W 677 20
der Feldwebel Siewertsen, durch einen Schuß
schwer verwundet, zum Opfer fiel.
Schon im Herbst 1912 kam es zu schweren
Ausschreitungen der Pangwes gegenüber den
Franzosen. In Ekododo wurde auf den Ad-
ministrator geschossen; am unteren Enduja wurde
ein Kaufmann ausgeraubt und an einen Baum
gebunden. An demselben Fluß gegenüber Ngum-
angum fand ein Gefecht statt, bei dem zwei Fran-
zosen verwundet wurden.
Das gleiche feindselige Verhalten zeigten die
Eingeborenen von Anfang an auch der dort tätigen
deutschen Grenzerpedition gegenüber. Insbeson-
dere belästigten sie und überfielen mehrfach Kara-
wanen, die auf der von Ekododo in das Innere
führenden Straße den Grenzexpeditionen die Post-
und Verpflegungsnachschübe zuführten. Schließlich
raubten sie eine Post, wobei ihnen neben der
Brief= und Paketpost eine Geldkiste mit eiwa
400 M Nickelgeld in die Hände fiel.
Zur Wiederherstellung der Ordnung begab
sich Major Zimmermann, der Oberleiter der
Grenzexpeditionen im Süden, am 14. April in
das Unruhengebiet. Über die Ursachen der Unruhen
und die zu ihrer Beseitigung getroffenen Maß-
nahmen liegt von ihm ein Bericht vom 2. Mai
vor, dem folgendes zu entnehmen ist:
Meinen anfänglichen Verdacht, daß übergriffe
der auf der langen Etappe verstreuten farbigen
Soldaten schuld an dem feindseligen Verhalten
der Eingeborenen seien, mußte ich auf Grund der
Meldung des Hauptmanns Abel, der u. a. die
Etappe von Abenelang bis Atogndama un-
vermutet durch den Feldwebel Seifert hatte
kontrollieren lassen, auf Grund der von mir selbst
angestellten Nachfragen und angesichts der Tat-
sache aufgeben, daß die Feindseligkeiten fast aus-
schließlich von den seitlich der Etappenstraße
sitzenden Eingeborenen begangen wurden. Der
tiefere Grund der feindlichen Haltung wird viel-
mehr in der ausgesprochenen Abneigung dieser
Pangwe-Stämme gegen den Weißen überhaupt
gefunden werden müssen. Auch die Franzosen
hatten bis in die jüngste Zeit fortwährend zu
kämpfen. Ihr rücksichtsloses Durchgreisen stand
im schroffen Gegensatz zu der von uns geübten
Nachsicht und Geduld. Es kam hinzu, daß unsere
Grenzarbeiten nicht nur in bisher von Europäern
nie betretene Gegenden führten, sondern daß das
französische Begleitkommando — durch den Rück-
halt der in unmittelbarer Nähe der Grenzarbeiten
stehenden Postierungen von Medegue (80 Sene-
galesen), Omvan, Esson und Mitzig (je 30
bis 50 Senegalesen) — in den Augen der Ein-
geborenen eine ganz andere Bedeutung gewann,
als unsere den einzelnen Arbeitsgruppen zuge-
teilten und auf der langen Etappe verzettelten
60 farbigen Soldaten. Die nach Feststellung der
Expedition und des Verwaltungsleiters von Muni
allerorts erfolgte Verhetzung der Eingeborenen
gegen uns im Verein mit unserer Geduld und
ihrer zunehmenden Begehrlichkeit nach dem Inhalt
unserer zahlreichen Lasten tat das ÜUbrige, um
von den bisherigen Drohungen, zunächst gegen
die farbigen Soldaten und Träger, zu Tätlich-
keiten überzugehen. Als letztere auch vor dem
Weißen nicht mehr Halt machten und den Nach-
schub der Expedition sowie den Fortschritt der
Arbeiten überhaupt in Frage stellten, mußte ein-
geschritten werden.
Den Antrag des Expeditionsführers Süd I,
Hauptmanns Abel, zum Einschreiten gegen die
Schuldigen erhielt ich auf dem Marsch zu einer
verabredeten Besprechung in Ebibilen mit der
französischen Parallelexpedition am 14. April in
Djuetibi (Sojatibi). Eine Stunde später brach
ich nach Afarensok auf, von wo ich den Vize-
feldwebel Siewertsen mit 29 farbigen Soldaten
in das Unruhengebiet entsandte. Ich selbst ging
mit 10 farbigen Soldaten nach Anguma, um
am folgenden Tag zu der erwähnten Besprechung
in Ebibilen zu sein. Die hier zur Sprache
gekommenen Fragen ließen mir einen mündlichen
Vortrag in Buea so erwünscht erscheinen, daß ich
am 18. April nach Ekododo aufbrach, um den
von dort am 6. Mai abgehenden Regierungs-
dampfer zu benutzen.
ch hatte am 18. April mittags Ndong er-
reicht und eben Lager bezogen, als ich Meldung
von einem Gefecht und von der schweren Ver-
wundung des Vizefeldwebels Siewertsen bei
den von Efaks bewohnten Ortschaften Djebe und
Mfu erhielt.
Die rasche Aufeinanderfolge der letzten Feind-
seligkeiten ließen bei den dürftigen Nachrichten
über den Umfang des Unruhengebiets und die
Stärke des Feindes die Lage so ernst erscheinen,
daß ich Hauptmann Abel Befehl sandte, mir alle
verfügbaren Mannschaften, unter eigener oder
unter Führung des Feldwebels Seifert, nach
Etän zu senden, sowie den Leiter der französischen
Grenzexpedition zu veranlassen, die wiederholt ge-
meldete Nährung der Unruhen durch die Leute
aus den französischen Binguilngue zu ver-
hindern. Um nach solcher Schwächung unserer
Begleitkommandos in dem bislang ruhigen Abanga-
Ostgebiet Truppen zu zeigen und um — im
Hinblick auf ein früheres Zusammengehen der
Ojeks in ansehnlicher Stärke (400 Gewehre) —
für alle Fälle gerüstet zu sein, schickte ich an die
Ojem-Kompagnie die Aufforderung, mit Maschinen-
gewehr in Eilmärschen über Afarensok nach
Etän-Etom zu rücken.