Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

lischen Grenzexpedition. Um 9 a. m. erreichte ich 
den Ort Jale, dessen Fluß sich durch große Mengen 
von Wildenten auszeichnet. Leutnant Kramsta 
schoß hier mit 2 Schuß 9 Enten, die sich als sehr 
wohlschmeckend erwiesen. Nach einem Nachtlager 
am Komadugu traf ich am Morgen des 26. in 
Gana ein, wo mich der Führer der in Dikoa statio- 
nierten Kompagnie, Oberleutnant Strümpell, und 
Oberarzt Dr. Krawietz begrüßten. Auch Scheich 
Landa von Dikoa erschten mit großem Gefolge zur 
Begrüßung. 
Am 27. führte uns schon um ½8 a. m. ein 
flotter Ritt über ausgedehnte Grasebenen, die in 
der Hochwasserzeit überschwemmt sind, auf einen 
freien Platz vor Dikoa, auf dem die Kompagnie 
unter Oberleutnant Strümpell und die Truppen 
Sandas in Parade aufgestellt waren. Sanda ritt 
mir entgegen, und ich ritt mit ihm die Fronten ab. 
Es mochten wohl an 600 Reiter und 2000 Mann 
Fußvolk sein; die Einzugskolonne war wenigstens 
5 Kilometer lang. Recht malerisch machten sich die 
farbenprächtigen Gewänder und Pferdedecken der 
Boran-Reiter auf dem grünen Rasen. 
Nach Abnahme der Parade zogen wir in die 
Stadt ein; voran Sultan Sanda mit seiner Leib- 
wache und Musik, sodann ich mit meinen Reitern 
und den berittenen Offizleren, dahinter unsere Fuß- 
truppe, endlich das unabsehbare Kriegsheer von 
Bornu. Es ging durch einen großen Teil der Stadt 
hindurch, am Grabe Behaglis und am Schädel 
Fadl Allahs vorbei zum alten Rabeh-Palast, woa 
das Quartier der Kompagnie und auch mein Unter- 
kommen war. 
Hier fand auf einem großen freien Platz unter 
dem Geiubel einer vieltausendköpfigen Menge ein 
Vorbeimarsch des Zuges statt, hernach Vorstellung 
sämtlicher Großen des Landes und der Heerführer 
mit Gefolge. Sanda versäumte nicht, mir seine 
uralte, von ihm hochgeehrte Mutter vorzustellen. 
Um 9 Uhr war alles vorüber, und wir bezogen 
unsere Quartiere in den hohen, luftigen Räumen 
der Rabeh-Burg. Dikoa weist noch viel Ruinen 
auf von der französischen Erstürmung her, wird aber 
wieder aufgebaut und vergrößert sich täglich. Scheich 
Sanda gilt im Lande unbestritten als der echte 
Thronerbe und Dikoa als die echte Residenz. 
Die Rabeh-Burg ist ein riesiger Komplex von 
Gebäuden, die von Maurern aus Luftziegeln nach 
ägyptischer Art aufgeführt und heute leider teilweise 
verfallen sind. Eine hohe massive Mauer umschließt 
das Ganze, die lange Front mit dem Eingangs- 
kastell, auf dem die deutsche Flagge weht und in 
dem die Wache liegt, macht einen würdigen Eindruck. 
Innerhalb liegen die Kompagnie Schutztruppe mit 
Zubehör und sonstige Absteigequartlere für Europäer. 
Jeder Weiße hat ein eigenes Anwesen. Strauße, 
Gazellen, Schakale und anderes tummeln sich auf den 
freien Plätzen umher. 
Meine Wohnung, Rabehs eigenes Haus, ist 
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besonders gut gebaut und enthält außer 3 großen 
Räumen zur ebenen Erde noch ein halb fertiges 
Obergeschoß, zu dem eine massive Treppe hinaufführt. 
Der Blick von dem flachen Dache über die aus- 
gedehnte Stadt hat besonders bei Mondschein einen 
ganz eigenen Reiz. 
Am 28. nachmittags besuchte mich Sanda und 
brachte seine Geschenke: 2 Pferde, 1 Anttlope, 
1 Strauß, Vieh, Butter, Honig und anderes. 
Gegen Abend stattete mir, während ich auf einem 
Spaziergang auf dem Markt abwesend war, der in 
der Nähe von Dikoa lagernde Oberst Jackson, 
Führer der englischen Grenzkommission, mit Captain 
Me Carthy-Morrogh einen Besuch ab, was ich mit 
einer Einladung zum Diner am nächsten Tage be- 
antwortete. 
Am 29. Oktober, nach Erledigung verschiedener 
Dienstgeschäfte, ritt ich nachmittags 4 Uhr mit 
Eskorte in Gala zu Sanda, um seinen Besuch zu 
erwidern. Er empfing mich stehend vor dem innersten 
Gemach seines geräumigen Palastes in Mitte seiner 
Hauptführer. 
Von Sanda begab ich mich zum Gegenbesuch zu 
Oberst Jackson, der inzwischen in der ihm von mir 
überwiesenen Wohnung eingetroffen war. Am Abend 
fand bei mir Diner statt mit den englischen Gästen 
und unseren Offizieren. Bei Mondlicht und Kerzen- 
schein, Grammophonmusik und Reden verbrachten 
wir einen sehr anregenden Abend. 
Im Lauf des Nachmittags meldete Sultan 
Diagara von Gulfei seine Ankunft auf den morgigen 
Tag an. . 
Am 30. Oktober marschierten die Engländer ab, 
um sich mit ihrer Hauptkolonne bei Bama zu ver- 
einigen. Von 9 bis 11 Parade und Reiterspiele der 
Bornuleute, bei denen sich Sanda selbst und sein 
Hauptführer und mein treuer, sehr brauchbarer Be- 
gleiter durch ganz Bornu, Ibrahim, hervortaten. 
Während der Spiele ritt Djagara von Gulfei in 
die Stadt ein mit etwa 500 Reitern und erhielt 
die durch Gesandte erbetene Erlaubnis, sich sogleich 
vorzustellen. Es gab nun auf dem großen, in Staub 
eingehüllten Platz ein fast lebensgefährliches Gedränge, 
Bornu= und Makartreiter jogten bunt durcheinander, 
und unter lautem Jubel von beiden Seiten bewog 
ich die belden sich bislang feindlich gesinnten Herrscher, 
sich die Hände zu schütteln, und Djiagara, die an- 
gebotene Gastfreundschaft Sandas für die Nacht 
anzunehmen. Nach der Parade empfing ich die hier 
ansässigen, sehr hellfarbigen arabischen Händler aus 
Tripolis, denen auf ihre Bitte ein deutsch und 
arabisch abgefaßter Schutz= und Geleitbrief für 
Heimreise und Rückkehr gegeben wurde. Sodann 
empfing ich Djagara mit Gefolge, der seine Geschenke 
und den schuldigen Tribut überbrachte. 
Er lleferte im ganzen ab 5 Pferde, 34 Stück 
Rinder von hervorragender Qualität, 60 Schafe und 
Ziegen, Löwen= und Leopardenfelle, eine zahme 
Antilope und anderes. 
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