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stieß ab und zu ein Tänzer ganz schnell einen
Schwall von Worten aus, nach Angabe des Dol-
metschers Ruhmesreden über seine früheren und
künftigen Heldentaten und über seine Rinder.
Die Tänzer hatten um den Leib ausnahmslos
Leoparden= oder Servalfelle geschlungen, unter
denen der dunkle, in Fransen bis über die Knie
herabfallende Rindenstoff hervorsah. Als Kopf-
schmuck diente vielfach ein Kranz aus hervor-
stehenden Schafhaaren, die von weitem ährlich
wirkten wie die Kolobushaare bei den Tänzern
Msingas.
Nach Beendigung der Tänze fanden Be-
sprechungen mit einigen der Sultane statt, die
durch Vermittlung eines Dolmetschers geführt
werden mußten, da keiner von ihnen des Kisuaheli
mächtig war. Ich hatte den Eindruck, daß Da-
rugera wie auch einige der anderen Sultane
sehr intelligente, ihren Vorteil wahrnehmende
Leute sind, die besonders auf Vermehrung ihres
Land= und Wiehbesitzes bedacht sind, wie sich
unter anderem bei Erörterung eines Grenzstreites
mit Ruanda zeigte.
Nach Besichtigung der Missionsstation Kaninja
der Weißen Väter, die in Urundi gleichfalls gute
Erfolge aufzuweisen haben, ging die Reise weiter
in ungefähr östlicher Richtung durch den nord-
östlichen Teil von Urundi. Das Land ist durch-
weg Hügelland von einer durchschnittlichen Höhe
von 1500 m. Einige der durchwanderten Gebiete
waren sehr dicht bevölkert. Soweit das Auge
reichte, waren Bananen-Pflanzungen, Felder der
Eingeborenen und in deren Mitte niedrige Gras-
hütten sichtbar, dazwischen Weideflächen, aller-
dings ohne Vieh darauf. Offenbar war dieses
von den mißtrauischen Eingeborenen weggetrieben
worden, um es unseren Augen zu entziehen.
Während die etwa in der Mitte des durchzogenen
Landes gelegenen Teile Urundis schätzungsweise
eine ebenso starke Bevölkerung aufweisen wie die
meisten in Ruanda durchzogenen Strecken, nimmt
die Bevölkerung nach beiden Grenzen zu — so-
wohl nach dem Akanjaru wie nach dem Ru-
wuwu — bedeutend ab. Es finden sich aus-
gedehnte, mit niedrigem Busch bestandene Strecken,
die nur hie und da von Eingeborenenansiedlungen
mit Feldern und Bananen-Pflanzungen sowie
von freien Grasstrecken unterbrochen werden. Nach
Angaben des stellvertretenden Residenten, die durch
Mitteilungen der katholischen Missionare bestätigt
wurden, sind die Strecken nahe der Ruandagrenze
am Akanjaru früher noch weit menschenleerer
gewesen. Erst in den letzten Jahren macht sich
ein stetiger Zuzug dorthin aus anderen Teilen
Urundis bemerkbar.
Am 18. März wurde der Ruwumu bei
Busoro erreicht, wo der Resident von Bukoba,
Hauptmann v. Stuemer, uns erwartete, zu dessen
Bezirk die nun zu durchwandernden Gebiete
wieder gehörten. Der Ruwuwu bildet an der er-
reichten Stelle ein etwa 600 bis 1000 m breites
Tal, von dem auf beiden Seiten die Berge 100
bis 150 m hoch ansteigen. Der Fluß wird von
Sumpfland umgeben, auf dem Gras und Schilf
wächst, unterbrochen von Baumgruppen; nur ab
und zu finden sich Strecken von Papyrussumpf.
Am 19. März wurde der Ruwuwu mit Hilfe von
Eingeboreneneinbäumen überschritten. Krokodile
sind hier wie im Kagera und dessen übrigen Zu-
flüssen sehr häusig. Um das in der Luftlinie nur
etwa 8 km entfernte Kageraknie zu erreichen,
bedurfte es eines vierstündigen Marsches über die
das Sumpfgebiet des Flusses umgebenden Hügel.
Im Lager etwas flußabwärts vom Kageraknie
fanden wir drei zur Erkundung der künftigen
Bahnstrecke hier befindliche Ingenieure vor.
Wir befuhren auf Einbäumen den Kagera bis
zum Knie selbst. Die Stromverhältnisse erscheinen
recht günstig. Der Ruwuwu, der übrigens den
Eindruck des größeren der beiden Flüsse macht,
hat eine Breite von etwa 40 m; der Njawa-
rongo, der von Westen nach Osten und dann,
nach dem Zusammenfluß mit dem vom Süden
kommenden Ruwumu, fast im rechten Winkel nach
Norden fließt, hat gleichfalls eine Breite von
etwa 40 m. Der durch den Zusammenfluß beider
gebildete Kagera ist hier etwa 60 m breit. Die
Strömung ist nicht so stark, daß sie der Schiff-
fahrt Hindernisse bieten würde. Bis zu dem
Durchbruch des Kagera an den Wasserfällen ist
für die Schaffung von Landungsanlagen und zur
Sicherung der Schiffahrt eine hinreichend lange
Flußstrecke vorhanden. Am Fluß gibt es zahl-
reiche Moskitos, jedoch, soweit festgestellt werden
konnte, ausschließlich von den nicht malaria-über-
tragenden Arten, während in dem auf den An-
höhen wenige Minuten oberhalb gelegenen Lager
sich nur wenige Stechmücken bemerkbar machten.
In dem Wasserfalle des Kagera, zu dem man
aus dem Lager auf einem neu durchgeschlagenen
Weg in wenigen Minuten gelangte, stürzen die
beträchtlichen Wassermassen des Kagera (nach Be-
rechnung der Ingenieure etwa 200 chm pro Se-
kunde) schätzungsweise etwa 15 bis 20 m hoch in
zwei durch eine Insel getrennten Teilen herab.
Der breitere Teil mag etwa 30 m, der schmalere
etwa 10 m breit sein. Das Bild der zwischen
den bewaldeten Hügeln herabfallenden Wasser-
massen ist von großer landschaftlicher Schönheit.
Unterhalb des Wasserfalles bildet der Fluß eine
seeähnliche Ausbuchtung, um alsdann in einigen
gleichfalls imposanten Schnellen den Durchbruch
durch die hier den Fluß einengenden Hügel zu
vollenden. Um die landschaftliche Schönheit zu
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