Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

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größeren Teile des in Betracht kommenden Gebiets 
die fließenden Gewässer, daher muß eine Wasser- 
erschließung vorausgehen. Der Weidebedarf wird hier 
aber niedrig sein, für weite Strecken sicherlich nicht 
mehr als ½¼ ha pro Schaf, so daß auf derselben Fläche, 
welche in Südwest für ein Tier gebraucht wird, hier 
12 bis 16 Tiere ernährt werden können. 
Eine gewisse Höhenlage ist in den Tropen für 
die Wollschafzucht noiwendig, man sollte sich deshalb 
vorläufig auf die Gegenden von mindestens 1500 m 
Meereshöhe beschränken. Auf dem deutschen Gebiete 
liegt der ostafrikanische Graben unter 1500 m, daher 
ist weniger er selbst als vielmehr das sich unmittelbar 
westlich von ihm ausdehnende Hochland für die Woll- 
schafzucht geeignet, nämlich die Landschaften Ndasse- 
era, Serengetisteppe, Ngorongoro, Engotiek. 
Dazu kommt östlich des Grabens das Gebiet, welches 
sich vom Meruberge nordwärts bis zur Landesgrenze 
erstreckt. Sicherlich werden auch im Süden, nämlich 
im Bezirke Iringa und den angrenzenden Teilen von 
angenburg und Ssongea, umsfsangreiche Gebiete 
  
der Wollschafzucht oder wenigstens der Karakulschaf- 
zucht erschlossen werden können. 
       
   
    
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In Britisch-Ostafrika hatte die Gesamtproduktion 
an Wolle für das Jahr vom 1. April 1910 bis dahin 
1911 einen Wert von 169 000 r/4 war also mehr als 
doppelt so hoch wie diejenige von Deutsch-Südwest- 
afrika. Sie zeigt uns, daß die Schafzucht hier trotz 
anfänglicher Schwierigkeiten im frischen Aufblühen be- 
griffen ist, und daß das Schaf bei genügender Höhen- 
lage selbst in einem unmittelbar unter dem Aguator 
gelegenen Lande gute und reichliche Wolle produziert. 
Als mittlere Wollerträge bei jährlicher Schur 
konnte ich pro Schaf ermitteln: bei Halbblut-Merino 
lnapp 2 engl. Pfund, bei Dreiviertelblut 4,5 Pfund, 
bei Siebenachtelblut 5,5 Pfund und bei reinblütigen 
Merinos 8 Pfund Schweißwolle. Nach mündlichen 
Mitteilungen der Farmer wurde im Durchschnitt größerer 
Posten die Wolle von Halbblut-Merinos in London 
mit 65 bis 73 Pfennig pro Kilogramm und die Wolle 
von dreiviertelblütigen Tieren schon mit 112 bis 
150 Pfennig pro Kilogramm bewertet, so daß die 
letztere schon den Versand lohnt. 
Ich meine, daß die Wollschafzucht und Wollproduk- 
tion in unseren Kolonien dieselbe Beachtung und dieselbe 
Förderung verdient wie die Baumwollproduktion. Die 
Grundlagen sind wenigsteus in Südwestafrika schon da, 
die Aussichten sind gut; nur ein fester Wille und einige 
Jahrzehnte zielbewußter Arbeit sind nötig, um die Woll- 
schafzucht in Südwest= und Ostafrika zur Entfaltung zu 
ringen 
  
* * 
1* 
  
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Beschlüsse gefaßt: 
1. Im Interesse der Beteiligung des heimischen 
deutschen Kapitals eine Denkschrift über Wollschaf“ 
zucht herauszugeben, welche Berichte über den 
heutigen Stand der Wollschafzucht in Südwest" 
afrika und als Ergängung weitere Berichte über 
dic bereits entwickelten Wollschafländer Südafrika, 
Australien und Argentinien enthält. 
4 Eine besondere Kommission einzusetzen, welche 
dauernd die Frage der Förderung der Wollschaf- 
zucht in den Kolonien bearbeitet. 
Im Anschluß an die Referate wurden die folgenden 
* 
Zur Bodenkreditfrage in Deutsch-Ostafrika. 
Zur Bodenkreditfrage in Deutsch-Ostafrika 
teilte Instizrat I)r. Rhode u. a. folgendes mit: 
Bei Erörterung der Frage, in welcher Weise sich 
der Bodenkredit für Deutsch-Ostafrika organisieren 
läßt, wird davon auszugehen sein, daß auch hier 
ebenso wie in Deutsch-Südwestafrika die Trennung 
zwischen städtischem und ländlichem Kredit durchgeführt 
werden muß. Der städtische Bodenkredit findet wirt- 
schaftliche Verhältnisse vor, die im wesentlichen Ab- 
weichungen von den in Deutschland zur Anwendung 
gelangenden Grundsätzen nicht bedingen. Für 
Kreditgewährung kommen nur bebaute Grundstücke 
in solchen Ortschaften in Betracht, die bereits eine 
gewisse Entwicklung durchgemacht haben und die dur 
ihre Verkehrslage die Gewähr für einen dauernden 
Bestand bieten. Das wirtschaftliche Leben in diesen 
Ortschaften zeigt im allgemeinen eine aufsteigende 
enden 
  
In Südwestafrika ist mit der städtischen Hyp#“ 
thekenbank in erfolgreicher Weise der Betrieb einer 
Revisions= und Treuhandabteilung verbunden worden- 
Ein solches Nebengeschäft würde sich auch einem 
städtischen Hypotheken-Institut in Deutsch-Ostafrika 
angliedern lassen, und es ist anzunehmen, daß die 
Tätigkeit dieser Abteilung der Gesellschaft in nicht ur- 
erheblichem Maße in Anspruch genommen werden wird- 
Weit schwieriger als für den städtischen Boden, 
kredit liegen, wie dies auch in gewissem Umfange für 
Deutsch-Südwestafrika der Fall ist, die Verhältnise 
für den landwirtschaftlichen Bodenkredit in Deutich' 
Östafrika. . 
Das Wesen des Bodenkredits besteht darin, daß 
der objektive Wert des zu beleihenden Objektes für 
die Kreditgewährung maßgebend ist. Der Beleihunge“ 
gegenstand muß im wesentlichen seinen Wert behalten, 
auch wenn die Arbeit des Eigentümers ausgeschalm 
ist und Werte durch die menschliche Tätigkeit auf dem 
Grundstück zeitweise nicht geschaffen werden. » 
landwirtschaftliche Betrieb in Deutsch-Süd 
westafrika erstreckt sich in der Hauptsache auf die Vieb 
wirtschaft. Die landwirtschaftlichen Flächen werdel. 
zum großen Teil nicht durch menschliche Arbeit bestelll, 
das Vieh weidet das Land ab, und die Natur sort, 
von selbst dafür, daß von Jahr zu Jahr die futten 
gebenden Pflangen neu wachsen. Bleibt daher ein 
Farm infolge des Vermögensverfalles ihres Besitzere 
zeitweise unbewirtschaftet, so können doch die Produlte 
der Landwirtschaft, also das Vieh, ohne Schwieric, 
keiten nach anderen Plätzen verbracht werden, zu 
das Stilliegen des Betriebes bringt, wenn Lez.W 
wüstungen der Anlagen vorgebeugt werden, verhältnen 
mäßig nur geringere Wertminderung mit sich. Sowe- 
Meliorationen, wie Einzäunungen, Brunnen und den 
gleichen, geschaffen sind, behalten auch diese ibelt 
Wert, und es bedarf in der Regel nur geringer Au 
wendungen, um sie vor einem Verfall zu schützen. 
  
 
	        
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