Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

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Auf diese beiden — wohl unbestreitbaren — 
oraussetzungen ist der Entwurf gegründet. 
Wesentlich beeinflußt ist sein Inhalt durch die 
neuere deutsche Wassergesetzgebung, vor allem 
durch das neue Preußische Wassergesetz vom 
1. April 1913, sodann in manchen — aus der 
Eigenart des südafrikanischen Landescharakters sich 
ergebenden — Beziehungen durch das Wassergesetz 
der Südafrikanischen Union von 1912. Während 
die wichtigsten Vorschriften über die Einteilung 
der Gewässer, über die Rechte an Wasserläufen 
und sonstigen Gewässern, über Verleihung, Aus- 
gleichung, Wassergenossenschaften und Wasser- 
behörden in engem Anschluß an das neue deutsche 
Recht (besonders das neue Preußische Wassergesetz 
von 1913) entstanden sind, folgen z. B. die Be- 
stimmungen über die Rechte bei Laufänderungen, 
über Zwangsrechte (namentlich über Leitungsrecht, 
Staurecht, Anbaurecht) im wesentlichen der neuen 
Gesetzgebung von Britisch-Südafrika. 
Wie ich schon im Vorwort zu meinen „Grund- 
lagen eines südwestafrikanischen Wasserrechts““) 
hervorgehoben habe, ist die Frage, welche Aus- 
gestaltung den verschiedenen Vorschriften und 
Bestimmungen im einzelnen durch eine Verordnung 
zu geben sei, nach dem gegenwärtigen Stand der 
wirtschaftlichen Entwicklung zu beurteilen. Sie 
muß daher im wesentlichen den Elementen vor- 
behalten bleiben, welche als Juristen, Verwal- 
tungsbeamte, Landwirte, Bergleute, Geologen usw. 
miten im gegenwärtigen Wirtschaftsleben 
des Landes selbst stehen. So wird es ver- 
ständlich erscheinen, wenn die kritische Betrachtung 
eines Landeskenners, der schon seit einer Reihe 
von Jahren keine unmittelbare persönliche Be- 
rührung mit dem Schutzgebiet mehr hat, sich 
weniger mit der Ausführung des Entwurfs im 
einzelnen, als mit seinen Grundgedanken be- 
schäftigt. 
Zunächst soll der materielle Teil (§§ 1 bis 64) 
nach dieser Richtung hin kurz betrachtet werden. 
Der Entwurf weicht gleich im Anfang von 
den neueren Wassergesetzen (speziell den deut- 
schen und südafrikanischen) insofern ab, als er 
als besonders im Gesetz zu behandelnde wich- 
tigste Wasservorkommen nicht die „Wasser- 
läufe“ (streams), sondern die „Flüsse“ erwähnt. 
Die Definition, die er dem Begriff des „Flusses“ 
gibt, enthält erhebliche Abweichungen von dem 
deutschen Sprach= und Rechtsgebrauch und erscheint 
darum bedenklich. 
Nach letzterem versteht man unter Fluß (Bach, 
Fluß, Strom) einen natürlichen Wasserlauf, der 
Bett, Mündung und dauernde Quelle hat. Der 
*) Verlin 1913, Verlag von Puttkammer & Mühl- 
brecht. 
  
Entwurf definiert: „Flüsse im Sinne dieser Ver- 
ordnung sind die Gewässer, die in deutlich er- 
kennbaren natürlichen Gerinnen (Betten) beständig 
oder zeitweilig mit erheblichen Wassermengen 
und auf langen Strecken oberirdisch fließen 
usw.“ Die Hervorhebung der „erheblichen Wasser- 
mengen und der langen Strecken“ gibt eine innere 
Direktive, wie sie für die Entscheidungen des 
Wasseramts (§ 2, Abs. 1) doch erforderlich wäre, 
nicht ab. Sie ist unklar und unbestimmt. Sollen 
z. B. die aus ständigen Quellen fließenden Bäche 
des Otavigebiets, welche verhältnismäßig doch 
nur kurze Strecken, aber dauernd durchfließen, 
nicht als Flüsse gelten, selbst wenn sie, wie z. B. 
der Otavibach, mehrere Anlieger haben und für 
mehrere nutzbar gemacht werden können? 
Die Begründung zum Tit. I (Abs. 3) hebt 
dann die ortsüblichen Bezeichnungen „Rivier und 
Omuramba“ hervor und sucht den mit dem erst- 
genannten Ausdruck bezeichneten Wasserläufen den 
Flußcharakter zu wahren, während die Omu- 
ramben als „nur vom Regenwasser durchflutete 
Talsenkungen“ bezeichnet werden. Das entspricht 
nicht den tatsächlichen Verhältnissen. Als Omu- 
ramben werden — im Gegensatz zu den eine 
sandige Bettfüllung zeigenden Rivieren — in der 
Regel die Wasserbetten bezeichnet, deren Bett- 
füllung eine aus mineralischem Boden und Humus 
gemischte, mit Graswuchs bestandene Masse auf- 
weist. Die Wasserbetten des Nama= und südlichen 
Hererolandes sind danach vorwiegend Riviere, 
die Wasserbetten des nördlichen Herero-, des 
Otavigebiets sowie des Sandfeldes — auch die 
größten derselben — fast durchweg Omuramben. 
Während eine große Anzahl der sog. Riviere 
lediglich Regenrinnen sind, die nach der Regen- 
zeit bis zum Grund trocken stehen, führen einige 
der großen Omuramben das ganze Jahr hindurch 
unterirdisches Wasser. Der größte dieser Omu- 
ramben, der Omuramba u Omatako'), eines 
der längsten Wasserbetten des Schutzgebiets über- 
haupt, ist denn auch in das Verzeichnis der sog. 
„öffentlichen Flüsse“ aufgenommen worden. Ebenso 
hätte das mit einigen anderen — z. B. mit dem 
Omuramba u Ovambo — geschehen können. Der 
Zweck, den der Entwurf verfolgt — die wasser- 
wirtschaftlich und volkswirtschaftlich wichtigeren 
Wasserläufe besonderen gesetzlichen Bestimmungen 
zu unterwerfen —, hätte in abstracto besser durch 
die Begriffsbestimmung „der Wasserläufe von 
*) Der Omuramba u Omatako charakterisiert 
sich in seinem Oberlauf (im südlichen Hereroland) als 
ein sandiges Rivier, in seinem Unterlauf (im nördlichen 
Hercroland und Sandfeld) als ein Omuramba, der 
oberirdisch in der Regel das ganze Jahr trocken steht 
und dessen ausgedehntes Bett als Ackerland benugt 
werden kann. 
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