Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

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Europäer mit 45 Soldaten und einem Maschinen= 
gewehr versammelt. Es wurden 41 Gefangene 
gemacht. Namentlich die berittenen Soldaten er- 
wiesen sich sehr nützlich; sie versuchten immer erst 
die Leute zu fangen und machten von der Waffe 
nur in der Notwehr Gebrauch. 
Das für hiesige Verhältnisse ansehnliche Macht- 
aufgebot verfehlte seine Wirkung nicht. Sehr 
bald stellten sich die Häuptlinge der umwohnenden 
Dörfer. Sie erklärten, die deutschen Soldaten 
wären doch andere Gegner als die französischen 
Milizen, die sie früher oftmals in die Flucht ge- 
schlagen hätten. Als Grund für die Gefangen- 
nahme der zehn Tuburi-Leute gaben sie an, daß 
die zurückkehrenden Karawanen auf den Feldern 
Erdnüsse ausgegraben hätten und daß man des- 
halb die Nachzügler abgefangen habe. Diese seien 
dann nach Landessitte gleich als Sklaven weiter- 
verkauft worden. 
Die letztere Behauptung ist leider nur zu 
wahr. Menschenfang gilt in diesem Lande als 
ein ritterlicher Sport. Die Ursache ist irgendeine 
Dorf= oder Familienfehde. Entweder wird der 
Gefangene durch ein reiches Lösegeld, z. B. ein 
Pferd oder ein Rind wieder ausgelöst oder, wenn 
man sich sehr feindlich gesinnt ist, gleich weiter- 
verkauft. Dies führt oft zu heftigen Zusammen- 
stößen, wobei ganze Dorfschaften vernichtet werden. 
Der Totschlag ist eine alltägliche Erscheinung. 
Wie man die gefürchteten Kämpen ehrt, das be- 
zeugen die Grabstätten, welche mit Baumstämmen 
eingefriedet werden, zum Zeichen, daß der Tote 
viele Männer erschlagen hat. Ebenso werden in 
den Dörfern an der Feldmark die als Fuffessel 
benutzten Holzklötze aufgestapelt, damit jeder sieht, 
wieviel Sklaven hier schon gefangen wurden. 
Es wird noch einige Zeit dauern, ehe diese Un- 
sitten verschwinden. 
Die Häuptlinge habe ich belehrt und ihnen 
aufgetragen, sofort mit dem Freischlagen und 
Reinigen der Poststraße zu beginnen. Ich ver- 
warnte sie ernstlich und kündigte ihnen an, daß, 
falls auf der nun als Weg des Europäers kennt- 
lich gemachten Straße noch das Geringste passierte, 
es an den schuldigen Dörfern geahndet werden 
würde. 
Mit Leutnant Sitzler marschierte ich am 
28. November von Dscharau über Kodeoke— 
Samana—Aida nach Tagal, um in diesen 
Dörfern noch weitere Nachforschungen anzustellen. 
Von den zehn gefangenen Tuburi-Leuten waren erst 
zwei gefunden und befreit worden. Die Nach- 
forschungen blieben erfolglos. Leutnant Sitzler 
erhielt Befehl, nach Domo zurückzukehren und 
die Poststraße von dort bis Fianga fertigzustellen. 
Er berichtet über den günstigen Erfolg der polizei- 
  
lichen Maßnahmen und den schnellen Fortgang 
der Wegearbeiten. Sämtliche anwohnenden Häupt- 
linge haben sich gestellt; am 12. Dezember waren 
die Wegearbeiten beendet. 
Von Tagal setzte ich meinen Marsch in süd- 
licher Richtung über Kori— Gunugu—-Fieige 
nach Bongor fort. Mit Geduld und vielem 
Zureden gelang es mir in Kori, die Einwohner 
und den intelligenten Häuptling Tingolfa heran- 
zuholen und sie über meine friedlichen Absichten 
und die Bestrebungen der deutschen Verwaltung 
aufzuklären. Von hier ab wurde ich immer von 
einer großen Schar Eingeborener begleitet, so daß 
ich überall freundliche Aufnahme fand. Ich habe 
mich bemüht, den Leuten die Schändlichkeit des 
Menschenraubes und -kaufes klar zu machen und 
sie darauf hinzuweisen, daß das Verschwinden 
dieser Unsitten die erste Bedingung für eine fried- 
liche Auseinandersetzung sei. 
Mit Kori ist das südliche Bana-Gebiet zu 
Ende; es schließt sich hier der verwandte Stamm 
der Lele an. - 
Von Bongor machte ich noch einen Abstecher 
nach Norden an die Hauptstraße nach Koloboi. 
Ich wollte mich überzeugen, ob auch hier meinen 
Anordnungen, den Weg frei zu schlagen, nach- 
gekommen sei, war es mir doch auf dem Hin- 
marsch passiert, daß der führende Häuptling sich 
in seiner eigenen Grenzmark verirrte. Mein Er- 
scheinen genügte, um auch hier die Müßigen auf 
die Beine zu bringen. Ich ließ mir den Ober- 
häuptling Keitomar von Kulong kommen und 
machte ihn dafür verantwortlich, daß der Weg 
umgehend von Schoa bis Domo fertiggestellt 
würde. Jetzt ist die ganze Poststraße von Bumo 
über Schoa —Domo nach Fianga bis Jagua 
bzw. Fianga—Lere innerhalb zweier Monate 
zum größten Teil von den Eingeborenen selbst 
auf ZSm breit freigeschlagen und gereinigt. Das 
ist der Haupterfolg des energischen Vorgehens 
im südlichen Bana-Gebiet und wird sicherlich zu 
einer friedlichen Erschließung viel beitragen. Diese 
Straße soll jetzt für die Händler, welche von 
Garuna nach Schoa und Bumo gelangen wollen, 
freigegeben werden. 
Von Koloboi nahm ich wieder die südliche 
Richtung auf und marschierte über Bargidje — 
Bitikim—Mekab bis Kiada und von dort in 
östlicher Richtung über Bau—Dobe nach Bumo, 
wo ich am 13. Dezember wieder eintraf. 
Mit Mekab beginnt das Laka-Gebiet. Der 
Empfang war durchaus feindlich. Ein Buschbrand 
sollte mir den Weg sperren; ich ließ schleunigst 
die Karawane halten und säuberte einen Platz, 
so daß das Feuer uns nichts anhaben konnte. 
Dann näherte ich mich dem Dorfe, das inmitten
	        
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