Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

586 20 
handenen Kräfte für den Bahnbau und andere wirt- 
schaftliche Betriebe in Anspruch genommen waren. 
Was aber nun Süd-Kamerun betrifft, so ist 
dem Handel und dem gesamten wirtschaftlichen Leben 
daselbst durch den Anfang 1913 erfolgten Preissturz 
für Kantschuk ein schwerer, kaum zu überwindender 
Schlag versetzt worden. Es hat sich in Süd-Kamerun 
bitter gerächt, daß man sich dort ausschließlich auf die 
Kautschukgewinnung verlegte und nicht rechtzeitig an 
die Kultivierung anderer Produkte dachte. Die Folgen 
des Preissturges für Gummi an den Weltmärkten wären 
für Süd-Kamerun wohl nicht so verhängnisvoll ge- 
worden, wenn die Aufschließung des Landes durch 
Bahnen und Fahrstraßen die Heranziehung der durch 
das Trägerwesen unstät gewordenen Bevölkerung zum 
Ackerbau erleichtert hätte und wenn Maßnahmen zum 
Schute gegen die Vernnreinigung und Fälschung des 
Kautschuks früher ergriffen worden wären. Die Regie- 
rung hat jetzt entsprechende Verordnungen erlassen und 
auch eine Herabsetzung bzw. Aufhebung des Ausfuhr-= 
golls auf Kautschuk zugestanden. Hierdurch werden 
die Verluste der Firmen Süd-Kameruns, de durch den 
Preissturz des Gummis, die Kreditgeschäfte mit ein- 
geborenen Händlern und die Entwertung der großen 
Warenläger und Faktoreibestände verursacht wurden, 
etwas gemildert, aber der Handel erscheint auf lange 
Zeit lahmgelegt. Soweit nicht eine gänuzliche 
Schließung der Betriebe erfolgt ist, ist das Geschäft 
schon dadurch stark eingeschränkt, daß der Eingeborene, 
der keinen Gummi mehr gewinnen und verkaufen kann, 
auch außerstande gesetzt ist, europäische Waren zu kaufen. 
Die Geld= und Wechseltraunsaktionen unserer Nieder- 
lassung in suala mit diesem Teile Kameruns sind im 
Jahre 1913 auf 1,8 Millionen gegen 3,2 Millionen im 
Jahre 1912 zurückgegange n. 
Wohl hauptsächlich infolge der Krisis in Süd, 
Kamerun ist auch die für 1913 erhoffte Entwicklung 
der wirtschaftlichen Beziehungen zu Neu-Kamerun 
bis jetzt ausgeblieben, da die Verhältnisse eines 
großen Teils des kiuiren denjenigen Süd-Kamernns 
sehr ähneln und das Hauptausfuhrprodukt auch der 
Gummi ist. 
Wenn auch der nördliche Teil des neuen Gebiets 
einen anderen Charakter trägt und außerordentlich 
fruchtbar und von Ackerbau und Biehzucht treibenden 
Süannegern ziemlich dicht bevölkert sein soll, so steht 
doch auch die im südlichen Teil verbreitete Schlaf- 
krunglnt der raschen Aufschließzung des Nordens 
hindernd im Wege. 
Wir haben also seither kaum mehr als einleitende 
Schritte zur Ausdehnung unseres Geschäftsbetriebs 
nach Neu-RKamerun tun könn 
Die allgemeinen wirtschallichen Verhültuisse. Kame- 
runs haben unserer Niederlassung in Dua e ge- 
wisse Reserve auferlegt, so daß der“ Cala zine 56et 
auf einer Seite des Hauptbuchs im Jahre 1913 sich 
nur auf etwa 50 Millionen Mark stellte und die Er- 
trägnisse auch eine entsprechende Reduktion erfuhren. 
Die Angahl der bei unserer Niederlassung in Duala 
geführten Konto-Korrent= und Depositen-Konten 
hat eine kleine Zunahme auf 514 erfahren. 
  
  
Allgemeines. 
Für die zukünftige Weiterentwicklung sowohl im 
Schutzgebiet Kamerun wie in Togo spielen die Ver- 
lehrsfragen eine große Rolle. In Togo ist die 
Regierung durch den Ausbau der Mtelpamelgaon bis 
zum Orte Atakpame selbst dem dringenden Wunsche 
der Handelsfirmen nachgekommen, der Neubau einer 
Landungsbrücke in Lome steht bevor, in der Angelegen- 
heit der sogenannten Olbahn finden noch fortgesetzt 
  
Veratungen statt, bezüglich einer Nordbahn wie einer 
Westbahn ist man daran, die technischen Erkundungen 
und finanziellen Berechnungen vorzunehmen. Man 
darf wohl annehmen, daß für die Erledigung aller 
dieser Fragen der letztjährige Besuch des Staatssekre- 
tärs Dr. Solf von großer Bedeutung sein wird. 
In Kamerun hat sich der Verkehr der Nord- 
bahn vorzügläch weiter entwickelt, indem 37000 Tons 
Güter und Produkte befördert wurden gegen 25,000 
Tons im Jahre vorher. Der Bau der Mittelland- 
bahn ist bis Kilometer 151 Bidjoke fertiggestellt, und 
am 16. Dezember 1913 ist die Strecke Edea—Bidjoka 
dem Betrieb übergeben worden, nachdem seit Anfang 
des Jahres die Strecke Duala—Edea in Benutzung 
war. Bis der Njong erreicht wird, dürften bei den 
enormen Terrainschwierigkeiten allerdings noch zwei 
Jahre vergehen. 
Die in Vorbereitung befindlichen neuen Bahn- 
projekte bekunden eine zweckmäßige und großzügige 
Verkehrspolitik zur Erschließung des Landes nach allen 
Richtungen. 
Auch der Ausbau des Straßen= und Wege- 
netzes im Schutzgebiet Kamerun wird mit Energie 
betrieben 
Die Stadt Duala selbst steht vollständig im 
Zeichen einer Reorganisation in Vorbereitung der ihr 
zugedachten Rolle als künftiger Zentralpunkt der Eisen- 
bahnen, des Handels und Verkehrs, und als Sitz der 
Zolldirektion und des Obergerichts. 
Die Hafenanlagen und die Flußregulierung werden 
mit großem Eifer gefördert, die Wasserleitungs= und 
Kanalisationsanlagen werden bald fertiggestellt sein. 
Zur Verbesserung der sanitären Verhältnisse der 
Stadt wurde seitens der Regierung eine Enteignung 
der den europäischen Häusern zunächst gelegenen Wohn- 
plätze der Eingeborenen in die Wege geleitet, welche 
teilweise deren heftigen Protest hervorrief, aber aus 
gesundheitlichen Gründen notwendig war. 
Bilanz. 
Aus dem Jahresabschluß für 1913 ergibt sich, daß 
die Gesamteinnahme an Provision, Zinsen und Dis- 
kont sich auf 214 825 4 gegen 216 729 #4 im Jahre 
1912 und gegen 191 246 / im Jahre 1911 belief, 
während die Handlungsunkosten einschließlich der 0bt 
schreibungen auf Haus= und Inventar-Konto 129 428 
gegen 151 740 %% und 101 206 ./¾ in den beiden 334 
vorher betrugen. Aus dem hiernach verbleibenden 
Reingewinn von 85 397 /4 (gegen 94 988 Ac und 
90 039 NKF in den Vorjahren) sind 10 v. H. Dividende 
— 25,000 & zu verteilen und dem Reservefonde 
50 000 Ac zu hnepr wodurch sich die bilanzmäßigen 
Reserven auf 250 000 — neben einer Baureserve 
von 40 000 ¼4 — -ornnst Nach Abzug der Tantieme 
des Verwaltungsrats mit 7540 verbleiben zuzüg- 
lich des Vertrags aus 1912 in Höhe von 64 764. M. 
zusammen 67 622 K, die auf neue Rechnung gelangen. 
  
  
Ostafrihanische Eisenbahngesellschaft.“) 
Unser zehntes Geschäftsjahr hat erreicht, was 
bei Gründung unserer Gesellschaft vielfach noͤch als 
bhantastisch betrachtet wurde: Die Verbindung des 
anganjika-Sees mit dem Indischen Ozean 
durch den Schienenstrang. Große und wertvolle Ge- 
biete haben dadurch den Anschluß an den Welthandels“ 
verkehr erhalten. 
*) Aus dem zehnten Geschäftsbericht (1913).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.