Metadata: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
  
  
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darauf, ob Gerichtsbarkeit, Polizei, ständische 
Rechte oder ein Patronat mit dem fraglichen Be- 
sitz verbunden gewesen ist, da keines dieser Rechte 
ein notwendiges Attribut eines selbständigen G. 
darstellt. Entscheidend ist vielmehr allein, ob dem 
Besitzer des Gutes die Gutsherrschaft, d. h. das 
Recht auf Untertanen zustand (O## Pr. VBl 
26, 125). Wie es gehalten werden sollte, wenn 
der Gutsherr Teile seines Gutes veräußerte, wie 
die öffentlich-rechtlichen Verhältnisse zwischen den 
Erwerbern solcher Parzellen, dem Gutsherrn oder 
der Gemeinde, zu ordnen seien, darüber enthielt 
weder das Edikt v. 14. 9. 1811 noch die Deklaration. 
v. 29. 5. 1816 nähere Bestimmungen. Die Verw- 
Praxis war zunächst schwankend. Nach eingehen- 
den Erörterungen im Staatsrat gelegentlich der 
Beratung des Gesetzentwurfs über das Armen- 
wesen wurde diese Frage dahin gelöst, daß die von 
den Rittergütern abgezweigten Grundstücke, so- 
weit sie vor Verkündung des Gesetzes ohne Wider- 
spruch der Beteiligten zu der Dorfgemeinde über- 
gegangen oder als zu ihr gehörig behandelt worden 
waren, bei dieser auch ferner verbleiben sollten. 
So entstand § 6 Nr. 3 des G v. 31. 12. 42, wonach 
die Verpflichtung der Gutsherrschaft zur Für- 
sorge für die auf Trennstücken des Gutes vorhan- 
denen Armen nicht eintrat, wenn die Vereinigung 
der Trennstücke mit der Gemecinde schon vor Ver- 
kündigung des Gesetzes zwar ohne ausdrückliche 
Zustimmung der Gemeinde und ohne Genehmi- 
gung der Landespolizeibehörde, jedoch ohne Wi- 
derspruch der Beteiligten wirklich in Ausführung 
gekommen war. Das G v. 14. 4. 56 betr. die 
Landgemeindeverfassungen in den sechs östlichen 
Provinzen (GS 359), das im Eingange ausdrück- 
lich auf das G v. 31. 12. 42 hinweist, hat obige 
Bestimmung nicht berührt, auch nicht das preu- 
NHische Gv. 8. 3. 71. Wenn daher §1 Gv. 14. 4. 56 
bestimmt, daß den Bezirk einer ländlichen Gemein- 
de alle diejenigen Grundstücke bilden, welche dem- 
selben bisher angehört haben, so gehören dazu 
auch die im 8 6 Nr. 3 des G v. 31. 12. 42 be- 
zeichneten Trennstücke von Rittergütern (O#### 
2, 119 ff). Weder die Kr O für die östlichen Pro- 
vinzen v. 13. 12. 72 (GS 661) noch die LGO für 
die sieben östlichen Provinzen v. 3. 7. 91 (GS 233) 
enthält eine Bestimmung darüber, welche Grund- 
stücke zum Gebiet einer Gemeinde oder eines G. 
gehören. Im #4 östl. LGO ist nur das Verfahren 
bei Streitigkeiten über die Grenzen geregelt. Bei 
Zweifeln darüber, welche Grundstücke zum 
G. und welche zur Gemeinde gehören, muß 
daher auf den Zustand zur Zeit der Ver- 
kündung des G v. 31. 12. 42 zurückgegangen 
werden. 
Besonderheiten bestehen bezüglich der fiska- 
lischen Gutsbezirke. Darunter versteht 
man solche, welche im Eigentum des Fiskus stehen. 
Die landesherrlichen Güter besaßen von jeher 
gutsherrliche Rechte, bilden daher heute selb- 
ständige G., in denen der Fiskus zur Tragung der 
Lasten verpflichtet ist. Zweifel können nur ent- 
stehen, wenn Teile fiskalischer Güter an Private 
veräußert werden. Während im allgemeinen ohne 
besonderen Allerhöchsten Erlaß eine Teilung oder 
Neubildung von G. unzulässig ist, besteht zugunsten 
der fiskalischen G. eine Ausnahme. Nach & 29 
der Allerhöchst erlassenen Domänenveräußerungs- 
Instr v. 25. 10. 1810 konnte im Kaufvertrag be- 
  
Gutsbezirke (Preußen) 
  
stimmt werden, daß der Käufer oder Erbpächter 
in Ansehung der ständischen wie auch der übrigen 
in len Kontrakten nicht anders bestimmten Ver- 
hältnisse in die Kategorie der Rittergutsbesitzer 
trete. Wieweit solche Rechte begründet wurden, 
richtete sich nach dem einzelnen Kaufvertrage. 
Zur Veräußerung größerer Domänengüter war 
Kagl Genehmigung vorbehalten (§ 32 a. a. O.). 
Dadurch erhielten die mit der Veräußerung Kal 
Domänen betrauten Staatsbehörden die Befug- 
nis, durch die Veräußerungsverträge — vorbe- 
haltlich Kgl Genehmigung — Rittergüter abzu- 
grenzen und damit auch deren Grenzen sowie die 
Grenzen der im Besitz des Staates verbliebenen 
Restgüter zu regeln (O G 10, 89; 37, 148). 
II. In Schleswig-Holstein haben sich 
die G. ähnlich entwickelt wie in den östlichen Pro- 
vinzen. Selbständige G. bilden dort die adligen 
Güter, die schon vor der Einverleibung in den 
preußischen Staat außerhalb jedes Gemeindever- 
bandes standen und in denen die öffentlichen 
Lasten vom Gutsherrn allein getragen wurden. 
In Hannover war die Gesetzgebung des 
Königreichs den G. wenig günstig. Im Prinzip 
sollten die Güter und Domänen mit einem Ge- 
meindeverbande vereinigt werden. Ausnahmen 
sollten nur aus wirtschaftlichen Gründen zuge- 
lassen werden (Näheres vgl. OG 19, 155). 
Dagegen kennt die hannoversche Kr O v. 6. 5.84 G. 
Dabei ist aber nicht ehemals ritterschaftlicher Be- 
sitz erforderlich; es können auch sonstige Güter und 
Höfe seine Eigenschaft besitzen. Entscheidend ist 
privatrechtliche Einheit des Besitzes, nicht wie im 
Osten gutsherrliche Gewalt. 
In Westfalen waren die G. unter der 
französischen Herrschaft beseitigt, später vereinzelt 
wieder hergestellt worden. Nach § 3 westf. LGO 
v. 13. 3. 56 können Güter, die den Zwecken einer 
Gemeinde für sich allein zu genügen imstande sind, 
auf Antrag des Besitzers oder der Gemeinde, mit 
der das Gut bisher vereinigt war, selbständige den 
Gemeinden gleich zu achtende G. bilden, ohne daß 
die Eigenschaft des Gutes als Rittergut dabei in 
Betracht kommt. Dies bestätigt § 23 der westf. 
Kr O v. 31. 7. 86 (GS 217) unter Aufhebung der 
in der LGO erwähnten Vorrechte der Gutsbezirke. 
In der Provinz Hessen-Nassau gibt es G. nur 
in dem ehemaligen Kurfürstentum Hessen, dem 
heutigen Regierungsbezirk Kassel (71 
LGO für Hessen-Nassau v. 4. 8. 97, G 301). 
Dort gab es Domänen, Forsten, Rittergüter und 
ehemals geschlossene adlige Freigüter, die außer- 
halb des Gemeindeverbandes standen. Diese sind 
zwar auf Grund des #§ 47 der kurhessischen Vu 
v. 5. 1. 31 und § 5 der GemO v. 23. 10. 34 hin- 
sichtlich der örtlichen Verwaltung mit einer Ge- 
meinde vereinigt worden. Hierdurch ist aber ihre 
kommunale Selbständigkeit nicht beseitigt worden. 
Soweit sie nicht ausdrücklich auch in kommunaler 
Hinsicht mit Gemeinden vereinigt worden sind, 
bilden sie noch selbständige G. (OG 38, 168). 
3. Umgrenzung nach geltendem Rechte. 
Den vorstehend geschilderten Rechtszustand hat 
die östliche 9 O in Uebereinstimmung mit den 
übrigen Gesetzen über die ländlichen Kommunal- 
verhältnisse anerkannt. Auf dem Lande gibt es 
danach nur Landgemeinden und selbständige G. 
(§ 1 LG6O). Die zur Zeit des Inkrafttretens des 
Gesetzes vorhandenen Landgemeinden und G.
	        
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