Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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I. Wandergewerbeschein. 
§ 1. Wer gewerbsmäßig außerhalb seines Wohnortes ohne Begründung einer gewerb- 
lichen Niederlassung und ohne vorgängige Bestellung in eigener Person 
a) Waren feilbietet, 
b) Musikaufführungen, Schaustellungen, Theater-Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten, 
ohne daß ein höheres Interesse der Kunst oder der Wissenschaft obwaltet, darbietet, 
bedarf hierzu eines Wandergewerbescheines. 
Eines Wandergewerbescheines bedürfen auch Personen, die außerhalb ihres Wohnortes von 
einer festen Verkaufsstelle aus Waren vorübergehend feilbieten (Inhaber von Wanderlagern). 
§* 2. Eines Wandergewerbescheines bedarf nicht, wer selbstgewonnene oder rohe Erzeug- 
nisse der Land= und Forstwirtschaft, des Garten= und Obstbaues, der Vieh-, Geflügel= und Bienen- 
zucht, selbstgewonnene Erzeugnisse der Jagd und des Fischfanges sowie im eigenen Handwerksbetriebe 
verfertigte Waren feilbietet. 
§* 3. Vom Feilbieten im Umherziehen (§§ 1 und 2) sind ausgeschlossen: 
1. Geistige Getränke aller Art, soweit nicht das Feilbieten derselben von dem Bezirks- 
(Distrikts-)amt in Fällen eines besonderen Bedürfnisses vorübergehend gestattet ist. 
2. Pulver und Sprengstoffe. 
3. Leicht entzündliche Ole. 
4. Waffen und Munition aller Art. 
Der Gouverneur kann durch Bekanntmachung bestimmen, daß und inwiefern noch andere 
Gegenstände und Leistungen auf bestimmte Dauer vom Feilbieten im Umherziehen (§8 1 und 2) 
ausgeschlossen sein sollen. Insbesondere kann er zur Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen 
oder im Interesse der Zucht den Handel mit Pferden, Eseln, Maultieren, Rindvieh, Schafen, Ziegen, 
Schweinen oder Geflügel im Umherziehen Beschränkungen unterwerfen oder auf bestimmte Dauer 
untersagen. 
§ 4. Der Wandergewerbeschein ist zu versagen: 
1. Eingeborenen, 
2. Nichteingeborenen, 
a) wenn sie mit einer abschreckenden oder ansteckenden Krankheit behaftet oder in einer 
abschreckenden Weise entstellt sind, 
b) wenn sie geisteskrank oder geistesschwach sind, 
c) wenn sie unter Polizeiaufsicht stehen, 
d) wenn sie wegen strafbarer Handlungen aus Gewinnsucht gegen das Eigentum, gegen 
die Sittlichkeit, wegen vorsätzlicher Angriffe auf das Leben und die Gesundhbeit der 
Menschen, wegen Land= oder Hausfriedensbruchs, wegen Widerstands gegen die 
Staatsgewalt, wegen vorsätzlicher Brandstiftung, wegen Zuwiderhandlungen gegen die 
Bestimmungen zur Abwehr und Unterdrückung ansteckender Krankheiten oder Vieh- 
seuchen zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten verurteilt sind und seit 
Verbüßung der Strafe drei Jahre noch nicht verflossen sind, 
e) wenn sie wegen Abgabe von Waffen und Munition oder geistigen Getränken zu einer 
Freiheitsstrafe verurteilt sind und seit Verbüßung der Strafe drei Jahre noch nicht 
verflossen sind, 
k) wenn sie wegen Zuwiderhandlung gegen die Bestimmungen dieser Verordnung wieder- 
holt rechtskräftig verurteilt und seit Rechtskraft des letzten verurteilenden Erkenntnisses 
drei Jahre noch nicht verflossen sind. 
§ 5. Im übrigen kann die Erteilung des Wandergewerbescheines versagt werden, wenn 
gegen den Nachsuchenden Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, daß er den Betrieb 
des Wandergewerbes oder Wanderlagers (§ 1) zur Störung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder 
Sicherheit mißbrauchen werde oder wenn ein Bedürfnis für den Betrieb des Wandergewerbes oder 
Wanderlagers nicht vorliegt. 
§ 6. Die Erlaubnis zum Betriebe des Wandergewerbes und von Wanderlagern in den 
Stammesgebieten und Reservaten der Eingeborenen und auf Eingeborenwerften kann durch das 
zuständige Bezirks-(Distrikts-) amt jederzeit durch öffentliche Bekanntmachung allgemein oder für den 
einzelnen Fall ohne Angabe von Gründen versagt werden.
	        
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