W 807 20
In Akurenam, einem größeren Dorf, war
die Aufnahme sehr freundlich. In vielen dieser
Dörfer war vorher noch nie ein Weißer gewesen.
Von Ebomuku bis Nsoro war ein Weißer
der Expedition, wahrscheinlich Oberleutnant Trenck,
marschiert. «
Die Schwierigkeiten begannen hinter Oweng
nach der überschreitung des Komo. In den
Jessuk-Dörfern Ajulmabang und Asogobur
konnte ich die letzten Akurenam-Träger aus-
wechseln. In Nsogobur hieß es, daß die nächsten
Dörfer, Ojerk-Dörfer, uns auflauerten, ebenso
seien die Wege in südöstlicher Richtung gesperrt.
Unser Ziel war Metak, wo wir etwas von
der Grenzexpedition zu erfahren hofften, über die
niemand nähere Auskunft geben konnte. Es hieß
nur, daß sie die große Straße passiert hätte und
weiter vorn wäre. Den Gerüchten von den un-
ruhigen Ojerk-Stämmen legte ich keine allzu
große Bedeutung bei. In Nsogobur konnten
die ausgeregten Träger nur mit Mühe vorwärts
gebracht- werden. Ich schickte den farbigen Feld-
webel Jakibu, einen sehr ruhigen Soldaten, mit
6 Mann zur Sicherung voraus, dann folgten
wir Europäer mit 4 Soldaten, dann die Träger-
karawane mit dem Rest der Soldaten. Jakibu
stieß schon nach ½ Stunde auf die erste sogenannte
Wache, 4 bewaffnete Leute, die in dem voll-
kommen unübersichtlichen, alten Farmland an
dem nur etwa 30 em breiten Weg gedeckt ge-
sessen hatten. Diese Wache war gar nicht zum
Schießen gekommen; sie war offenbar von der
Spitze überrascht worden. Ich ließ sie festnehmen.
Von jetzt ab wurde mit äußerster Vorsicht und
langsam marschiert. Schon nach wenigen Minuten
hörten wir die ersten dumpfen Schüsse der Busch-
gewehre, denen der scharfe Knall der Soldaten-
gewehre folgte. Ein Zweifel über die kriegerische
Absicht der Gegner war nunmehr ausgeschlossen.
Die Spitze war auf die zweite Wache gestoßen.
Die Kampfesweise ist für den Europäer und die
Karawane die denkbar gefährlichste. Im dichten
Farmland schießen diese Wacheleute auf etwa zehn
Schritt und verschwinden, ohne daß man sie zu
Gesicht bekommt. Die Spitze stieß auf eine dritte
und vierte Wache, ehe sie an das Dorf heran-
kam, wobei jedesmal einige Schüsse gewechselt
wurden. Hier fand der Hauptwiderstand statt.
Im Sumpfland, das nur auf wackeligen Stämmen
zu passieren war, lagen die Ojerks gedeckt. Im
Dorf, dessen Eingänge durch schwere Pfähle ver-
rammelt waren, wurde die Kriegstrommel gerührt
und gesungen. Die Gegner schrien, wir dürften
nicht passieren. In den Sumpf fieelen vier
Pangwe des Dorfes Ainsok. Während der
Feldwebel mit der Spitze das Dorf von der Seite
angriff, warteten wir vor dem Dorfe. Der Gegner
flüchtete; wir stiegen den sehr steilen Hang zum
Dorf hinan, zertrümmerten die Balken und
drangen in das Dorf ein, in das die Spitze von
der Seite eingedrungen war. Ich ließ sofort
nach allen Seiten Wachen ausstellen. Nach etwa
20 Minuten kam im strömenden Regen die Träger-
karawane an. Verluste hatten wir nicht gehabt;
einem Soldaten war durch einen Schuß, der aus
dem Dorf abgegeben wurde, ein eckiges Geschoß
durch den Stiefel gegangen und hatte den Fuß
geschrammt. 6
Ich ließ die Umgegend des Dorfes freischlagen,
um Schußfeld zu erhalten und einen überfall der
Gegner zu verhindern. Das für mich hergerichtete
Haus — ich reiste, um Trägerschwierigkeiten zu
vermeiden, ohne Zelt — wurde nach außen durch
Planten und Balken gesichert. Die erbeuteten
Gewehre und ein Faß Pulver wurden vernichtet.
Der Gegner griff nachts nicht an; in der ganzen
Umgebung wurde eifrig die Alarmtrommel gerührt.
Vor dem Abmarsch am nächsten Morgen wurde
das Dorf in Brand gesteckt. Von den Trägern
kannte angeblich nur einer die Gegend und einen
Weg zum Abanga, alle andern behaupteten,
hier nicht bekannt zu sein. So mußten wir uns
schon der Führung dieses einen Trägers anver-
trauen. Wir hofften, Metak in 1 bis 1½ Tagen
zu erreichen, was nach der Karte uns möglich
erschien. Eine genaue Orientierung war aus-
geschlossen. Die vorhandenen Karten sind noch
zu ungenau. Die dort verzeichneten Namen waren
niemandem bekannt. Einen südöstlichen Weg, wie
wir ihn gehen wollten, behauptete der Führer
nicht zu kennen. Wir gedachten in dieser Rich-
tung möglichst bald die Straße Etum—Metak
zu erreichen. So folgten wir dem Führer.
Wenige Minuten hinter dem Dorfe wurde von
der Seite in die Karawane hineingeschossen und
ein etwa 10 m hinter uns gehender Träger am
Rücken verletzt. Der Schuß kann nur aus nächster
Nähe, auf etwa 3 bis 5 m, abgegeben sein: es
war eine etwa drei Finger breite Brandwunde,
die der Träger erlitten hatte und die nur von
dem Feuerstrahl des Gewehrs herrühren konnte.
An der Reislast waren vom Schrot Schußspuren
zu sehen. An dem Versteck des Schützen waren
die Spitze, wir Europäer und einige Träger vor-
beigegangen, ohne den Mann zu entdecken.
Die Pangwe hatten uns vorher schon ge-
sagt, daß die Ojerk die Soldaten vorbeilassen
und dann auf uns schießen würden. Dieser Vor-
fall war der beste Beweis dafür, daß diese War-
nung berechtigt war, gleichzeitig gibt er aber auch
einen Begriff, wie ungeheuer dicht und unüber-
sichtlich das Gelände ist und in welcher ständigen
Gefahr der Europäer schwebt. Es mag nur ein
für uns glücklicher Zufall gewesen sein, daß der
4*