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neuer Seuchen ist die Ouarantäne. Die beiden
Krankheiten, die augenblicklich Jap am meisten be-
drohen, sind meiner Ansicht nach vom Norden her die
Pocken, vom Süden die Malaria. Jene wird durch
allgemeine Impfung fernzuhalten sein, diese aber ist
ein Beispiel dafür, wie nicht jede Gefahr durch Ouaran--
täneregeln allein behoben werden kann. Malariakranke
sind schon oft aufdie Insel gekommen, das bisherige Fehlen
er Anopheles hat sie vor dem Einnisten der Krankheit
ewahrt. Aber wie leicht ist es denkbar, daß auf
irgendeinem verschlagenen Boot, einem Segler oder
selbst Dampfer irgendein Wasserbehälter mit Ano-
phelesbrut an Land kommt. Auch an alle übrigen
Seuchen müssen wir denken, die das große ostasiatische
Seucheureservoir dem Schiffsverkehr vermitteln kann,
sind doch Pest und Cholera einstmals schon bis zu den
Marianen vorgedrungen gewesen. In die Quarantäne-
pflichten ist die sorgfältige Uberwachung der aus-
wandernden und rächtoandernden Eingeborenen ein-
zubeziehen. Über Einzelheiten will ich mich nicht ver-
reiten; sie werden besser von den mit den örtlichen
Verhältnissen Vertrauten festgelegt. Aber ich denke
. B. daran, daß alle von einer Arbeiteranwerbung
Heimkehrenden nicht vom Dampfer hernnter in ihre
Dörfer gehen dürfen, sondern auf der Ouarantäne-=
station der Insel genau auf Wurmkrankheit, Malaria,
Hautkrankheiten und namentlich venerische Leiden beob-
achtet werden. Zum Quarantäneschutz gehört ferner
die scharfe Uberwachung der Besatzung der Fahrzeuge
auf Kranker
ekämpfung herrschender Seuchen.
Annsbsteneast und Frambösie werden bald ihre
Schrecken verloren haben. Für erstere freilich gilt es,
den Erfolg durch Regelung der Klosett= und Wasser-
frage zu sichern. Mit der Ausschaltung beider ist viel
gewonnen, sogar für die direkte Volksvermehrung.
Dr. Buse führte mir einige durch Frambösie chronisch=
anämische Mädchen vor, bei denen sich der Eintritt der
Menstruation um einige Jahre über den gewöhnlichen
Durchschnitt vergögert hatte. In unmittelbarem An-
chluß an die Salvarsankur stellte sie sich ein und kurge
eit darauf waren sie gravi beide Krankheiten
erner die Tuberkulose begünstigen, wird umgekehrt mit
hrer Beseitigung deren Ausbreitung vermindert werden.
Natürlich müssen wir aber auch direkt die Tuberkulose
angreisen. Als erfolgreichste therapentische Methode
will mir die sorgfältige Behandlung der kindlichen
Drüsentuberkulose erscheinen, sei es durch roborierende
rnährung, durch Lebertran, oder sobald konservative
Maßnahmen nicht rasch zum Ziele- fühnen, durch radikale
Ausräumung der befallenen Drüsen: also die lokale
Tuberkulose nicht zur allgemeinen werden lassen! An
lorierter Lungentuberkulose Leidende sind nach Mög-
ichkeit zu hospitalisieren. Wenn der Prozentsatz der
chwindlüchtigen auch nur um ein geringes diährlich
inkt, so geht damit entsprechend die Zahl In-
feltionsguellen zurück und bei sortdaweinder W
werden wir uns ganz allmählich in absteigender Reihe
dem Frwünschten Nullpunkt nähern.
Es bedarf weiterer ergänzender Nachfor-
schung E- über die Pathologie der Insel; besonders
über die Geschlechtskrankheiten und Behandlung
benerisch Kranker.
6% 4. Schonende Absonderung der zu ermitteluden
Lepröfen.
" i der vor 12 Jahren von Dr. Born
benntenen Ginfärung der farbigen Dorfheil=
Vehilfen mit Meldepflicht für alle ernsten Krankheiten.
v Beschaffung einwandfreien Wassers durch
runnen, deren Anlage= und Instandhaltungskosten
ie Dorfschaften tragen.
7. Einbürgerung eines oder mehrerer, keinen Tabu-
geseben unterworfenen eiweißreichen Volks-
nahrungmitt1 a) eines vegetabilischen, sei
Mais, Hirse, Bohnenarten oder ein anderes, b)
Fhres animalischen, wobei mir Schafzucht vorschwebt,
auf den unbewaldeten, sonst nicht verwertbaren Flächen
der Höhen. Bis zur gelungenen Einführung solcher
Nahrungsmittel Begünstigung der Reis= und Brot-
ernährung neben der bisher gewohnten.
8. Regelung der Kokospalmenkultur durch
richtige Pflan zmethoden und gute Pflege. Ver-
besserung der Iderbaumethoden— bziw. Einfüh-
rung der Düngm
boschhe#n des übermäßigen Betel-
genbisenr
10. Einschränkung des Dapalwesens mit
dem späteren Endziel seiner Beseitigung.
Stärkung der Familienbande, Erschwe-
rung der #Sebecheidungen.
rsuch der direkten Hebung der Kinder-
zabl wir neben Krankheiten in der Kinderschen
der Frauen einen Hauptgrund des Geburtenmangels
erblicken müssen, wird sich unser Streben auf deren
Verminderung zu richten haben. Sehr beachtenswert
ist ein Vorschlag Dr. Buses, in der Nähe des Hospitals
ein Gebärhaus zu gründen, in dem jede Frau unter
änßerlich einwandfreien Bedingungen nach Landessitte
ihr Wochenbett erledigt, wobei der Arzt nur dann
aktiv eingreift, wenn die Entbindung regelwidrig ver-
läuft. Weiter möchte ich den Versuch von Kinder-
prämien empfehlen, zumal er bei der geringen Ge-
burtenzahl keine nennenswerte Belastung bedeutet.
Männer und Frauen der Insel, mit denen ich viel
über dieses Thema sprach, schienen sehr für solche
Prämien eingenommen. Man würde, bei dem hohen
Werte, den Geld auf Jap noch hat, für jedes Kind
bielleicht eine Summe von 10 1K aussetzen können,
wovon 5./¾ nach der Geburt ausgezahlt werden, der
Rest nach dem ersten Lebensjahre, wobei das Kind
leschgeltig dem Arzt zur Impfung zugeführt werden
kann.
13. Genaue statistische Verfolgung der Be-
völkerungsbewegung mit jährlichen Abschlüssen,
wie sie auf Grund der schon geleisteten Arbeit auf
Jap ohne große Mühe möglich sind. Nur dadurch
werden wir sehen, ob der angesetzte Hebel ärztlicher
Fürsorge wirksam wird oder nicht. Nur die exakte,
auf Beobachtungen in Maß und Zahl beruhende Er-
forschung der weiteren Entwicklung des Volkes (die
Demographie) wird uns ein sicheres Urteil über ihre
Mussichten gestatten
Alle unsere bisher genannten Vorschläge
würder aber lose nebeneinander stehen und in ihrem
Erfolge zweifelhaft bleiben, wenn nicht als unerläß-
liches Bindeglied die Erziehung des ganzen
Volkes zur Hygiene hinzukommt. Der einzige Weg,
sie wirklich gründlich zu erreichen, ist der durch die
chule. Die alte Generation des zäh konserbativen
Bauern= und Seemannvolkes wird im innern Fühlen
und Denken nicht mehr vom Alten abzubringen sein,
auch wenn es in der äußern Form sich willig dem
Neuen anbequemt. An die Jugend müssen wir uns
halten. Die Leute auf Jap stehen auf einer solchen
Stufe des Intellekts und des Charakters, daß alle Be-
denken, die man bei Negervölkern gegen die Vermittlung
einer Schulbildung haben muß, wegfallen. Von einer
Volksschule aus würde das Verständnis für die Not
des Volkes und für Abhilfe geweckt werden können,
von ihr aus wären soziale Schäden zu beeinflussen:
nur von ihr aus kann eine neue Generation heran-
gezogen werden. Die Ingend ist noch nicht im alten