Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

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durchdringlichen Gebüsch eingefaßt, weiter land- 
einwärts sieht man fast ausschließlich die auf hohen 
Luftwurzeln stehenden Bäume. An festen Punkten, 
das heißt an den wenigen Stellen, die auch zur 
Regenzeit trocken bleiben, herrschen große Laub- 
bäume vor. Bei meiner Abfahrt war das Wasser 
so gefallen, daß vielfach Sandbänke, teils mit 
Gras bewachsen, teils kahl zutage traten. Bei 
meiner Rückkehr Ende April war der Karagua so 
sehr gestiegen, daß von diesen Sandbänken keine 
Spur mehr vorhanden war. 
Die meisten Zuflüsse empfängt der Karagua 
von rechts, von Westen her. Einige dieser Neben- 
flüsse übertreffen ihn selbst an Breite, so daß man 
auf der Fahrt zum Iwindo in Versuchung kommen 
konnte, einen dieser Nebenflüsse als den Iwindo 
anzusehen und hier abzubiegen. Nur der Umstand 
hat mich davon zurückgehalten, daß ich der frau- 
zösischen Karte nach ein ungefähres Bild von der 
Einmündungsstelle des Karagua in den Iwindo 
im Gedächtnis behalten hatte. Hiernach mußte 
unterhalb dieser Stelle am linken Iwindo-Ufer 
ein ansehnlicher Höhenzug liegen. Als ich am 
dritten Tage vormittags die Einmündungsstelle 
erreichte, war — abgesehen von der riesigen 
Wasserfläche, von der bedentend stärkeren Strö- 
mung und der mehr lehmigklaren als rostbraun- 
morastigen Wasserfarbe, wie sie der Karagua hat, 
— gerade der Höhenzug am Zusammenfluß beider 
Ströme ausschlaggebend für die Feststellung, daß 
der Iwindo erreicht war. 
Unter großen Anstrengungen kamen die Kanus 
mit einer Geschwindigkeit von nur 40 m in der 
Minute vorwärts. Erst nach anderthalb Stunden 
war die sehr kurze Strecke bis Mwinec, einem 
verlassenen Fang-Dorfe, auf kleiner Anhöhe wie 
Ngarabinsam, mit ehemaliger Ngoko-Ssanga- 
Faktorei, zurückgelegt. Letztere ist bis jetzt noch 
unbeschädigt. Sie dient meist den von französi- 
schem Gebiet herüberkommenden Fangs, die sich 
aus ihren alten Farmen Verpflegung holen wollen, 
als Unterkunft. Das Dorf Mwine ist gänzlich 
verfallen. 
Am 11. April trat ich von Alt-Mwine aus 
den Marsch zu Lande nach Neu-Mwine an. 
In allgemein nördlicher Richtung bergan steigend, 
erreichte ich dieses Dorf, das aus nur zehn ver- 
nachlässigten Hütten besteht, nach ungefähr zwei 
Stunden. Da mein großes Kann vollgepackt zu 
schwer war, um gegen die starke Strömung des 
Iwindo anzukommen, ließ ich mir von dem Häupt- 
ling Edidi von Mwine zwei Kanus geben. Ich 
begab mich zum Kanu-Anlegeplatz der Mwine- 
Leute. Eine Viertelstunde führt der Weg dorthin 
zur Einmündung des Miös in den Iwindo steil 
bergab. Alsdann fuhr ich 1¼ Stunden auf dem 
Iwindo nach Alt-Mwine zurück, darauf mit dem 
  
großen und zwei kleinen Kanus zur Miös-Mün- 
dung nach Neu-Mwine aufwärts. Erst nach vier 
Stunden war der Anlegeplatz erreicht; den bereit- 
stehenden Mwine-Männern und -Weibern wurden 
die Lasten zum Hinaufschaffen ins Dorf übergeben. 
Am 12. vormittags, nachdem meine Ruder- 
mannschaft um sechs Mwine-Leute verstärkt war, 
ging es mit den drei Kanus vorwärts, und zwar 
mit einer Geschwindigkeit von 50 bis 60 m. So 
wurden bei der acht= bis neunstündigen Fahrzeit 
pro Tag ungefähr 25 km zurückgelegt. An den 
ersten Tagen war die Strömung noch sehr stark. 
Als sie in ungefährer Höhe des Dendo-Weges 
schwächer wurde, konnte ich eins der beiden klei- 
neren Kanus entbehren und schickte es mit drei 
Mann nach Mwine zurück. 
Von Alt-Mwine bis zum Dendo-Weg hat der 
Iwindo eine Breite von ungefähr 80 bis 100 m. 
Seine Krümmungen von Osten und wieder nach 
Westen sind zahllos. Oft werden diese Knicke 
hervorgerufen durch kleine Hügel, die eine Höhe 
von ungefsähr 60 bis 80 m erreichen. Während 
zur Zeit niedrigen Wasserstandes kleine Wiesen- 
stücke und Sandbänke das Flußbett umrahmen, 
sind sie, wenn der Wasserspiegel, wie zur Zeit 
meiner Rückfahrt, steigt, unter der Wasseroberfläche 
gänzlich verschwunden. 
Oberhalb des Dendo-Weges biegt der IJwindo 
stark nach Westen aus. Dieser Knick wird durch 
ganz bedeutende Höhenzüge hervorgerufen, die in 
ungefähr ost-westlicher Richtung verlaufen. Auch 
einige Felspartien treten an dieser Stelle schroff 
hervor. Bei meiner Rückkehr bestieg ich einen 
dieser Berge, eine annähernd 250 m hohe Kuppe, 
welche die Form eines spitzen Kegels hatte, und 
nahm von einem hohen Baum aus Fernpeilungen 
vor. Nach allen Seiten hatte ich die weiteste 
Übersicht. In dem dichten Busch hob sich — der 
Fluß selbst war durch diesen Busch der Sicht ent- 
zogen — besonders scharf ein tiefer Einschnitt ab, 
der das Tal des Iwindo vermuten ließ. In der 
Richtung auf den Ort Nemejong am Weg 
Ngarabinsam—lati erhob sich ein Berg neben 
dem anderen. Auch jenseits des Flusses war der 
langgestreckte Kamm eines scharf sich abhebenden 
Berges wahrzunehmen. Ich habe versucht, die 
Kuppen dieser Berglandschaft festzulegen. 
Auffallend ist, daß fast alle Berge und klei- 
neren Höhenzüge auf dem östlichen Iwindo-Ufer 
liegen, während das westliche Flußufer fast in 
seinem ganzen Verlaufe von Alt-Mvwine bis in die 
Gegend von Alati hinauf gänzlich flach ist. 
Erst dicht beim Übergang westlich Alati treten 
die Ausläufer des Jeberges, auf dem das Dor 
Angon liegt, an das Westufer des Iwindo heran. 
Von hier ab wird dann der Fluß zu beiden Seiten
	        
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