Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

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§ 8. Die Ermittelungen sind nach Schluß dem Kompagnieführer des Beschuldigten zu 
übersenden oder zu melden. 
Dieser bestimmt: 
1. ob das Verfahren einzustellen ist, oder 
2. ob die strafbare Handlung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen im Dissziplinar= 
wege geahndet werden soll, oder 
3. ob ein gerichtliches Verfahren anzuordnen ist. 
Betrifft die Beschuldigung lediglich eine Übertretung (§ 1 R. Str. G. B.), so kann nach 
vorausgegangenem Ermittelungsverfahren der Kompagnieführer in den Grenzen der ihm zustehenden 
Diseiplinarstrafgewalt (Abschnitt II § 2 Nr. II) durch schriftliche Strafverfügung Arrest oder Prügel- 
strafe festsetzen. Ein Einspruchsrecht gegen diese Strafverfügung steht dem Beschuldigten nicht zu. 
Die vorstehend dem Führer einer Kompagnie zustehenden Rechte kann dieser für eine selb- 
ständige Abteilung der Kompagnie dem diese befehligenden Offizier übertragen. Letzterer darf Straf- 
verfügungen nur innerhalb der Grenzen der ihm zustehenden Disziplinarstrafgewalt (Abschnitt II 
52 Nr. III) festsetzen. 
5 9. Bei jeder Kompagnie und im Falle des § 8 Abs. 3 bei jeder selbständigen, durch 
einen Offizier befehligten Abteilung wird ein Gericht gebildet. 
Dieses Gericht ist zuständig für alle Farbigen des Befehlsbereichs mit Ausnahme der Effendi. 
Letztere unterstehen einem vom Kommando der Schutztruppe besonders zu bestellenden Gerichte- 
Das nach § 7 anzuordnende Ermittelungsverfahren wird auch bei Straftaten der Effendi 
von dem im § 7 benannten Befehlshaber, soweit er Offizier ist, verfügt. 
5 10. Ordnet der Befehlshaber (§ 8) ein gerichtliches Verfahren an, so hat er dem Be- 
schuldigten hiervon Kenntnis zu geben und ihn aufzufordern, etwaige Verteidigungs= oder Beweis- 
anträge mit Angabe der Beweismittel (Zeugen usw.) zu stellen. 
Demnächst befiehlt der Befehlshaber den Zusammentritt des Gerichts zur Hauptverhandlung 
und beraumt diese an. 
5 11. Das Gericht besteht aus folgenden Richtern: 
1. dem Befehlshaber (§ 8) als vorsitzendem Richter, 
2. zwei deutschen Offizieren oder Unteroffizieren 
3. drei farbigen Soldaten, unter ihnen der höchste amwesende 
Dienstgrad und tunlichst ein Angehöriger der Nangklasse 
des Angeschuldigten 
Im Notfalle genügt die Beiziehung eines deutschen beisitzenden Richters neben den farbigen 
beisitzenden Richtern. 
Farbige, die in der Strafsache als Zeugen auftreten oder durch die Straftat verletzt sind 
oder die Straftat zur Anzeige gebracht haben, dürsen als beisitzende Richter nicht verwendet werden. 
Auch bei Deutschen ist dies tunlichst zu vermeiden. 
§ 12. Die Hauptverhandlung erfolgt vor dem vorschriftsmäßig besetzten Gericht (§ 11) 
und in ununterbrochener Gegenwart des Angeklagten und der in § 11 genannten Personen. 
In der Hauptverhandlung hat der Befehlshaber (§ 8) den Vorsitz; er leitet die Verhandlung. 
Zunächst werden die Personalien des Angeklagten festgestellt, und es wird ihm eröffnet, 
welcher strafbaren Handlung er beschuldigt sei. 
Dann erfolgt die Vernehmung des Angeklagten zur Sache. 
Darauf findet durch Vernehmung der Zeugen und Sachverständigen die Beweisaufnahme 
statt. Es unterliegt dem freien Ermessen des Gerichts, ob eine Vereidigung von farbigen Zeugen 
und Sachverständigen stattzufinden hat oder nicht. Aussagen abwesender, kommissarisch vernommener 
Zeugen, deren Erscheinen vor Gericht besonders erschwert ist, können verlesen werden; desgleichen 
Urkunden und andere als Beweismittel dienende Schriftstücke. Das gleiche gilt für Gutachten ab- 
wesender Sachverständiger, deren Erscheinen vor Gericht besonders erschwert ist. 
Nach jeder Vernehmung eines Zeugen oder Sachverständigen, nach jeder Verlesung der 
Aussage solcher Personen oder einer Urkunde oder von anderen als Beweismittel dienenden Schrift- 
stücken ist der Angeklagte zu befragen, ob er hierzu etwas anzuführen habe. 
Nach dem Schlusse der Beweisaufnahme ist der Angeklagte zu befragen, ob er zu seiner 
Verteidigung oder zur Sache noch etwas anzuführen habe. Der Angeklagte hat das letzte Wort. 
Nach Abführung des Angeklagten, nach Abtreten der Zeugen und Sachverständigen und nach Ent- 
fernung der Zuhörer trägt der Vorsitzende das Ergebnis der Verhandlung, insbesondere den nach 
als beisitzende Richter.
	        
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