Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

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dessen hatten einige Gegner einen seitlich hervor- 
ragenden Felsblock erklommen, von wo aus ich 
einen Pfeilschuß unter die linke Schulter erhielt. 
Gegen 7 Uhr abends war die Abteilung im 
Lager zurück. Während mir der Pfeil, der 12½ em 
tief saß, herausgezogen wurde, ging ein Pfeil- 
und Steinhagel auf das Lager hernieder. Ich 
ließ dieses daher in die Ebene verlegen und den 
Berg mit Patrouillen umstellen. 
Am nächsten Tage wurden Leitern gefertigt, 
Brände vorbereitet und den Soldaten Fellschilde 
besorgt. Am darauffolgenden Morgen wurde der 
Gipfel erstürmt, wobei, abgesehen von den Stein- 
würfen, von denen jeder mehr oder minder ab- 
bekam, vier Mann durch Pfeile verwundet wurden. 
Der Gegner war in eine Höhle getrieben, in der 
wir ihn durch Brand allmählich zu einem Aus- 
gange drängten, der in steiler Granitwand etwa 
20 m über der ersten Erdschicht lag. Dort waren 
Leitern angestellt. Im Laufe von zwei Tagen 
kamen nun 38 Männer, 53 Weiber, 29 Kinder 
heraus. Die übrigen Männer — an der Spitze 
der Häuptling — fielen kämpfend in der Höhle. 
Im ganzen wurden beim Gegner 32 Tote ge- 
zählt. Ein neuer Häuptling wurde eingesetzt und 
25 kräftige Männer wurden mitgenommen, um 
sich während drei Monaten in Buala an uns 
zu gewöhnen. 
Einen Erfolg hatten wir offensichtlich erreicht, 
denn es meldeten sich jetzt verschiedene Häuptlinge 
aus Westen, die noch keinen Weißen gesehen 
hatten. Abgesehen davon konnte es dem deutschen 
Ansehen nur von Vorteil sein, daß wir den 
größten Räuber der Landschaft beseitigt und den 
schwierigsten Berg des Gebirges genommen hatten, 
an dem die Angriffe der Fulbe und Franzosen 
stets gescheitert waren. Nach Osten entsandte 
Leute berichteten dagegen, daß sich dort die Leute, 
als sie unser Schießen gehört, in die Höhlen ge- 
flüchtet hätten und nicht glauben wollten, daß 
wir Bukun genommen. Ich beschloß daher, zu- 
nächst nicht nach Osten vorzugehen, sondern den 
Leuten erst Zeit zu lassen, das Schicksal Bukuns 
zu erfahren, und in etwa 14 Tagen Leutnant 
Naumann für zwei Monate dorthin zu senden, 
damit er — unter Vermeidung jeglicher Zwangs- 
maßnahmen — erst einmal feststelle, was in dem 
noch unbekannten Gebiet überhaupt sitzt. Von 
seinen Ermittelungen werden die weiteren Maß- 
nahmen der Bezirksverwaltung abhängig sein. 
Am 18. Juni marschierten wir nach Lia, wo 
wir auch den 19. blieben, um weitere Teile 
der Bevölkerung heranzuziehen. Da vom Berge 
aus im Norden nur der Gebirgsstock des Ssimbal 
zu sehen war, beschloß ich, dorthin zu mar- 
schieren. 
  
Da nördlich des Nana bis zum Pende 
Jangere sitzen, fand sich weder ein Mann, der 
den Nana jemals überschritten hatte, noch die 
Sprache kannte. Da unter diesen Umständen ein 
Durchkommen mit der ganzen, durch die Straf- 
arbeiter angewachsenen Kolonne zweifelhaft er- 
schien, erteilte ich Leutnant Naumann den Befehl, 
über Kan-Gugumi mit 20 Soldaten und den 
Strafarbeitern nach Buala zu marschieren, wäh- 
rend ich selbst mit 16 Soldaten über Ssimbal= 
Jade nach Buala marschieren wollte. 
Am übernächsten Tage stieß ich in Kumpele 
(auf der Karte Daigene) auf eine größere Jangere- 
Siedlung, deren Häuptling Baja sprach. Jade 
und einen Weg dorthin kannte er überhaupt nicht, 
dagegen einen solchen nach Ssimbal, allerdings 
auch nur bis zum Pende, da jenseits wieder 
Kare wohnten, die er als sehr kriegerisch schil- 
derte. Am Pende, den ich gegen Mittag über- 
schritt, verschwand er dann auch. Da ich nun 
nicht weiter wußte, sandte ich schließlich Soldaten 
nach allen Seiten aus, die einen Mann ein- 
brachten, der uns nach Ssimbal führte. Dieses, 
zum Gebiet des Bezirkes Ober-Logone gehörend, 
erreichte ich nachmittags und konnte es nach 
langen Verhandlungen mit dem Häuptling be- 
treten, der dann schließlich auch ausreichende Ver- 
pflegung lieferte. 
Am nächsten Morgen marschierte ich auf 
Jade zu. Beim Marsche durch das ziemlich 
schwer zu passierende Ssimbal-Gebirge in strö- 
mendem Regen wurden wir mehrfach von den 
nach Hunderten zählenden Männern, die unter 
Gejohle die Kolonne auf den zu beiden Seiten 
des Weges überragenden Felsen begleiteten, mit 
Pfeilen beschossen. Ich ließ nicht wieder schießen, 
da ich mit meiner kleinen Abteilung das Ssimbal= 
Gebirge mit über 1000 waffenfähigen Männern, 
das noch dazu zu einem andern Bezirke gehört, 
doch nicht hätte unterwerfen können. Es ist 
auch ein sich schwer rächender Fehler, Gefechte 
anzufangen, die man nicht erfolgreich durch- 
führen kann. « 
In zwei Tagen erreichte ich bei Bugaranga 
wieder den Bezirk Obersanga-Uam und damit 
auch die ersten Baja. Die Bevölkerung dort 
verhielt sich ablehnend. Es gelang mir, in der 
Nacht den Sohn des Häuptlings festzunehmen. 
Diesen habe ich jetzt bis zur Gestellung von 
20 Arbeitern als Geisel. Ein Polizist, der sich 
trotz Verbots in der Nacht einige Stunden weit 
über den Lima zu den Kare des Bezirks Ober- 
Logone entfernte, ist dort spurlos verschwunden, 
wohl aufgefressen. 
In Jade holte mich am nächsten Tage der 
Häuptling mit Männern und Weibern ein. Von
	        
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