G 942 20
Koamerun.
Übernahme des von Frankreich an Deutschland
abgetretenen Gebletes swischen dem östlichen
éS#gone und dem Uam.
(Mit einer Kartenskizze.)
Nach dem Berner Abkommen vom 28. Sep-
tember 1912 sollten am 1. Juni d. Js. die beiden
letzten Stücke des von Frankreich an Deutsch-
land abgetretenen Gebietes in deutsche Verwaltung
übergehen, nämlich 1. das Gebiet auf dem linken
Ufer des Sanga nördlich und südlich von Ba-
janga, 2. das Gebiet zwischen dem östlichen
Logone und dem Unm.
An demselben Tage sollte der zweite Teil des
von Deutschland an Frankreich abgetreienen
Gebietes zwischen Liumia und Logone von
Frankreich übernommen werden. Die Übernahme
des letzterwähnten Gebietes hat in förmlicher Weise
am 1. Juni in Bongor stattgefunden; an dem
gleichen Tage ist in Bajanga das zugehörige
Gebiet deutscherseits in förmlicher Verhandlung
übernommen worden.)
Das Gebiet zwischen dem östlichen Logone
und dem Uam, in dem kein französischer Posten
lag, sollte nach einer Vereinbarung zwischen den
zuständigen Gouverneuren formlos übergehen.
Oberleutnant v. Hagen, der Leiter des Bezirks
Ober-Sanga-Uam, dem der größere Teil des zu-
letzt übergehenden Gebietes unterstellt wurde, hat
nun dies Gebiet in der Zeit vom 9. bis zum
19. Juni bereist. Er berichtet darüber folgender-
maßen:
Am 9. Juni marschierte ich mit Leutnant
Naumann, 36 Soldaten, wenigen Trägern und
Soldatenjungen vom Posten Bosum nach Norden
ab, um das Deutschland am 1. Juni 1913 ab-
getretene Gebiet zu übernehmen. Den Ein-
geborenen bei Bosum war es kaum bekannt.
Sie kannten lediglich die mitten durch das Gebiet
führende Viehstraße, auf der Bagirmi und Schua-
Araber von Lai aus Großvieh einführen. Sollte
schon diese trotz vieler Kämpfe der Franzosen,
Errichtung von Posten in Gore, Lia und Bosum
nicht ganz sicher sein, so sollte jeden, der die
Straße verließ, das Schicksal erreichen, getötet
und aufgefressen zu werden. Bestätigt wurden
diese Angaben allerdings dadurch, daß am 6. Juni
die Kolonne des Dr. Houy der Logone—Pama-=
Grenzexpedition beim Requirieren von Lebens-
mitteln von Leuten aus Ssenge angefallen
wurde, wobei drei Träger fielen. Den Weiter-
marsch der Kolonne legten sich die Ssenge-Leute
als Sieg aus und wollten nun, kühn gemacht,
) Vgl. „D. Kol. Bl.= 1913, Nr. 18, S. 806.
die Leute von Tari überfallen. Deren Häupt-
ling Maede wandte sich um Hilfe an mich. Da
die Ssenge-Leute im Mai — allerdings noch
unter französischer Herrschaft — auch Vieh-
karawanen überfallen hatten, wofür sie noch nicht
bestraft worden waren, schien es höchste Zeit, fie
zu bestrafen. Bot sich doch hierdurch die Ge-
legenheit, sogleich bei der Ubernahme des Landes
den Eingeborenen zu zeigen, daß in deutschem
Gebiet Raub und Mord nicht geduldet würden.
Nach anderthalbstündigem Marsche erreichten
wir den Uam, der sich in vielen Windungen
durch felsiges Bett seinen Lauf gegraben hat. Er
war trotz der in diesem Jahre ausnehmend großen
Trockenheit noch etwa 2 m tief. Wir setzten auf
einem Fährboot der Compagnie commerciale de
colonisation du Congo Français über, das diese
zerlegt über Land hatte herschaffen lassen. Vor
uns lag eine weite Ebene, eine grünende Baum-
steppe, deren Abschluß im Westen und Norden in
etwa 20 km Entfernung eine steil aus der Ebene
emporsteigende Gebirgsmasse von 300 bis 400 m
rel. Höhe bildete.
Ülber mehrere Bachläufe, von denen nur zwei
stagnierendes Wasser führten, näherten wir uns
dem Gebirge, wobei wir zahlreiche Herden von
Sumpfböcken aufscheuchten. Der alluviale Boden
war sandig, mit nur geringer Humusdecke. Late-
ritische Bildungen, wie südlich des Uam die
Regel, waren nicht vorhanden, doch treten einzelne
Bänke von Feldspat zutage. Der Boden war
fruchtbar genug, um selbst Durrakorn zu reifen;
von Farmen oder Siedlungen war jedoch nichts
zu sehen. Der Kampf ums Dasein bannte die
Bewohner in die Berge. Hatten doch hierher
noch zu einer Zeit, als das Gebiet nominell schon
französisch war, Fulbe aus Ngaundere und Rei
Buba, Mbum aus Kunde ihre Sklavenzüge
gemacht.
Als wir uns dem Gebirge näherten, konnten
wir dessen eigentümliche Beschaffenheit erkennen.
Es ist keine zusammenhängende Gebirgskette, son-
dern ein unregelmäßiges Gebilde steil aufragender
Einzelberge, zwischen denen sich tief eingeschnittene
Schluchten hindurchziehen. Steil mit teilweise
senkrechten, sogar überhängenden Wänden steigt
der einzelne Berg 200 bis 300 m hinan. Be-
deckt ihn in seinem unteren Teile noch Erde, so
bildet den Gipfel eine regellos aufeinandergetürmte
Masse von Granitblöcken, deren einzelne oft 100 m
Mächtigkeit besitzen. Es scheint, als ob im Laufe
der Zeiten die Niederschläge von den Gipfeln
die deckende Erde weggewaschen und sich dann
die zurückbleibenden schweren Gesteinsmassen ge-
setzt haben, wo sie nun, in den merkwürdigsten