Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

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Druckes bedurften, wurde ein neuer Vorstoß dorthin 
eingeleitet, bei dem auch eine nur aus Bertua- 
rekruten bestehende, besonders zu diesem Zweck for- 
mierte Abteilung zum ersten Male selbständig probe- 
weise zur Verwendung kam. Ein wirklicher Wider- 
stand wurde auch dort keinenfalls erwartet, jedoch 
stellte auch diese Aufgabe, wie der gesamte Strafzug 
hohe Anforderungen an die Gewandthelt und 
Findigkeit der Patrouillen. Der Häuptling Rtt, 
der bei weitem einflußreichste der noch fehlenden 
Chefs, zog es vor, noch vor Räückkehr dieser 
Patroulllen, die ebenfalls recht zufriedenstellende 
Resultate erzielten, sich persönlich zur Bitte um 
Frleden bei dem befreundeten Häuptling Matta ein- 
zufinden, während erst am 6. April auch der letzte 
der aufständischen Häuptlinge, der Chef Abedjo von 
Moamwog, sich stellte. 
Nach der Bitte um Frieden durch die Haupt- 
menge der Aufständischen waren die in Haft ge- 
haltenen Häuptlinge Duluku und Kambo, als keine 
Gefahr der Beteiligung auch ihrer Leute vorlag, 
enklassen worden. Leider ist trotz aller Bemühungen 
der gute Freund des Europäers in Kunabembe, der 
alte Oberhäuptling Duluku, an einer Lungen- 
entzündung einige Tage nach seiner Entlassung ge- 
storben, ein für die Verwaltung und Gesellschaft 
recht empfindlicher Verlust. 
Die Expedition hat in der Zeit des Abwartens 
der Gestellung sämtlicher aufständischen Chefs ein- 
mal aus instruktiven Gründen, dann aber auch zur 
späteren Benutzung und zum Verkehr zwischen dem 
Dorfe Matta mit der neueingerichteten Faktorel eine 
starke Bockbrücke über den Bumba geschlagen (fünf 
Böcke), deren Höhe den höchsten Wasserstand über- 
steigt. Doch wird, da aus Ersparnisrücksichten die 
Bunde nur aus Lianen und nicht aus Messingdraht 
angefertigt werden konnten, dieses Bauwerk nicht 
allzulangen Bestand haben. 
nis zum 9. April, an dem die Friedensverhand- 
lungen abgeschlossen werden konnten, da alle Hinder- 
nisse von seiten der aufständischen Chefs, wie Ge- 
stellung auch der Furchtsamsten, Aufbringung der 
verlangten 25 Strafträger und Ansammlung des zur 
Auslösung der Gefangenen geforderten Lösegeldes, 
beseitigt waren, wurde die Neuorganisation der 
welteren Expedition vorgenommen. Auch wurde die 
gesamte Reisernte aus Jukaduma geschält und zu 
fünftägigen eisernen Portionen für die jedenfalls 
sehr anstrengende Strecke durch den unbewohnten 
gebirgigen Urwald zu den Dongoschnellen ausgegeben 
und das in Jukaduma lagernde Elfenbein als Lasten 
für die erst im Matulidepot zu charglerenden 
Strafträger bis an den Dia herbeigeschafft. Der 
Patronenverbrauch konnte dank dem verhältnismäßig 
geringen Verbrauch in dem Bertualriege aus den 
Jukadumabeständen ersetzt werden. 
In Gegenwart des Vertreters der Gesellschaft, 
Arndt, und des Agenten Zieser fand am 9. April 
in einer Versammlung sämtlicher Kunabembechefs 
  
eine förmliche Friedensverhandlung statt. Zu den 
Friedensbedingungen, die sämtlich nach eingehender 
Rücksprache mit dem Vertreter der Gesellschaft, Arndt, 
der als früherer Regionsagent von Kunabembe die 
Verhältnisse genau kennt, aufgestellt wurden, be- 
merke ich: 
Die Gestellung einer noch größeren Anzahl von 
Strafträgern, die bei dem Arbeitermangel der Ver- 
waltung in mancher Hinsichht ja recht wünschenswert 
gewesen wäre und mit Leichtigkelt hätte erreicht 
werden können, wurde absichtlich vermieden, da ein- 
mal die sicher in einzelnen Fällen zu fürchtende 
Flucht solcher Leute vom Dja neue Verwicklungen 
in Aussicht stellte, hauptsächlich aber, weil bei der 
geringen Dichte der Bevölkerung nach Abzug der 
70 bis 80 Gefallenen oder an ihren Wunden Ver- 
storbenen und der 25 Strafträger in der Kautschuk- 
produktion und der Trägerstellung ein sehr fühlbarer 
Rückschlag nicht ausgeblieben wäre. 
Aus letzterem Grunde wurde auch auf die Her- 
stellung von Tellen der Karawanenstraße außerhalb 
des eigentlichen Kunabembegebietes verzichtet. 
Auf größere Strafzahlungen an Kautschuk usw. 
mußte der für den Karawanenverkehr dringend nötigen 
Farm= und Dorfneuanlagen halber bei der schwachen 
Bevölkerung verzichtet werden, um den Handel der 
Gesellschaft in dieser Region nicht für längere Zeit 
völlig lahm zu legen. 
Auch Vieh konnte über die erbeuteten etwa 
50 Muttertiere hinaus, die in Jukaduma zu einer 
Herde vereinigt wurden, nicht gefordert werden. 
Es ist jedoch anzunehmen, daß ohne ganz be- 
sondere Umstände auf Jahre hinaus im Kunabembe- 
lande Ruhe herrschen wird und auch von Mokbe 
bis Molundu hinab größere Störungen des Handels 
für längere Zeit ausgeschlossen sind, wie das Ein- 
treffen mehrerer Gesandtschaften und das persönliche 
Erscheinen des Chefs Mokbe in Jukaduma bewiesen. 
Vor dem am 14. April mit 60 Soldaten, 
24 Trägern und 25 Strafträgern erfolgten Abmarsch 
in die tote Zone machte ich der Gesellschaft das 
Anerbieten, gegen Erstattung der Verpflegungskosten 
das sehr zahlreich zu dieser Zeit zur Entlassung 
kommende Trägerpersonal aus Togo und Monrovia 
mit zur Küste zu nehmen, und erbot mich auch, etwa 
helmreisende Europäer der Expedition anzuschließen. 
Es ist davon in beschränktem Umfang später Gebrauch 
gemacht worden. 
Am 14. April konnte ich über das alte Momoe 
nach West aufbrechen, um zunächst einen Einblick in 
die Verhältnisse der Guma-Gumaregion zu be- 
kommen, die durch den sich jetzt steigernden Durch- 
gangsverkehr aus der Njemfaktorel Bidjum eine er- 
höhte Bedeutung gewonnen hatte, zumal es immer- 
hin nicht ganz sicher erschlen, ob die Bestrafung 
ihrer Kunabembelandsleute im Osten nicht doch 
irgend welche Verwicklung mit den dortigen Ein- 
geborenen noch zur Folge haben würde. Auch konnte 
ich über den Weitermarsch durch die Urwälder, die
	        
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