Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

Nach vorhandenen Spuren schien die schiffbrüchige; 
Besatzung die Insel in zwei Booten, die sie augen- 
scheinlich vorher ausgebessert hatte, kurz vor der 
Ankunft des Schuners des Häuptlings Murjil ver- 
lassen zu haben. Da über das weltere Schicksal der 
Unglücklichen nichts mehr bekannt geworden ist, kann 
an deren Tode wohl kaum noch gezweifelt werden. 
Für die Bergung und Verwertung der strand- 
triftigen Gegenstände haben die deutschen Behörden 
gesorgt. Der erzielte Erlös von etwa 1000 Mk. 
ist den beteiligten sechs Londoner Versicherungsgesell- 
chaften überwiesen, von diesen jedoch zwecks Ver- 
wendung für mildtätige Zwecke der deutschen Behörde 
der Marshall-Inseln zur Verfügung gestellt worden, 
welche durch diesen dankenswerten Verzicht in der 
Lage find, obigen Betrag für ein wohltätiges Werk 
zu verwenden. 
Aus dem Brreiche der Wissionen und 
der Ankisklaverei-Bewegung. 
Der Februarnummer des „Echo aus Krecht- 
steden“ entnehmen wir folgende Beschreibung des 
Superior Schneider der Missionsstation Mrogoro 
der „Väter vom heiligen Geist“ in Deutsch-Ost- 
afrika über den Besuch des Gouverneurs Grafen 
v. Götzen in Mrogoro. 
„Dienstag, der 13. Oktober, gestaltete sich für 
unsere Missionsstation als ein Freudentag, wie wir 
einen solchen seit langer Zeit nicht mehr gesehen 
hatten. Gegen 10 Uhr machte der Katserl. Gouverneur 
Graf v. Götzen, der sich auf einer Informationsreise 
nach hier und den nahen Ulugurubergen befand, 
selnen Einzug in die Station. Eine wohl viel- 
tausendköpfige Menge — unsere Christen, welche 
von nah und fern herbeigeeilt waren — brach in 
stürmische Vivatruse aus, als der Gouverneur in 
Begleitung des Kaiserlichen Bezirksamtmannes Lam- 
brecht, seines Adjutanten, Oberleutnant Abel, des 
Oberleutnants Ledebur und des Oberarztes Dr. Küdicke, 
unter Hörnerklang und Trommelschlägen das Missions- 
dorf betraten. Dem uralten Landesbrauch folgend, 
schwangen die Weiber grüne Zwelge und stimmten 
Begrüßungslleder an, während die Männer ihre 
Vorderlader knallen ließen. Jetzt betrat der Gou- 
eur den geräumigen Kirchplatz, wo ein wenig 
vorher die 5. Kompagnie unter Führung des Leutnants 
Schulz und zwei weißer Unteroffiziere Aufstellung 
senommen hatte. Als ihr Chef, der Fahnensektion 
olgend, vorüberkam, ertönte abermals. Trommelschlag 
und Hörnerklang, die Gewehre rasselten, die Missions- 
! none donnerte, und aus hundert frischen Knaben- 
irt drang ernst und feierlich die Nationalhymne. 
as lelne, bescheidene, heute aber in Festtollette 
arangende, von Palmen umrahmte Wohnhaus, die 
au dem Klrchplatz tadellos ausgerichtete Kompagnie, 
* militärischen Klnge, die auf hohem Maste im 
  
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Winde flatternde schwarz-welß-rote Flagge, die große, 
freudig erregte Menge, die hohe, schlanke Gestalt des 
von einem stattlichen Stabe Offiziere umgebenen 
Gouverneurs, all dieses überragt von dem stolzen, 
weit, weit in die Lande blickenden Kirchturme, dem 
Wahrzeichen christlicher Kultur; es war dies wirklich 
ein interessantes, erhebendes Bild. Auf seinem 
Rundgang durch die Mission schien der Gouverneur 
entzückt von allem, was er sah und hörte. Während 
des darauffolgenden kleinen Lunch sangen die 
Missionsschüler, welche vor dem Refektorium Auf- 
stellung genommen hatten, schöne Lieder auf deutsch 
und kisuahell. 
Jetzt, wo ich diese Zeilen schreibe, wird der Gou- 
verneur wohl schon wieder in der sonnigen Küsten- 
stadt Daressalam angekommen sein. Das Andenken 
aber an seinen hiesigen Besuch wird noch lange bei 
unseren Christen fortleben.“ 
Ülber die Losango oder Geheimbünde der Duala 
in Kamerun schreibt Miss. E. Dinckelacker in der 
Februarnummer des „Evangelischen Missions- 
Magazins": 
Ehe die Mission mit der Verkündigung des 
Evangeliums und die deutsche Regierung mit Recht 
und Gerechtigkeit nach Kamerun kamen, war das 
Land allenthalben erfüllt mit der Finsternis heidnischen 
Aberglaubens und Götendienstes, voll Grausamkeit 
und Blutvergießen. Eine besondere Erscheinung des 
religiösen Lebens der Duala sind die in allen 
Dörfern vorhandenen Losango oder Geheimbünde des 
Fetischdienstes. Es sind dies Vereinigungen von 
Leuten zum Zweck des Dienstes eines Fetisches oder 
Geistes, um sich dadurch vor Schaden seitens des- 
selben zu schützen. Daneben aber dienen die Geheim- 
bünde dazu, durch Erpressungen, die an Nicht- 
eingeweihten ausgeübt werden, sich zu bereichern. 
In Bonaberl, der heutigen Baseler Missions- 
station am unteren Wurifluß, gab es seinerzeit eine 
ganze Anzahl solcher Losango. Die wichtigsten 
waren der Djengu und der Mungi. Jener war 
der Isango der Freien, dieser derjenige der Halb- 
freien. Die Sklaven hatten einen Isango namens 
Rkwang. Andere Losango von geringerer Bedeutung 
waren Mbe, Mukuku, Elong, Ekongolo. 
Der Mungi stand bei den Bonaberileuten in 
hohem Ansehen. Er war als Geist gedacht, der im 
nahen Walde hauste. Von Zelt zu Zeit ließ er ein 
Gebrüll hören, das durch Mark und Bein ging. 
Man hörte seine Stimme oft bis weithin in der 
Nachbarschaft. Die Sache war aber die: Ein Mann 
mußte durch irgendeine Medizin, die nur den Ein- 
geweihten bekannt war, seine Stimme verändern, 
daß sie hohl und schreckenerregend durch die Sttlle 
der Nacht erschallte. Wenn der Mungi im Walde 
brüllte hooé, hooé, hooé! so mußte alles fliehen 
und sich in den Hütten verborgen halten; denn der
	        
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