Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

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neuer Seuchen ist die Ouarantäne. Die beiden 
Krankheiten, die augenblicklich Jap am meisten be- 
drohen, sind meiner Ansicht nach vom Norden her die 
Pocken, vom Süden die Malaria. Jene wird durch 
allgemeine Impfung fernzuhalten sein, diese aber ist 
ein Beispiel dafür, wie nicht jede Gefahr durch Ouaran-- 
täneregeln allein behoben werden kann. Malariakranke 
sind schon oft aufdie Insel gekommen, das bisherige Fehlen 
er Anopheles hat sie vor dem Einnisten der Krankheit 
ewahrt. Aber wie leicht ist es denkbar, daß auf 
irgendeinem verschlagenen Boot, einem Segler oder 
selbst Dampfer irgendein Wasserbehälter mit Ano- 
phelesbrut an Land kommt. Auch an alle übrigen 
Seuchen müssen wir denken, die das große ostasiatische 
Seucheureservoir dem Schiffsverkehr vermitteln kann, 
sind doch Pest und Cholera einstmals schon bis zu den 
Marianen vorgedrungen gewesen. In die Quarantäne- 
pflichten ist die sorgfältige Uberwachung der aus- 
wandernden und rächtoandernden Eingeborenen ein- 
zubeziehen. Über Einzelheiten will ich mich nicht ver- 
reiten; sie werden besser von den mit den örtlichen 
Verhältnissen Vertrauten festgelegt. Aber ich denke 
. B. daran, daß alle von einer Arbeiteranwerbung 
Heimkehrenden nicht vom Dampfer hernnter in ihre 
Dörfer gehen dürfen, sondern auf der Ouarantäne-= 
station der Insel genau auf Wurmkrankheit, Malaria, 
Hautkrankheiten und namentlich venerische Leiden beob- 
achtet werden. Zum Quarantäneschutz gehört ferner 
die scharfe Uberwachung der Besatzung der Fahrzeuge 
auf Kranker 
ekämpfung herrschender Seuchen. 
Annsbsteneast und Frambösie werden bald ihre 
Schrecken verloren haben. Für erstere freilich gilt es, 
den Erfolg durch Regelung der Klosett= und Wasser- 
frage zu sichern. Mit der Ausschaltung beider ist viel 
gewonnen, sogar für die direkte Volksvermehrung. 
Dr. Buse führte mir einige durch Frambösie chronisch= 
anämische Mädchen vor, bei denen sich der Eintritt der 
Menstruation um einige Jahre über den gewöhnlichen 
Durchschnitt vergögert hatte. In unmittelbarem An- 
chluß an die Salvarsankur stellte sie sich ein und kurge 
eit darauf waren sie gravi beide Krankheiten 
erner die Tuberkulose begünstigen, wird umgekehrt mit 
hrer Beseitigung deren Ausbreitung vermindert werden. 
Natürlich müssen wir aber auch direkt die Tuberkulose 
angreisen. Als erfolgreichste therapentische Methode 
will mir die sorgfältige Behandlung der kindlichen 
Drüsentuberkulose erscheinen, sei es durch roborierende 
rnährung, durch Lebertran, oder sobald konservative 
Maßnahmen nicht rasch zum Ziele- fühnen, durch radikale 
Ausräumung der befallenen Drüsen: also die lokale 
Tuberkulose nicht zur allgemeinen werden lassen! An 
lorierter Lungentuberkulose Leidende sind nach Mög- 
ichkeit zu hospitalisieren. Wenn der Prozentsatz der 
chwindlüchtigen auch nur um ein geringes diährlich 
inkt, so geht damit entsprechend die Zahl In- 
feltionsguellen zurück und bei sortdaweinder W 
werden wir uns ganz allmählich in absteigender Reihe 
dem Frwünschten Nullpunkt nähern. 
Es bedarf weiterer ergänzender Nachfor- 
schung E- über die Pathologie der Insel; besonders 
über die Geschlechtskrankheiten und Behandlung 
benerisch Kranker. 
6% 4. Schonende Absonderung der zu ermitteluden 
Lepröfen. 
  
  
  
  
" i der vor 12 Jahren von Dr. Born 
benntenen Ginfärung der farbigen Dorfheil= 
Vehilfen mit Meldepflicht für alle ernsten Krankheiten. 
v Beschaffung einwandfreien Wassers durch 
runnen, deren Anlage= und Instandhaltungskosten 
ie Dorfschaften tragen. 
  
7. Einbürgerung eines oder mehrerer, keinen Tabu- 
geseben unterworfenen eiweißreichen Volks- 
nahrungmitt1 a) eines vegetabilischen, sei 
Mais, Hirse, Bohnenarten oder ein anderes, b) 
Fhres animalischen, wobei mir Schafzucht vorschwebt, 
auf den unbewaldeten, sonst nicht verwertbaren Flächen 
der Höhen. Bis zur gelungenen Einführung solcher 
Nahrungsmittel Begünstigung der Reis= und Brot- 
ernährung neben der bisher gewohnten. 
8. Regelung der Kokospalmenkultur durch 
richtige Pflan zmethoden und gute Pflege. Ver- 
besserung der Iderbaumethoden— bziw. Einfüh- 
rung der Düngm 
boschhe#n des übermäßigen Betel- 
genbisenr 
10. Einschränkung des Dapalwesens mit 
dem späteren Endziel seiner Beseitigung. 
Stärkung der Familienbande, Erschwe- 
rung der #Sebecheidungen. 
rsuch der direkten Hebung der Kinder- 
zabl wir neben Krankheiten in der Kinderschen 
der Frauen einen Hauptgrund des Geburtenmangels 
erblicken müssen, wird sich unser Streben auf deren 
Verminderung zu richten haben. Sehr beachtenswert 
ist ein Vorschlag Dr. Buses, in der Nähe des Hospitals 
ein Gebärhaus zu gründen, in dem jede Frau unter 
änßerlich einwandfreien Bedingungen nach Landessitte 
ihr Wochenbett erledigt, wobei der Arzt nur dann 
aktiv eingreift, wenn die Entbindung regelwidrig ver- 
läuft. Weiter möchte ich den Versuch von Kinder- 
prämien empfehlen, zumal er bei der geringen Ge- 
burtenzahl keine nennenswerte Belastung bedeutet. 
Männer und Frauen der Insel, mit denen ich viel 
über dieses Thema sprach, schienen sehr für solche 
Prämien eingenommen. Man würde, bei dem hohen 
Werte, den Geld auf Jap noch hat, für jedes Kind 
bielleicht eine Summe von 10 1K aussetzen können, 
wovon 5./¾ nach der Geburt ausgezahlt werden, der 
Rest nach dem ersten Lebensjahre, wobei das Kind 
leschgeltig dem Arzt zur Impfung zugeführt werden 
kann. 
13. Genaue statistische Verfolgung der Be- 
völkerungsbewegung mit jährlichen Abschlüssen, 
wie sie auf Grund der schon geleisteten Arbeit auf 
Jap ohne große Mühe möglich sind. Nur dadurch 
werden wir sehen, ob der angesetzte Hebel ärztlicher 
Fürsorge wirksam wird oder nicht. Nur die exakte, 
auf Beobachtungen in Maß und Zahl beruhende Er- 
forschung der weiteren Entwicklung des Volkes (die 
Demographie) wird uns ein sicheres Urteil über ihre 
Mussichten gestatten 
Alle unsere bisher genannten Vorschläge 
würder aber lose nebeneinander stehen und in ihrem 
Erfolge zweifelhaft bleiben, wenn nicht als unerläß- 
liches Bindeglied die Erziehung des ganzen 
Volkes zur Hygiene hinzukommt. Der einzige Weg, 
sie wirklich gründlich zu erreichen, ist der durch die 
chule. Die alte Generation des zäh konserbativen 
Bauern= und Seemannvolkes wird im innern Fühlen 
und Denken nicht mehr vom Alten abzubringen sein, 
auch wenn es in der äußern Form sich willig dem 
Neuen anbequemt. An die Jugend müssen wir uns 
halten. Die Leute auf Jap stehen auf einer solchen 
Stufe des Intellekts und des Charakters, daß alle Be- 
denken, die man bei Negervölkern gegen die Vermittlung 
einer Schulbildung haben muß, wegfallen. Von einer 
Volksschule aus würde das Verständnis für die Not 
des Volkes und für Abhilfe geweckt werden können, 
von ihr aus wären soziale Schäden zu beeinflussen: 
nur von ihr aus kann eine neue Generation heran- 
gezogen werden. Die Ingend ist noch nicht im alten
	        
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