Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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Am Sonntag, den 23. August, fand mittags um 
12 Uhr die feierliche Beerdigung unseres gefallenen 
Helden Klemp statt. In Kamina beim Kommandeur- 
haus hat er seine letzte Stätte gefunden. 
Am Amuzu-Fluß, am Dorf Amu und am 
Bahnhof lieferten wir dann am 21. das letzte Gefecht 
mit nur einem Zuge und einem Maschinengewehr. 
Abends 7 Uhr zogen wir uns auf Dadja zurück. Für 
diesen Zeitpunkt war die Vernichtung der Funkenstation 
vorgesehen, und der Kommandeur gab noch am gleichen 
Abend Befehl, die zwölf stolgen Türme niederzulegen 
und das Maschinenhaus zu sprengen. Bis Atakpame 
und nach der anderen Seite hin bis Dadja war das 
mächtige Feuer des Maschinenhauses zu sehen. Alle 
Vorposten bekamen gleichzeitig Befehl, sich auf Kamina 
zurückzuziehen. Ein nutzloses Hinschlachten wäre es 
gewesen, das freigelegene Kamina nach allen Seiten 
hin mit den paar Leuten weiter gegen einen vielfach 
überlegenen Feind verteidigen zu wollen, gegen einen 
Feind, der sich mit seinen Kanonen in einer Entfernung 
verschanzte, in der wir ihm nichts anhaben konnten, er 
aber ohne Risiko so lange unsere Stellung und die 
Station hätte bombardieren können, bis nichts mehr 
übrig geblieben wäre. Die UÜbergabe war also vom 
Kriegsrat beschlossen. 
Am 26. kamen sämtliche vorgeschobenen Patrouillen 
wieder in Kamina an, und es wurde auf dem Kom- 
mandeurhaus die weiße Flagge gehißt. Herr Ritt- 
meister v. Roebern begab sich als Parlamentär zu 
den Verbündeten und unterbreitete unsere Bedingungen.“) 
Die Verbündeten lehnten. gestützt auf ihre UÜbermacht. 
rund ab und verlangten bedingungslose Übergabe. Es 
blieb uns selbstverständlich nichts anderes übrig, als 
uns bedingungslos zu ergeben. Am 27. Angust, morgens 
8 Uhr, sollte die feierliche Ubergabe stattfinden. In- 
zwischen wurden noch unsere schwarzen Soldaten ab- 
gelöhnt und in ihre Dörfer entlassen. 
Pünktlich erschienen dann auch die Verbündeten 
mit Oberst Bryant, dem Oberbefehlshaber, an der 
Spitze und hißten nach kurzer militärischer Ehren- 
bezeugung die englische und die französische Flagge. 
Alle Europäer mit wenigen Ausnahmen, die in Kamina 
noch mit Bezug auf die Ubergabe gebraucht wurden, 
mußten als Rriegsgefangene, begleitet von den schwarzen 
Soldaten der Verbündeten, nach Atakpame marschieren, 
von wo der Rücktransport nach Lome stattfinden sollte. 
Ein überaus trauriger und demütigender Anblick 
bot sich mir, als ich nach der Ubergabe des Bezirks- 
amts Atakpame im Regierungsauto über den Markt 
fuhr, um die deutschen Damen zum gemeinsamen 
Nachtquartier zu sammeln. Wo die Tage vorher die 
schmutigsten Hinterlandneger gesessen und geschlafen 
hatten, saßen jenzt unsere Landsleute, bewacht von 
schwarsen Soldaten und begafft von der eigenen 
schwarzen Bevollerung. Ob alt oder jung, ob aus be- 
vorzugter oder unbedentender Stellung, jeder hatte nur 
den einen Wunsch, samell, so schnell als möglich, weit 
fort von diesem Ort zu kommen. 
Nachdem am 28. morgens jeder das Ehrenwort 
gezeichnet hatte, ging mittags der erste Gefangenen- 
trausport nach Lome ab. Die gesprengten Brücken 
über den Amuzu-Fluß und den Chra machten ein 
libernachten umer freiem Himmel an beiden Uber- 
gängen notwendig. Am 30. August kamen wir in 
Lome an und wurden auf den bereitliegenden, zu einem 
Transportschiff hergerichteten Dampfer „Obuassi“ ge- 
bracht. Die Damen, Ehepaare und Offiziere teilten 
sich die wenigen Kabinen, während alle übrigen in der 
*) Ugl. hier zu die erste Mitteilung im „D. Kol. Bl.“ 
Nr. 23 vom 1. Dezember 1911. 
  
einen Luke, die als Massenquartier hergerichtet war, 
Unterkommen fanden. Die kommenden Tage brachten 
dann die übrigen Europäer von Atakpame, die mit 
wenigen Ausnahmen gleichsalls auf die „Obuassi“ ge- 
bracht wurden. 
Unzuträgliche Nahrung und sehr schlechtes Trink- 
wasser gaben zu den bittersten Klagen Anlaß. Eine 
spätere offizielle Klageschrift an den englischen Gouver-= 
neur Cliffard nach Accra hatte zur Folge, daß die Ge- 
fangenen den Franzosen zur weiteren „Fürsorge" über- 
geben wurden. Nur die zur Zeit in Lome gebliebenen 
verheirateten Herren, soweit sie nicht aus irgendeinem 
Grunde schon vorher nach der Goldküste abgeführt 
worden sind, und die Generalvertreter der Firmen 
durften in Lome bleiben und sich frei in gewissen 
Grenzen bewegen. 
Die Angelegenheit der deutschen Gefan- 
genen in Dahomey ist seit der zweiten Ver- 
öffentlichung — Ende Dezember 1914 — bis 
heute fortgesetzt Gegenstand ernstester und nach- 
drücklichster Behandlung der Regierung gewesen. 
Trotz energischer Vorstellungen hat die französische 
Regierung längere Zeit gezögert, zu der Forde- 
rung Stellung zu nehmen, « 
unsere Landsleute in Dahomey in klimatisch 
einwandsfreie Gebiete zu verbringen, die nicht 
Waffenfähigen aber sowie die Frauen und 
Kinder über neutrale Häfen nach der Heimat 
zu entlassen. 
Erst im März d. Is. hat sie sich herbeigelassen, 
mit einer Note dahin zu antworten, daß 
1. die Deutschen an den gesündesten Plätzen 
Dahomeys untergebracht seien; 
2. die Behandlung der Gefangenen in über- 
einstimmung mit den Geboten der Mensch- 
lichkeit stehe, welche die französische Regierung 
immer beobachte; 
3. Anweisung gegeben sei, Gefangene, deren 
Gesundheit einen weiteren Aufenthalt in 
Dahomey nicht gestatte, nach Frankreich zu 
verbringen. 
Noch im März d. Js. und, als Entgegnung 
auf die eben erwähnte französische Antwortnote, 
Anfang April d. Is., wurde deutscherseits im 
Interesse des deutschen Ansehens in Afrika und 
im Interesse der Gesundheit und des Lebens 
unserer Landsleute nochmals auf diplomatischem 
Wege auf das Schärfste gegen Verlängerung der 
Zustände in Dahomey protestiert und betont, daß 
an der wiederholt erhobenen Forderung, 
alle deutschen Gefangenen, ohne Unter- 
schied, aus Dahomey in klimatisch einwand- 
freie Gebiete zu verbringen, 
festgehalten werde. Zwar hat in der Folge der 
Gouverneur von Dahomey gemäß der an ihn 
ergangenen Weisung aus Paris im Laufe der 
Monate April und Mai d. Js. etwa 40 Gefan- 
gene aus Gesundheitsrücksichten von Dahomey nach
	        
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