Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

G 356 20 
Bagamojo. 
Aus Bagamojo wird geschrieben: Eine 
gravide Frau geht im sechsten bis siebenten Monat 
zu einer erfahrenen und befreundeten Nachbarin 
oder einer Frau der Verwandtschaft, läßt eine 
Voruntersuchung über ihren Zustand vornehmen 
und sich Ratschläge erteilen; dies geschieht aber 
nur bei der ersten Geburt. Diese zu Rate ge- 
zogene Frau leitet dann später den Geburtsakt. 
Ist das Kind geboren, so wird es sofort mit in 
kaltes Wasser getauchten Lappen gewaschen, ge- 
badet und erhält gleich nach dem Bade die Brust 
einer herbeigeholten, mit genügend Milch ver- 
sehenen Frau der Verwandtschaft oder Freund- 
schaft, die auch das Kind in den folgenden Tagen 
gegen eine geringe Entschädigung zu nähren hat. 
Von da ab übernimmt die Mutter selbst die Er- 
nährung des Kindes, ohne bestimmte Stunden 
innezuhalten. Hat die Mutter über ausreichende 
Milch zu verfügen, so bekommt das Kind so lange 
ausschließlich Muttermilch, bis es von selbst an- 
fängt, Neigung oder Lust zu anderen Lebens- 
mitteln zu zeigen, was in der Regel schon nach 
sechs Monaten eintreten soll. Es erhält die Mutter- 
brust außerdem weiter bis zum Ablauf eines 
vollen Jahres. Nach Ablauf dieser Zeit werden 
die Kinder von der Mutterbrust abgesetzt, und die 
weitere Beköstigung ist von nun ab die gleiche 
wie die der Eltern: Fleisch, Reis, Bohnen, 
Mohogo usw. Bei einem großen Teile der ein- 
geborenen Bevölkerung erhalten die Säuglinge 
aber, wenn auch die Mutter über reichlich Milch 
verfügt, schon gleich vom Tage der Geburt ab 
flüssige Suppen mit Mehl oder weichgekochten 
Reiseinlagen. Eine Begründung für die sofortige 
Ernährung mit Suppen wissen die Leute nicht an- 
zugeben, es sei nur ihrer Sitte entsprechend. 
Ist eine Mutter, die infolge schlechter Er- 
nährung an Milchmangel leidet, zur längeren 
Milchversorgung ihres Kindes unfähig, so genießt 
sie zunächst selbst Gemüse, Mohogo und Kräuter 
oder greift zu Eingeborenen-Arzneien, die nach 
Angaben der Eingeborenen zur Erzeugung größerer 
Milchmengen dienen sollen. Versagen alle diese 
Mittel, so wird, wenn der Vater des Kindes 
etwas vermögend ist, eine Amme aus dem Ver- 
wandten= oder Bekanntenkreise hinzugezogen, die 
dann mit der Ernährung des Kindes bis zu etwa 
vier bis sechs Monaten beauftragt wird, wofür 
ihr pro Monat acht bis zehn Rupien gezahlt 
werden; das Kind erhält außerdem zweimal am 
Tage (mittags und abends) Reis= oder Mehl- 
suppen. Kann man keiner Amme habhaft werden, 
so tauscht der Vater, wenn er im Besitze von 
Kleinvieh ist, solches gegen eine Kuh ein, um für 
das Kind Kuhmilch als Ersatz für Muttermilch zu 
haben; mit Ziegen= oder Schafmilch werden die 
  
Säuglinge nicht genährt, da die Leute die Schafe 
mit der Entstehung der Wurmkrankheit in Ver- 
bindung bringen. Sind die Eltern zur Herbei- 
schaffung der erwähnten Aushilfen nicht in der 
Lage, und ist die Mutter selbst zur Ernährung 
ihres Säuglings nicht imstande, so wird das Kind 
gleich vom Tage der Geburt ab mit flüssigen 
Suppen genährt und erhält nach etwa sechs bis 
sieben Monaten schon die gleichen Speisen wie 
die Eltern. Es ist auch vielen der Leute bekannt, 
daß die Kinder infolge solcher unzweckmäßiger Er- 
nährung häufig an Darmerkrankungen zugrunde 
gehen; sterben die Kinder, so sei dieses dann eben 
Gottes Wille. 
Berufsammen gibt es unter den Waseguba 
nicht. Wohnt im Dorfe eine nährende Mutter 
mit reichlich Milch, so wird sie zur Ernährung 
eines anderen Kindes von Fall zu Fall heran- 
gezogen und auch nur dann, wenn die von der 
eigenen Mutter angewandten Mittel zur Erzeugung 
von größerem Milchreichtum versagen. 
Daressalam. 
Stabsarzt Dr. Feldmann berichtet aus der 
Stadt Daressalam: Die Säuglingsernährung 
bei der Negerbevölkerung Daressalams entspricht 
im allgemeinen der wohl in ganz Ostafrika üblichen: 
Ernährung an der Brust durch die eigene Mutter, 
soweit diese lebt oder dazu imstande ist (sonst 
durch eine Amme), ist die Regel. Die im Innern 
vielfach bei Tod oder Unfähigkeit der Mutter 
geübte Säuglingsernährung durch abwechselnde 
Stillung seitens der Gesamtzahl der vorhandenen 
Milchmütter der Gemeinde ist hier unbekannt. 
Der Säugling wird im ersten Monat ausschlicß- 
lich an der Brust ernährt. Vom zweiten Monat 
ab erhält er daneben dünne Mehlsuppen und wird 
mit Mehlbreien gestopft. Diese gemischte Kost 
wird bis zum Ende des zweiten Lebensjahres 
beibehalten. Die Küstenbevölkerung greift bei der 
Säuglingsernährung nur im Notfall zur Ernäh- 
rung mit leichtgesüßter, durch Wasser verdünnter 
Kuh= oder Ziegenmilch. Bei Ernährung älterer 
Kinder gilt fast in ganz Deutsch-Ostafrika der ver- 
ständige Brauch, die Kinder von den Beschrän- 
kungen, die Sitte und Gewohnheit den Erwachsenen 
in ihrer Kost auferlegen, zu befreien. 
Rufidji. 
Oberarzt Dr. Mohn schreibt aus Mohoro: 
Die Säuglinge der Eingeborenen erhalten im 
Rufidjibezirk bis zum zehnten Monat die Brust, 
im elften und zwölften Monat Maismehl mit 
Wasser verrührt, zu einer Nudel gerollt, die den 
Kindern in den Mund gestopft wird; daneben 
etwas Reis und die Brust. Mit einem Jahre 
essen sie alles mit und trinken nebenbei noch aus 
der Brust.
	        
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