Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

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stieß ab und zu ein Tänzer ganz schnell einen 
Schwall von Worten aus, nach Angabe des Dol- 
metschers Ruhmesreden über seine früheren und 
künftigen Heldentaten und über seine Rinder. 
Die Tänzer hatten um den Leib ausnahmslos 
Leoparden= oder Servalfelle geschlungen, unter 
denen der dunkle, in Fransen bis über die Knie 
herabfallende Rindenstoff hervorsah. Als Kopf- 
schmuck diente vielfach ein Kranz aus hervor- 
stehenden Schafhaaren, die von weitem ährlich 
wirkten wie die Kolobushaare bei den Tänzern 
Msingas. 
Nach Beendigung der Tänze fanden Be- 
sprechungen mit einigen der Sultane statt, die 
durch Vermittlung eines Dolmetschers geführt 
werden mußten, da keiner von ihnen des Kisuaheli 
mächtig war. Ich hatte den Eindruck, daß Da- 
rugera wie auch einige der anderen Sultane 
sehr intelligente, ihren Vorteil wahrnehmende 
Leute sind, die besonders auf Vermehrung ihres 
Land= und Wiehbesitzes bedacht sind, wie sich 
unter anderem bei Erörterung eines Grenzstreites 
mit Ruanda zeigte. 
Nach Besichtigung der Missionsstation Kaninja 
der Weißen Väter, die in Urundi gleichfalls gute 
Erfolge aufzuweisen haben, ging die Reise weiter 
in ungefähr östlicher Richtung durch den nord- 
östlichen Teil von Urundi. Das Land ist durch- 
weg Hügelland von einer durchschnittlichen Höhe 
von 1500 m. Einige der durchwanderten Gebiete 
waren sehr dicht bevölkert. Soweit das Auge 
reichte, waren Bananen-Pflanzungen, Felder der 
Eingeborenen und in deren Mitte niedrige Gras- 
hütten sichtbar, dazwischen Weideflächen, aller- 
dings ohne Vieh darauf. Offenbar war dieses 
von den mißtrauischen Eingeborenen weggetrieben 
worden, um es unseren Augen zu entziehen. 
Während die etwa in der Mitte des durchzogenen 
Landes gelegenen Teile Urundis schätzungsweise 
eine ebenso starke Bevölkerung aufweisen wie die 
meisten in Ruanda durchzogenen Strecken, nimmt 
die Bevölkerung nach beiden Grenzen zu — so- 
wohl nach dem Akanjaru wie nach dem Ru- 
wuwu — bedeutend ab. Es finden sich aus- 
gedehnte, mit niedrigem Busch bestandene Strecken, 
die nur hie und da von Eingeborenenansiedlungen 
mit Feldern und Bananen-Pflanzungen sowie 
von freien Grasstrecken unterbrochen werden. Nach 
Angaben des stellvertretenden Residenten, die durch 
Mitteilungen der katholischen Missionare bestätigt 
wurden, sind die Strecken nahe der Ruandagrenze 
am Akanjaru früher noch weit menschenleerer 
gewesen. Erst in den letzten Jahren macht sich 
ein stetiger Zuzug dorthin aus anderen Teilen 
Urundis bemerkbar. 
Am 18. März wurde der Ruwumu bei 
Busoro erreicht, wo der Resident von Bukoba, 
  
Hauptmann v. Stuemer, uns erwartete, zu dessen 
Bezirk die nun zu durchwandernden Gebiete 
wieder gehörten. Der Ruwuwu bildet an der er- 
reichten Stelle ein etwa 600 bis 1000 m breites 
Tal, von dem auf beiden Seiten die Berge 100 
bis 150 m hoch ansteigen. Der Fluß wird von 
Sumpfland umgeben, auf dem Gras und Schilf 
wächst, unterbrochen von Baumgruppen; nur ab 
und zu finden sich Strecken von Papyrussumpf. 
Am 19. März wurde der Ruwuwu mit Hilfe von 
Eingeboreneneinbäumen überschritten. Krokodile 
sind hier wie im Kagera und dessen übrigen Zu- 
flüssen sehr häusig. Um das in der Luftlinie nur 
etwa 8 km entfernte Kageraknie zu erreichen, 
bedurfte es eines vierstündigen Marsches über die 
das Sumpfgebiet des Flusses umgebenden Hügel. 
Im Lager etwas flußabwärts vom Kageraknie 
fanden wir drei zur Erkundung der künftigen 
Bahnstrecke hier befindliche Ingenieure vor. 
Wir befuhren auf Einbäumen den Kagera bis 
zum Knie selbst. Die Stromverhältnisse erscheinen 
recht günstig. Der Ruwuwu, der übrigens den 
Eindruck des größeren der beiden Flüsse macht, 
hat eine Breite von etwa 40 m; der Njawa- 
rongo, der von Westen nach Osten und dann, 
nach dem Zusammenfluß mit dem vom Süden 
kommenden Ruwumu, fast im rechten Winkel nach 
Norden fließt, hat gleichfalls eine Breite von 
etwa 40 m. Der durch den Zusammenfluß beider 
gebildete Kagera ist hier etwa 60 m breit. Die 
Strömung ist nicht so stark, daß sie der Schiff- 
fahrt Hindernisse bieten würde. Bis zu dem 
Durchbruch des Kagera an den Wasserfällen ist 
für die Schaffung von Landungsanlagen und zur 
Sicherung der Schiffahrt eine hinreichend lange 
Flußstrecke vorhanden. Am Fluß gibt es zahl- 
reiche Moskitos, jedoch, soweit festgestellt werden 
konnte, ausschließlich von den nicht malaria-über- 
tragenden Arten, während in dem auf den An- 
höhen wenige Minuten oberhalb gelegenen Lager 
sich nur wenige Stechmücken bemerkbar machten. 
In dem Wasserfalle des Kagera, zu dem man 
aus dem Lager auf einem neu durchgeschlagenen 
Weg in wenigen Minuten gelangte, stürzen die 
beträchtlichen Wassermassen des Kagera (nach Be- 
rechnung der Ingenieure etwa 200 chm pro Se- 
kunde) schätzungsweise etwa 15 bis 20 m hoch in 
zwei durch eine Insel getrennten Teilen herab. 
Der breitere Teil mag etwa 30 m, der schmalere 
etwa 10 m breit sein. Das Bild der zwischen 
den bewaldeten Hügeln herabfallenden Wasser- 
massen ist von großer landschaftlicher Schönheit. 
Unterhalb des Wasserfalles bildet der Fluß eine 
seeähnliche Ausbuchtung, um alsdann in einigen 
gleichfalls imposanten Schnellen den Durchbruch 
durch die hier den Fluß einengenden Hügel zu 
vollenden. Um die landschaftliche Schönheit zu 
3°
	        
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