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Die landwirtschaftliche Schule in Vikhtoria.
Über die Entwicklung der Schule im
zweiten Schuljahr berichtet die Kaiserliche
Versuchsanstalt für Landeskultur in Vik—
toria folgendes:
Das zweite Schuljahr begann am 1. Oktober
1911. Zu dem zweiten Jahrgang (Oberklasse)
mit 18 Schülern trat der neue Jahrgang (Mittel-
klasse) mit 22 Schülern, so daß die Gesamtzahl
der Schüler 40 betrug.
I. Oberklasse: Im Laufe des Jahres wur-
den 6 Schüler den Stationen im Hinterland zu-
geteilt, und zwar wurden an die landwirtschaft-
lichen Versuchsstationen Kuti und Garna-Pittoa
und an die Station Jabassi je 2 Schüler
geschickt.
Vorbildung: Von den 18 Schülern waren
7 Zöglinge der katholischen Mission Marienberg,
1 war Zögling der Baseler Mission in Buca,
10 hatten die Regierungsschule in WMiktoria besucht.
Heimat: 11 Schüler stammten aus dem
Viktoriabezirk, 1 aus Duala, 6 aus dem Edea-
bezirk.
Der Gesundheitszustand der Oberklasse
war gut; erustliche Erkrankungen kamen nicht vor,
Futßgeschwüre traten sehr wenig auf.
II. Mittelklasse: Die Mittelklasse begann
mit 22 Schülern das Schuljahr. 3 Schüler
sind im Verlauf des Schuljahres ausgeschieden.
7 Schüler mußten wegen durchaus ungenügender
Vorbildung wieder entlassen werden, da sie dem
Unterricht noch nicht zu folgen vermochten. Mit-
hin betrug die Schülerzahl der Mittelklasse 12.
Vorbildung: Von den 12 Schülern waren
2 Zöglinge der katholischen Mission in Marien-
berg, 3 Zöglinge der Baseler Mission in Buca,
6 hatten die Regierungsschule in Vifktoria besucht,
1 Jannde war in Deutschland und besuchte noch
die Regierungsschule in Duala.
Heimat: Aus dem Viktoriabezirk stammen 6,
Duala 2, aus Edea 3, aus Jannde 1 Schüler.
Der Gesundheitszusta nd war weniger gut;
es traten einige Fälle von Lungenentzündung auf,
mehrere Schüler hatten Tropen-Bubonen und sehr
viele zum Teil Hospitalbehandlung erfordernde
Fußgeschwüre.
Die Schüler beider Klossen wohnen in einem
gemeinsamen Raum. Die Ausrüstung und Ver-
uns
pflegung ist die gleiche wie im ersten Jahre ge-
wesen. Das Betragen der Schüler hat im großen
und ganzen befriedigt, so daß ernstere Bestrafungen
nicht erforderlich waren. Auch untereinander sind
Streitigkeiten und Unzuträglichkeiten nicht vorge-
kommen. Die Erteilung des theoretischen Unter-
richts, täglich 1 Stunde, war die gleiche wie im
Vorjahre, sie wurde ausgeführt von dem Garten-
inspektor Deistel (Spezialkulturen und Anlage
von Farmen) und dem Gartentechniker Zahn
(Vermehrung und Anlage von Saatbeeten).
Die praktischen Arbeiten bestanden in der
Anlage von Saatbeeten, Samen= und Pflanzen=
kunde, Kakavernte und Aufbereitung, Pflege eines
Gemüsegartens, sowie Teilnahme an den Arbeiten,
die die Unterhaltung des Versuchsgartens täglich
erfordert.
Auch im verflossenen Jahre nahmen die Schüler
dreimal wöchentlich je 2 Stunden an dem Fort-
bildungsunterricht in Deutsch, Rechnen und Geo-
graphie teil. Die Leistungen namentlich der Ober-
klasse waren nach Mitteilung des Regierungslehrers
im großen und ganzen zufriedenstellend. Die
Ferien fielen mit denen der Regierungsschule zu-
sammen.
Was die erzielten Erfolge anbetrifft, so darf
gesagt werden, daß die Oberklasse den Erwartungen
entsprochen hat, was auch darous hervorgeht, daß
die Schüler, die den landwirtschaftlichen Stationen
des Inlandes zugeteilt wurden, sich dort sehr gut
bewährt haben.
Weniger befriedigend sind bisher noch die
Leistungen der Mittelklasse gewesen, die an Interesse
und Kenmtnissen hinter der Oberklasse zurücksteht.
Es ist aber zu hoffen, daß auch diese Klasse in
ihrem zweiten Schuljahr eine befriedigende Ent-
wicklung nehmen wird. Ein Grund für die
weniger günstigen Erfolge mag darin zu suchen
sein, daß die Vorbildung nicht bei allen Schülern
genügend war. Auch muß unbedingt darauf ge-
achtet werden, daß sich zur Aufnahme meldende
Schüler der deutschen Sprache mächtig sind; sonst
wird es ihnen unmöglich, dem Unterricht zu folgen,
und dann kann Interesse für den theorctischen
Unterricht nicht erwartet werden, auch dann nicht,
wenn die Schüler sich für praktische Arbeiten wohl
eignen würden.