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dessen hatten einige Gegner einen seitlich hervor-
ragenden Felsblock erklommen, von wo aus ich
einen Pfeilschuß unter die linke Schulter erhielt.
Gegen 7 Uhr abends war die Abteilung im
Lager zurück. Während mir der Pfeil, der 12½ em
tief saß, herausgezogen wurde, ging ein Pfeil-
und Steinhagel auf das Lager hernieder. Ich
ließ dieses daher in die Ebene verlegen und den
Berg mit Patrouillen umstellen.
Am nächsten Tage wurden Leitern gefertigt,
Brände vorbereitet und den Soldaten Fellschilde
besorgt. Am darauffolgenden Morgen wurde der
Gipfel erstürmt, wobei, abgesehen von den Stein-
würfen, von denen jeder mehr oder minder ab-
bekam, vier Mann durch Pfeile verwundet wurden.
Der Gegner war in eine Höhle getrieben, in der
wir ihn durch Brand allmählich zu einem Aus-
gange drängten, der in steiler Granitwand etwa
20 m über der ersten Erdschicht lag. Dort waren
Leitern angestellt. Im Laufe von zwei Tagen
kamen nun 38 Männer, 53 Weiber, 29 Kinder
heraus. Die übrigen Männer — an der Spitze
der Häuptling — fielen kämpfend in der Höhle.
Im ganzen wurden beim Gegner 32 Tote ge-
zählt. Ein neuer Häuptling wurde eingesetzt und
25 kräftige Männer wurden mitgenommen, um
sich während drei Monaten in Buala an uns
zu gewöhnen.
Einen Erfolg hatten wir offensichtlich erreicht,
denn es meldeten sich jetzt verschiedene Häuptlinge
aus Westen, die noch keinen Weißen gesehen
hatten. Abgesehen davon konnte es dem deutschen
Ansehen nur von Vorteil sein, daß wir den
größten Räuber der Landschaft beseitigt und den
schwierigsten Berg des Gebirges genommen hatten,
an dem die Angriffe der Fulbe und Franzosen
stets gescheitert waren. Nach Osten entsandte
Leute berichteten dagegen, daß sich dort die Leute,
als sie unser Schießen gehört, in die Höhlen ge-
flüchtet hätten und nicht glauben wollten, daß
wir Bukun genommen. Ich beschloß daher, zu-
nächst nicht nach Osten vorzugehen, sondern den
Leuten erst Zeit zu lassen, das Schicksal Bukuns
zu erfahren, und in etwa 14 Tagen Leutnant
Naumann für zwei Monate dorthin zu senden,
damit er — unter Vermeidung jeglicher Zwangs-
maßnahmen — erst einmal feststelle, was in dem
noch unbekannten Gebiet überhaupt sitzt. Von
seinen Ermittelungen werden die weiteren Maß-
nahmen der Bezirksverwaltung abhängig sein.
Am 18. Juni marschierten wir nach Lia, wo
wir auch den 19. blieben, um weitere Teile
der Bevölkerung heranzuziehen. Da vom Berge
aus im Norden nur der Gebirgsstock des Ssimbal
zu sehen war, beschloß ich, dorthin zu mar-
schieren.
Da nördlich des Nana bis zum Pende
Jangere sitzen, fand sich weder ein Mann, der
den Nana jemals überschritten hatte, noch die
Sprache kannte. Da unter diesen Umständen ein
Durchkommen mit der ganzen, durch die Straf-
arbeiter angewachsenen Kolonne zweifelhaft er-
schien, erteilte ich Leutnant Naumann den Befehl,
über Kan-Gugumi mit 20 Soldaten und den
Strafarbeitern nach Buala zu marschieren, wäh-
rend ich selbst mit 16 Soldaten über Ssimbal=
Jade nach Buala marschieren wollte.
Am übernächsten Tage stieß ich in Kumpele
(auf der Karte Daigene) auf eine größere Jangere-
Siedlung, deren Häuptling Baja sprach. Jade
und einen Weg dorthin kannte er überhaupt nicht,
dagegen einen solchen nach Ssimbal, allerdings
auch nur bis zum Pende, da jenseits wieder
Kare wohnten, die er als sehr kriegerisch schil-
derte. Am Pende, den ich gegen Mittag über-
schritt, verschwand er dann auch. Da ich nun
nicht weiter wußte, sandte ich schließlich Soldaten
nach allen Seiten aus, die einen Mann ein-
brachten, der uns nach Ssimbal führte. Dieses,
zum Gebiet des Bezirkes Ober-Logone gehörend,
erreichte ich nachmittags und konnte es nach
langen Verhandlungen mit dem Häuptling be-
treten, der dann schließlich auch ausreichende Ver-
pflegung lieferte.
Am nächsten Morgen marschierte ich auf
Jade zu. Beim Marsche durch das ziemlich
schwer zu passierende Ssimbal-Gebirge in strö-
mendem Regen wurden wir mehrfach von den
nach Hunderten zählenden Männern, die unter
Gejohle die Kolonne auf den zu beiden Seiten
des Weges überragenden Felsen begleiteten, mit
Pfeilen beschossen. Ich ließ nicht wieder schießen,
da ich mit meiner kleinen Abteilung das Ssimbal=
Gebirge mit über 1000 waffenfähigen Männern,
das noch dazu zu einem andern Bezirke gehört,
doch nicht hätte unterwerfen können. Es ist
auch ein sich schwer rächender Fehler, Gefechte
anzufangen, die man nicht erfolgreich durch-
führen kann. «
In zwei Tagen erreichte ich bei Bugaranga
wieder den Bezirk Obersanga-Uam und damit
auch die ersten Baja. Die Bevölkerung dort
verhielt sich ablehnend. Es gelang mir, in der
Nacht den Sohn des Häuptlings festzunehmen.
Diesen habe ich jetzt bis zur Gestellung von
20 Arbeitern als Geisel. Ein Polizist, der sich
trotz Verbots in der Nacht einige Stunden weit
über den Lima zu den Kare des Bezirks Ober-
Logone entfernte, ist dort spurlos verschwunden,
wohl aufgefressen.
In Jade holte mich am nächsten Tage der
Häuptling mit Männern und Weibern ein. Von