Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

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sich gern unsere Usambara= und Tanganjikabahn 
ehen möchte, um daran zu lernen, wie man es 
chen muß! Unsere Technik ist den großen künf- 
in Aufgaben, auch den schwierigsten, gewachsen. 
Eine andere Frage ist die, ob wir die bereits 
handenen Bahnen richtig ausnützen. In 
ser Beziehung habe ich auf meiner letzten Reise 
Eindruck gewonnen, daß die Klagen der An- 
ler nicht so ganz unberechtigt sind. In Ost 
! Südwest ist man der Ansicht, daß unsere 
(onialbahnen zu sehr auf baldigen, baren Ver- 
ust sähen. Gewiß, eine gute Rente ist etwas 
6 Schönes, und doch ist sie kein Maßstab da- 
ob die Bahn ihren Zweck erfüllt. Dafür ist 
Größe des Verkehrs maßgebend. Der 
kehr ist der zuverlässigste Gradmesser für die 
wicklung des Wirtschaftslebens. Lebhafter 
kehr bedeutet blühende Wirtschaft und der 
rtschaft zu dienen ist die Aufgabe der 
hu. Dem Kolonialpolitiker ist es lieber, eine 
hn hat 1 Million Tonnen Güterverkehr und 
st nur 1 v. H. Rente ab, als daß sie mit 
000 Tonnen 4 v. H. Zinsen erzielt. Was 
unmittelbarer Rente eingebüßt wird, wird 
blich gewonnen an der zunehmenden Entwick- 
8 der Gesamtwirtschaft. Im Anfangsstadium 
er Tätigkeit kann eine Bahn im allgemeinen 
dann gute Rente bringen, wenn sie hohe 
chtätze berechnet. Hohe Frachtsähe aber stehen 
ler Verkehrsentwicklung im Wege. Geschicht- 
erklären sich die hohen Frachtsäze unserer 
onialbahnen leicht und sie hatten auch ihre 
rechtigung. Denn die Kolonialverwaltung konnte 
h vor wenigen Jahren nur dann auf die Ge- 
migung neuer Bahnen rechnen, wenn die 
irn den Nachweis einigermaßen befriedigender 
mahmen brachten. Dieses Ziel war für den 
henblick nur mit hohen Frachtsätzen zu erreichen. 
an die natürliche Entwicklung des Verkehrs ist 
1 allmähliche und erfordert Zeit. Die fortge- 
Uene kolonialpolitische Erkenmtnis unserer Tage 
ucht, glaube ich, solche Krücken nicht mehr; fte 
daß man nicht an ein- und demselben 
de säen und ernten kann. Gewiß, wenn 
Bahnen in die Verkehrereiso iummen, sollen 
üen fie sich selbst tragen, müssen sie Zins- 
* Amortssation und Betrieb decken. Danach 
en wir die Tarife zu stellen. Wie wir nicht 
  
den ersten dünnen, sondern den späteren, ge- 
sättigten Verkehr zum Maßstab nehmen für die 
Wahl der Spurweite und der Schwere des Gleises 
und der Maschinen, so müssen wir es auch von 
vornherein mit den Tarifen halten: wir müssen 
sie zuschneiden nicht für den Betriebsetat der 
Gegenwart, sondern für den der Zukunft. 
Ich glaube, daß ich mit diesem verkehrspoli- 
tischen Bekenntnis die Wünsche der zahlreichen 
Freunde unserer Kolonien treffe; ich bin aber auch 
sicher, daß die Mehrheit des Reichstags, die in 
großzügiger Weise den Bau der afrikanischen 
Bahnen gefördert hat, mit meinen Ausführungen 
einverstanden sein wird. 
* 
Vortrag. 
Unsere Landkarten vom dunklen Erdteil, wie 
er vor 50 Jahren aussah, enthielten ausgedehnte 
weiße Flächen, dagegen so gut wie keine Eisen- 
bahnen. Das ist inzwischen wesentlich anders 
geworden. Die Karte, die den heutigen Besitz- 
stand Afrikas an Eisenbahnen wiedergibt, zeigt, 
daß die weißen Flächen wesentlich eingeschränkt, 
dagegen viele Eisenbahnen, gleichsam die Venen 
und Arterien des Verkehrs in dem Körper von 
Afrika entstanden sind, die ihm frisches Blut meist 
von den Hafenplätzen am Weltmeer aus zuführen 
und das verbrauchte dahin ableiten. Gerade die 
raschen Fortschritte auf dem Gebiete des Eisenbahn- 
baues, der daselbst in den letzten Jahrzehnten ein- 
gesetzt hat, haben nicht wenig dazu beigetragen, daß 
es im dunklen Erdteil lichter zu werden beginnt. 
Seit dem Jahre 1907 hat Afrika mit dem Umfang 
seines Bahnnetzes Australien Überflügelt und 
Ende 1910 mit 36 850 km ungefähr den Staats- 
bahnbesiy Preußens vom Jahre 1909 erreicht. 
Vergleicht man allerdings die Karte von Afrika 
mit einer in gleichem Maßstabe gezeichneten Eisen- 
bahnkarte, beispielsweise des östlichen Teils der 
preußischen Monarchie, der verhälmismäßig am 
schwächsten mit Eisenbahnen ausgestattet ist, so“ 
tritt der ungeheure Abstand zwischen Afrika und 
Mitteleuropa, insbesondere Deutschland, in Bezug 
auf den Eisenbahnbestand klar vor Augen. Hier 
eine mit einem dichten Gewebe von Eisenbahnen 
überzogene Fläche, dort vereinzelte Linien, die 
sich erst allmählich zu einem Bahnnetz zusammen- 
zuschließen beginnen. 
Großbritannien. 
Bei der Erschliehbung Afrilas durch Ei 
bahnen hat sich durch tatkrästiges Vorgehen 
Großbritannien den L5wenanteil gesichert. Im 
Nordosten, in Unterägypten, wurde die erste Bahn 
von der ägyptischen Regierung mit englischer
	        
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