GW 920
Den Befehl über die Nachhut der nach Norden
abziehenden Südtruppen übernahm Hauptmann
a. D. v. Kleist. Bei Kabus, nördlich Keet-
manshoop und bei Gibeon hatte diese Nachhut
in der zweiten Aprilhälfte dann noch gegen weit
überlegene Kräfte Gefechte zu bestehen, von denen
das bei Gibeon für uns besonders verlustreich
war. Indes ging kein Geschütz oder Maschinen-
gewehr verloren.
Von ungünstigem Einfluß auf den Verlauf
dieses Rückzugs war, daß im April auch die
etwa in der Mitte des Schutzgebiets wohnenden
400 bis 500 Gewehre starken Rehobother
Bastards, wohl von Agenten aufgewiegelt, sich
erhoben. Es gelang jedoch, die Aufständischen
durch die gegen sie entsandten Abteilungen unter
Major Graf v. Saurma-Jeltsch und Haupt-
mann Hensel in Schach zu halten, so daß
größeres Unheil vermieden wurde.
Die Offensivkraft der Schutztruppe war indes
noch nicht gebrochen. Dies beweist der Ende April
erfolgte Überfall, den die Abteilung des Majors
Ritter (5 Kompagnien und 2 Batlerien stark) auf
Trekkoppje (80 km nordöstlich Swakopmund
an der Otawibahn) zunächst mit Erfolg ausführte.
Im Verlaufe dieses Gefechts erhielt jedoch der
Feind von allen Seiten und mit derartig über-
legenen sowie mit zahlreichen Geschützen, Ma-
schinengewehren und Panzerkraftwagen ausge-
statteten Kräften Verstärkung, daß es nur einem
überaus geschickt geleiteten Rückzugsmanöver zu
verdanken ist, daß außer einigen Verwundeten
niemand in Feindeshand fiel; auch kein Geschütz
und Maschinengewehr ging verloren. Wie später
festgestellt, war der Feind bei diesem Gefecht
schließlich über 3000 Mann stark. Wir hatten
etwa 50 Tote und Verwundete, darunter von
Offizieren Hauptmann Frhr. v. Watter und
Leutnant d. Res. Müller tot und Hauptmann
Berlin, Oberleutnant Schumann, Leutnant
d. Res. Frhr. v. Könitz und Oberarzt d. Res.
Dr. Mähnz verwundet.
Nachdem durch den mißglückten Vorstoß auf
Trekkoppje und nach Überrumpelung einer Kom-
pagnie in Otjimbingwe ein großer Teil der
Bahn Swakopmund —Windhuk in feindlichem
Besitz war und der Feind auch von Süden her
übermächtig nachdrängte, wurde Windhnk ge-
räumt und am 12. Mai vom Feinde besetzt.
Die Hauptmacht der Truppe ging längs der
Otawibahn in das Kalkfeld beim Waterberg zurück,
woselbst Mitte Mai auch die Nachhut des Haupt-
manns a. D. v. Kleist und die Abteilungen
Graf v. Saurma-Jeltsch und Hensel sich ein-
fanden.
Als der an Zahl jetzt mindestens zehnfach
überlegene Gegner im IJuni nicht nur immer
weiter nach Norden nachdrängte, sondern auch
über Outjo ausbiegend die Truppe bereits über-
flügelt hatte, ging die Truppe in die Gegend
von Otawi und später nach Korab zurück.
Die Depots und Lazarette waren bereits im Laufe
des April nach Norden verlegt und in Tsumeb-
Namutoni und Grootfontein stationiertworden.
Anfang Juli war es noch einmal zu einem
heftigen Gefecht bei Otawi gekommen, wo Teile
der Truppe unter Major Ritter eine Art Vor-
stellung eingenommen hatten, dem übermächtigen
Feinde aber nach scharfem Gefecht weichen mußten.
Die Lage war nun folgende: in Korab lag
in wenig günstiger Stellung, teilweise verschanzt,
die Schutztruppe. Der Gegner schloß mit meh-
reren Abteilungen, von denen jede stärker war
als die gesamte Schutztruppe, mit zahllosen Ge-
schützen, Maschinengewehren, Panzerkraftwagen
Korab in weitem Umkreise ein. Otawi, Gaub,
Tsumeb und Namutoni waren vom Feinde
besetzt. Letztere beiden Orte waren mit den
ganzen Vorräten in Feindeshand gefallen. Die
Pferde und Maultiere der Truppe, die schon
lange kein Kraftfutter mehr erhalten hatten,
waren nicht mehr verwendungsfähig, ein Durch-
bruch also unmöglich. Munition war noch vor-
handen, aber die Verpflegung ging zu Ende.
Da entschloß sich der bei der Truppe befind-
liche Gouverneur, zur Vermeidung von wei-
terem aussichtslosen Blutvergießen, namentlich
mit Rücksicht auf die hohe Zahl von in die
Truppe eingestellten Ansiedlern des dünn bevöl-
kerten Landes und zur Erzielung möglichst
günstiger übergabe-Bedingungen, zu unterhandeln.
Diese Unterhandlungen führten am 9. Juli 1915
zur Übergabe der gesamten Truppe und des
Schutzgebiets. Die Übergabebedingungen
liegen bis jetzt nur in englischer Sprache hier
vor; ihre Übermittlung an das Auswärtige Amt
erfolgte von seiten der englischen Regierung durch
die Amerikanische Botschaft. Die lbersetzung lautet:
Übergabebedingungen der Streitkräfte des
deutsch-südwestafrikanischen Schutzgebietes,
wie sie von der Regierung der Südafrikanischen Union
gebilligt und von Seiner Erzellenz dem Kaiserlichen
Gouverneur von Deutsch-Südwestafrika und dem Kom-
mandeur der genannten Streitkräfte bei Kilometer 500
der Bahnlinie zwischen Otawi und Korab am p. Juli
1915 angenommen worden sind:
1. Die Streitkräfte des Schutzgebiets Deutsch-
Südwestafrika (nachstehend Schutgebiet genannt), welche
im Felde unter Waffen stehen und zur Verfügung des
Kommandeurs der genannten Schutzgebietsstreitkräfte
sind, werden hiermit dem sehr ehrenwerten (the right
honourahle. Prädikat Bothas in seiner Eigenschaft als