Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

über diese Reisen hat er vor kurzem in der Lon- 
doner Geographischen Gesellschaft berichtet. Seinen 
Ausführungen entnehmen wir folgende interessanten 
Schilderungen jener nördlichen Grenzgebiete unseres 
südwestafrikanischen Schutzgebiets: 
Phyfsikalisch läßt sich Angola in vier von Nord- 
osten nach Südwesten laufende Gürtel teilen. 
Der Küstenstreifen, der bei Loanda etwa 150, 
bei Mossamedes nur 40 bis 50 engl. Meilen breit 
ist, wird von einer wasserarmen, unfruchtbaren und 
ungesunden Steppenreglon eingenommen. Den nächsten 
etwa 100 Meillen breiten Gürtel bildet ein unweg- 
sames, waldiges Hügelland; die Flüsse führen zwar 
nur in der Regenzeit Wasser, trotzdem herrscht üppigste 
Vegetation. Fortwährend ansteigend, erreicht man 
ein etwa 4000 bis 6000 Fuß hohes Hochland. 
Dieses bildet den besten Tell des Landes. Eine 
dichte arbeitsame Bevölkerung mit Ortschaften von 
3000 bis 4000 Menschen treibt ausgedehnten Feld- 
bau. Das Klima ist dort angenehm und erfrischend, 
Tropenkrankheiten kommen selten vor. Der Reisende 
bezeichnet es als ein herrliches „white man's country)“. 
Ostlich vom Kuanzafluß beginnt eine Niederung, dle 
von den Flußgebleten des oberen Zambesi und des 
Kassai gebildet wird. Sie wird als ein schwach 
bevölkertes, ungesundes Sumpfgebiet geschildert, dem 
der Bur mit Recht die Bezeichnung eines „hungrigen“ 
Landteils beigelegt habe. 
Besonders interessant sind Cuninghames Schil- 
derungen über die bisher wenig bekannte Landschaft 
Bihe, das Land der Ganguellas, sowie über die 
Völkerschaften am Kunene bis Humbe hinab, den 
südlichsten von ihm erreichten Punkt. 
Die Biheleute stammen nach ihrer Tradition von 
einem großen Jäger aus der Gegend jenseits Humbe, 
der die schöne Tochter des einheimischen Herrschers 
raubte und schließlich sich an dessen Stelle sezzte. 
Seine Genossen folgten seinem Beispiel und ver- 
mählten sich mit Töchtern des Landes. Die Bihe- 
leute zeichnet ein großer Unternehmungsgeist aus. 
Sie haben den gesamten Binnenhandel von Benguella 
an sich gerissen; tief aus dem Kongogebiet beziehen 
sie Kautschuk und vertreiben dorthin europäische 
Waren oder Erzeugnisse der Schmiedekunst ihrer 
Nachbarn, der Ganguellas. 
Während sich die Männer auf Handelszügen 
befinden, betreiben die Frauen aufs eifrigste den 
Mais= und Hirsebau. 
Im Ganguellagebiet fielen dem Reisenden be- 
sonders die wertvollen Holzbestände auf. Bäume 
von 50 Fuß Höhe und 12 Zoll Durchmesser waren 
etwas Gewöhnliches. Der Reichtum des Landes an 
Kautschuk sowie an Ackerbauprodukten ist sehr be- 
deutend. Die Bewohner genießen den Ruf, die besten 
Schmiede der Gegend zu sein. Sie sind friedliche, 
harmlose Menschen, die der Expedition jederzeit auf 
das freundlichste entgegenkamen. Ruinen festungs- 
ähnlicher Bauten, ähnlich den bekannten Uberresten 
in Rhodesia, sollen sich unweit des Kubango befinden. 
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Auf seinem Weitermarsch nach dem Süden be- 
suchte Cuninghame die verschiedenen Kunene-Völker- 
schaften. Bei dem sonst von Weißen gefürchteten 
Hangara, dem Häuptling von Dongulla, fand er 
freundliche Aufnahme. Dieser brandschatzt in völliger 
Unabhängigkeit die benachbarten Stämme. Das 
nächste portugiesische Fort Kiteve ist bereits seit 
15 Jahren ohne Garnison. Erst in Humbe findet 
sich eine Besatzung. Die Humbeleute fielen dem 
Reisenden durch ihre vornehme Haltung auf. An 
dieser Stelle erreichte Cuninghame seinen südlichsten 
Punkt und kehrte in nordwestlicher Richtung zur 
Küste zurück. 
Britisch= Sentralafrika. 
Die Verwaltung des Protektorats Britisch- 
Zentralafrika, welche bisher dem Auswärtigen Amt 
(Foreign Office) unterstand, ist seit dem 1. April 
k. Js. auf das Kolontalamt (Colonial Osffice) 
übergegangen. 
Derschiedene Witteilungen. 
Ronferenz über Tierseuchen in Bloemfontein nach einem 
Bericht des Raiserlichen Generalkonfuls in Rapstadt. 
Die Diskussion wurde nach Erledigung des 
Hauptgegenstandes, der Rinderpest, auch auf das 
afrikanische Küstenfieber sowie Lungenseuche unter 
Rindern, Tuberkulose, Rotz, Krätze bei Pferden, 
Eseln und Mauleseln, Schweinefieber, Tollwut, 
Lymphangitis, Maul= und Klauenseuche und Räude 
bei Schafen ausgedehnt. 
Rinderpest bildete die erste Nummer des Pro- 
gramms. Es wurde festgestellt, daß Rinderpest da- 
mals nur noch vereinzelt in Deutsch-Südwestafrika 
und in dem politisch der Kolonie Natal angegliederten 
Zululande vorhanden war; inzwischen ist allerdings 
von der Natalregierung ein neuer Ausbruch von 
Rinderpest in der Stadt Vryheid — früher zu 
Südtransvaal gehörig — von der Regierung in 
Pietermaritzburg gemeldet worden. Es wurde von 
allen Vertretern der verschiedenen Kolonien aus- 
drücklich betont, daß die gänzliche Ausrottung der 
Rinderpest in Südafrika unbedingt angestrebt werden 
müsse. Während der reinen Gallenimpfung volle 
Gerechtigkeit zu teil wurde und ihre Nühzlichkeit 
namentlich bei Massenerkrankungen, wie sie beim 
ersten Auftreten der Epidemie stattfanden, betont 
wurde, wurde fast allgemein zur schnellen Bekämpfung 
sporadischer Ausbrüche die Serumtheorie empfohlen. 
Namentlich bekannte sich auch Geheimrat Koch dazu, 
insofern es möglich sei, starkes Serum in genügender 
Menge zu erhalten. Er empfahl, daß zu diesem 
Zweck für die nächsten Jahre stets mindestens 10 000 
Dosen zu 100 cem von jeder Regierung gehalten 
werden müßten. Geheimrat Koch sprach sich sowohl
	        
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