Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

G 313 2e. 
Lefängnis darf vor seiner Bestätigung vollstreckt werden. 
U n niederes Strafgericht, dessen Beamte Bevoll= 
Röchtigte des höchsten Gerichtshofes sind, ist für die 
ord= und Südprovinzen errichtet. 
Auf dem Gebiet der Behördenverwaltung 
sind einige Anderungen von Interesse. Die Eisenbahn-, 
arine= und Zollverwaltungen sind bekanntlich bereits 
zentralisiert gewesen, als Süd= und Nord-Nigerien eine 
hemeinsame Verwaltung wurden. Sie verbleiben außer- 
halb der örtlichen Verwaltung der Nord= und Südpro- 
binzen. Außer diesen drei Verwaltungen werden die 
Justig= und die Militärverwaltung, das Schatamt sowie 
VPost und Telegraph Zentralverwaltungen. Die Militär- 
macht ist organssiert. in einem Regiment mit 5 Batail- 
lonen und 2 Vatterie... Ein Direktor des Ge- 
sundheitswesens urd ein Generalanwalt werden als 
erater des Generalgonverneuroi# in ihren Verwaltungs- 
zweigen wirken. Im ersteren Fall wird die Medi- 
zinalverwaltung für die Nord= und Südprovinzen ge- 
treunt bleiben, während zwei Rechtsbeistände die 
Lieutenant-Governors unterstützen werden, welche ebenso 
wie der Administrator der Kolonie für die Erledigung 
der örtlichen Geschäfte besondere Sekretariate haben 
Se. Majestät der König hat geruht, der Flagge 
des vereinigten Nigeriens ein neues Abzeichen und 
dem Lande ein neues Siegel zu verleihen. Für die 
Zukunft wird es nur ein Amtsblatt geben. 
Das ist in kurzen Strichen die Form der Ver- 
schmelzung, welche mit dem heutigen Tage in Kraft 
tritt. Die Gazctte Extranordinarr vom heutigen Nach- 
mittag wird die Einzelheiten in weitestem Umfange 
veröffentlichen. Es ist unmöglich, daß irgendein neu 
ausgedachter Plan allen widerstreitenden Betrach- 
tungen gerecht wird. Die von mir gemachten Vor- 
schläge haben den Vorzug der Einfachheit. Sie ver- 
ursachen keine große Verschiebung, welche sehr unvor- 
teilhaft gewesen wäre in einem Wnd in 
welchem die auseinandergehenden Ansichten versöhnt 
werden sollen. 
Bei dieser Gelegenheit gebe ich davon öffentlich 
Kenntnis, daß der Staatssekretär dem Bau einer neuen 
isenbahn zugestimmt hat, welche von der obersten 
Mündung des Bonny aus nordwärts über den Benne 
gehen und Anschluß an die Lagos-Kanobahn erhalten 
vird, wo sie etwa 50 Meilen südlich Zaria den 
Kadunge überschreitet. Ich bin übergeugt, daß dieses 
bedeutsame Werk den Reichtum und das Gedeihen 
Nigeriens außerordentlich fördern wird. 
Die seit vorigem Jahr eingeführte teilweise Ver- 
schmelzung hat bereits vermehrtes Gedeihen gezeitigt. 
Die für 1914 geschätzten Einnahmen übersteigen die 
Einnahmeschätung für 1912 genau um 1 
Als mein Vorgänger von dieser Stelle aus im ut 
006 die W * won Süd-Nigerien und Lagos 
ankündigte, gab e daß die Einnahmen von Süd- 
Nigerien gerade über“ eine Million L betrugen. Die 
geschätzten Einnahmen Nigeriens belaufen sich in diesem 
Jahr auf 3 4 Millionen K, und der Handel ist in dieser 
Zeit von 8 Jahren von 5 auf 15 Millionen gestiegen. 
Wenn man bedenkt, daß erst 14 Jahre vergangen sind, 
seitdem die Regierung des Königs von der val 
Niger Company die Kontrolle des größeren Teils des 
Innern übernahm, so ist der Fortschritt in der Tat 
erstaunlich.“ 
  
Schaffung von eingeborenenvermögen 
im belgischen Kongo. 
In einer kürzlich erschienenen Broschüre") führt der 
Belgier Collet aus, das Mittel zur wirtschaftlichen 
Entwickelung und finanziellen Kebung der belgischen 
Kongokolonie, zugleich zur kulturellen und sittlichen 
Förderung ihrer farbigen „DBevötlerung bestehe in der 
Schaffung eines Kapit Eingeborenen. 
Dies soll erreicht anden durch systematische, vom 
Staat geleitete Erziehung der Eingeborenen zur 
Arbeit. Voraussetzung sei eine gesunde Eingeborenen- 
politik, die von dem Grundsatz ausgehe, daß der Ein- 
geborene wie ein Minderjähriger zu betrachten . den 
man leiten müsse, namentlich wenn es sich um Ein- 
geborene auf so tiefer Kulturstufe handle, wie die im 
Kongo. Die Entwickelung dürfe aber nicht überstür;t 
werden. Eine vorzeitige geistige Erziehung würde 
vom Ubel, die Erziehung müsse vielmehr zunächst eine 
wirtschaftliche sein. Die Eingeborenen sollen, ihrer 
Eigenart entsprechend, in die Lage gesetzt werden, 
wirtschaftlich produktiv und kanfkräftig zu werden: 
damit Hand in Hand gehe das Emporsteigen zu einer 
höheren Kulturstufe. Außerer Zwang sei dabei aber 
nicht zu umgehen, denn in seinem gegenwärtigen Zu- 
stand komme der Schwarze mit einem Minimum von 
Arbeit aus. 
Die vom Staat erzwungene Arbeit rechtfertige sich 
als eine Gegenleistung des Eingeborenen für den staat- 
lichen Schutz und die staatliche Verwaltungstätigkeit. 
Die Früchte dieser Arbeit sollen aber unmittelbar dem 
Eingeborenen selbst und erst mittelbar dem Staat 
zugute kommen. Der Gedanke ist der: Jeder Ein- 
geborene ist steuerpflichtig. Statt Barzahlung kann 
er Arbeit leisten. Diese Arbeit wird durch staatliche 
Spezialbeamte überwacht und besteht in der näher au- 
zuordnenden Anlage von Dauerpflanzungen, die dem 
Eingeborenen gehören. Auf Verweigerung dieser 
Arbeitsleistung steht Zwangsarbeit im ausschließlichen 
Interesse des Staats. Erst wenn die Pflanzungen 
ertragsfähig geworden, ist die Steuer in Geld zu ent- 
richten. Collet weist auf das deutsche Schutzgebiet 
Samoa hin, wo der dargelegte Gedanke sich in der 
Praxis gut bewährt habe. Das samoanische System 
sei mit einigen Modifikationen auch zur Einführung 
im belgischen Kongo zu empfehien. Voraussetzung sei 
Schutz der Eingeborenen im Besitz ihres Landes, 
nötigenfalls Zuweisung von Land an sie; dieses zu- 
nächst jedoch nicht zu vollem Eigentum, sondern als 
eine Art Lehen, bis sie ihren Verpflichtungen zur An- 
lage von Pflanzungen nachgekommen seien. Die Aus- 
sebung von Prämien, fachmännische Unterweisung und 
Anlage von Musterpflan zungen würden zur Verbesserung 
der Qualität der Produkte beitragen. 
Als Beispiel für seine Darlegungen geht Collet 
von der Kautschukpflanzung aus. Die danach nötige 
Fläche eines „Eingeborenenlehens" müse 2500 qm 
groß sein, um darauf rationelle Wirtschaft zu ermög- 
lichen. Bei einem Abstand von 5 m nach jeder Seite 
würden darauf 100 Bäume Platz haben. Der Ein- 
geborene muß pflanzen: im 1. Jahr 40, im 2. Jahr 25, 
im 3. Jahr 15, im 4. Jahr 10 und im 5. Jahr 10 Bäume. 
Dazu tritt jeweils die Ersetzung von Abgängen. Mit 
dem 6. Jahre hört die Verpilichtung zur Nelenhlemung. 
auf. Von da ab wird die Pflanzung ertragsfähig. 
Der Jahresertrag Kolsde sich, sehr niedrig gegriffen, 
  
  
  
  
à Rrudes pour la lormation d'un capital indigdne 
au Congo. Par Octare Collet, membre du 
Comité central de la Socicte riet d’Etudes coloniules. 
Bruxcles 1913.
	        
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