Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

Über den Fetischglauben in Akpafu berichtet 
Missionar Pfisterer in Nr. 3 des „Monatsblatts 
der Norddeutschen Missionsgesellschaft“: 
Sie glauben, wie alle die Nachbarstämme, an 
ein höchstes Wesen, „Ea“ genannt, der die Welt und 
die Menschen geschaffen hat und mit seiner Frau in 
der „Gottesstadt“ wohnt. Dort scheint er jedoch so 
viel zu tun zu haben, daß er sich nicht um die Welt 
kümmern kann; denn von ihm wird selten oder nie 
vermutet, daß er in das Schicksal eines Menschen 
eingreift. Nur wenn eine alte Person eines natür- 
lichen Todes stirbt, sagt man „Ea hat ihn gerufen“. 
An selner Stelle führen zahllose, an Macht und 
Rang sehr verschiedene Gottheiten das Regiment auf 
Erden, die sogenannten Fetische. Einige der wich- 
tigsten unter ihnen sind: Orentabora, Togbaiko, 
Koko, Gjapanä. Jeder dieser Fetische hat seinen 
Schutzherrn und seinen Diener. Letzterer hat ihm 
zur bestimmten Zeit das festgesetzte Opfermahl zu 
bringen. Stirbt solch ein Herr oder ein Diener, so 
ernennt der Fetisch selbst seinen Nachfolger, der 
häufig noch ein Knabe ist. Dies sind aber keine 
Fetischpriester. Den Verkehr zwischen Mensch und 
Fetisch vermitteln nur Fetischpriesterinnen, deren es 
sechs oder acht gibt. Solange alles in der Stadt 
seinen gewohnten Gang geht und die Fetische den 
Leuten nichts tun, läßt man sie auch in Ruhe und 
gibt ihnen nur ihr „Essen“, worin der ganze Dienst 
besteht. Jeder, auch Ea, bekommt jährlich zur Zeit 
der Ernte eine Portion Reis. Dazu bekommt Ea 
noch einen weißen Widder. Togbaiko, der seinen 
Platz jedesmal wechselt, wenn sein Diener stirbt, und 
bald in Akpafu, bald in Odome sein Quartier auf- 
schlägt, bekommt zu seinem Reis einen Ziegenbock 
und von einigen Antilopenarten das erste Tlier, das 
nach diesem Reisessen geschossen wird. Außerdem 
muß man ihm alle fünf Jahre eine Antilope nach 
den Rkunjabergen bringen, wo er seinen eigentlichen 
Wohnsitz hat. Die kleinen Fetische sind meist mit 
einem Huhn zufrieden. Bricht nun aber irgend ein 
Unglück oder eine Krankheit über ein Haus oder 
über die ganze Stadt herein, oder kommt lange kein 
Regen oder zur Erntezeit zuviel, so müssen die 
Priesterinnen die Fetische fragen, welcher von ihnen 
erzürnt ist, und mit welchen besonderen Opfern er 
wieder versöhnt werden kann. Was jedoch den 
Regen anbetrifft, so hat darüber ein gewisser Regen- 
macher namens Kwadso noch größere Macht als die 
Fetische. Wenn Kwadso den Regen „gebunden“ 
hat, fleht man umsonst zu den Göttern. Sehr vor- 
teilhaft gegen diese egoistischen Götter hebt sich die 
Gestalt des Orentabora ab. Er soll der erste 
Mensch gewesen sein, den Ea geschaffen hat. Als er 
dann samt seinen Mitmenschen von der Gottesstadt 
nach der Erde kommen wollte und den Weg durch 
ein scharfes Schwert versperrt fand, stürzte er sich 
in dasselbe und bahnte so den übrigen den Weg auf 
die Erde. Leider kann man ihm nicht mehr dienen, 
da bel einem großen Brande, der die ganze Stadt 
246 
  
zur Zeit, als man noch Grasdächer hatte, einäscherte, 
auch die hölzerne (menschliche) Figur des Orentabora 
mit verbrannte. Seitdem dürfen keine Grasdächer 
mehr in Alpafu gemacht werden. 
Perschiedene Mitteilungen. 
Die Rechtspflege in Französisch-Westafrika (Kenegal, 
#L#engambien-Uiger, Französlsch-Guinea, Elfenbeinküste, 
Dabomey). 
Wie schon in Nr. 5 des „Deutschen Kolonlal= 
blattes" vom 1. März 1904, S. 170f., erwähnt, 
ist die Rechtspflege in Französisch-Westafrika durch 
ein Dekret des Präsidenten der französischen Republik 
vom 10. November 1903 neu geregelt worden. 
Nach diesem Dekret besteht als oberstes Gericht 
für Französisch-Westafrika ein Cour d'appel mit 
dem Sitz in Dakar (Senegambien); im übrigen 
wird die Gerichtsbarkeit über Europäer, diesen 
gleichgestellte Personen und die nicht unter besonderen 
Gerichten stehenden Eingeborenen ausgeübt durch 
Gerichte I. Instanz, Friedensgerichte mit erweiterter 
Kompetenz und Schwurgerichte. 
Der Appellhof setzt sich zusammen aus einem 
Präsidenten, ) einem Vizepräsidenten?) und sieben 
Räten.?) Die Geschäfte der Staatsanwaltschaft werden 
von einem Generalstaatsanwalt (procureur genérals) 
unter Beihilse eines avocat général"“) und eines 
Substituten?) wahrgenommen. 
Der Appellhof ist Berufungsinstanz gegen die 
von den Gerichten I. Instanz, dem diesen ähnlichen 
Gericht in Kayes und den Friedensgerichten mit 
erweiterter Zuständigkeit ergangenen Urteile I. Instanz. 
Im übrigen können die Urteile der genannten 
Gerichte durch Nichtigkeitsbeschwerde wegen örtlicher 
oder sachlicher Unzuständigkeit oder Gesetzesverletzung 
angefochten werden. 
Die Gerichte I. Instanz befinden sich in 
Dakar, St. Louis, Konakry, Bingerwille und Cotonou. 
Sie bestehen aus je einem Richter als Vorsitzendem 
(zuge président ), einem Stellvertreter (lieutenant 
de juge ), einem Hulfsrichter, einem (iuge 
suppleéant?) Staatsanwalt und den erforderlichen 
Gerichtsschreibern. 
Ihre örtliche Zuständigkeit bestimmt der General- 
gouverneur vorbehaltlich der Genehmigung durch den 
Kolonialminister. 
Sachlich sind dieselben zuständig: 
1. in erster und letzter Instanz für alle Zlvil- 
und Handelssachen bis zum Streitwert von 
1500 Franken; Sachen von höherem Streitwert unter- 
liegen der Berufung an den Appellhof. Das 
französische Recht ist allein maßgebend; 
h. Gehalt ntl..———— 
12000 Fr. 5) bis 10 000 Fr. 0 6000 bis 7000 Fr. 
5000 bi Goco Fr.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.