vordergrunde des Interesses. Das Kolonial=
Wirtschaftliche Komitee, dem die erforderlichen Mittel
von dem Verwaltungsrat der Wohlfahrtslotterie und
der Handels= und Plantagen-Gesellschaft der Südsee-
Inseln zur Verfügung gestellt waren, hat den
Geheimen Regierungsrat Professor Wohltmann nach
Samoa gesandt, um über die dortige Kakaokultur
ein sachverständiges Urteil abzugeben. Wenngleich
Herr Wohltmann sich dahin geäußert hat, daß
Samoa günstige Bedingungen für jene Kultur biete,
ist durch ihn leider auch die Tatsache bestätigt,
daß die Mehrzahl der seit der deutschen Besitz-
ergreifung zugezogenen Ansiedler ihre Kalao-
pflanzungen mit durchaus unzulänglichem Kapital
und ohne die unerläßlichen Kenntnisse begonnen
haben. Manche Rückschläge, die in fehlerhafter
Anlage der Pflanzungen ihren Grund haben, sind
schon eingetreten. «
Die Chinesen, welche als Arbeiter für die
Kakaopflanzungen eingeführt wurden, sind noch zu
kurze Zeit im Lande, als daß man ein abschließendes
Urteil über ihre Brauchbarkeit abgeben könnte.
Die Ubernahme der deutschen Schule in Apia
auf das Gouvernement hat bereits eine erfreuliche
Entwicklung dieser für die Ausbreitung des Deutsch-
tums in Samoa wichtigen Anstalt im Gefolge
gehabt. Durch Entsendung eines zweiten Lehrers
und einer zur Leitung des Kindergartens berufenen
Lehrerin ist das Lehrpersonal so verstärkt, daß
größere Leistungen erwartet werden können.
Durch eine patriotische Zuwendung des Rentners
Kunst aus Hamburg ist das Gouvernement in den
Besitz eines geräumigen, mit voller Einrichtung ver-
sehenen Europäer-Hospitals gelangt. Nachdem Seine
Mojestät der Kaiser im Juni d. Is. die Genehmigung
zur Annahme der Schenkung erteilt hatte, ist das
Hospital vom Gouvernement übernommen. Der
Frauenverein für Krankenpflege in den Kolonien hat
im August d. Is. zwei Schwestern nach Samoa
entsandt. Sonach ist anzunehmen, daß die segens-
reiche, einem dringenden Bedürfnisse entsprechende