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handelt sich um Krankheiten, welche gesetzlich anzeigepflichtig sind.
Die Behörden sind daher berechtigt zu verlangen, daß sie über diese
Dinge unterrichtet werden. Sie sind dazu um so mehr berechtigt, als
der geschilderte, in seiner Einrichtung und Unterhaltung sehr kost-
spielige Apparat vom Staate doch nicht im Privatinteresse der Ärzte,
sondern in dem öffentlichen Interesse der Seuchenbekämpfung getroffen
worden ist.
Auch in anderen Bundesstaaten sind Einrichtungen zur bakterio-
logischen Untersuchung getroffen worden.
In Bayern sind durch Erlaß des Staatsministeriums des Innern
beider Abteilungen und des Staatsministeriums der Finanzen vom
19. November 1902 die im Interesse der Feststellung der bakterio-
logischen Diagnose bei zweifelhaften Krankheiten und Todesfällen er-
forderlichen Untersuchungen den hygienischen Universitätsinstituten in
Erlangen, München und Würzburg übertragen worden, welche sie
gegen Gebühren auszuführen haben. Gegenwärtig schweben Ver-
handlungen zur Einführung unentgeltlicher Untersuchungen.
In Sachsen stehen die königliche Zentralstelle für öffentliche
Gesundheitspflege zu Dresden und die königliche Untersuchungsanstalt
beim hygienischen Institut zu Leipzig für diesen Zweck zur Verfügung.
In Hessen gilt das gleiche von dem hygienischen Universitäts-
institut in Gießen.
Die Untersuchungen für Oldenburg finden in dem hygienischen
Institut in Bremen, diejenigen für Anhalt in dem hygienischen Uni-
versitätsinstitut in Halle a. S:, diejenigen für Lippe-Schaumburg
in dem Medizinaluntersuchungsamt in Hannover statt.
Leistungsfähige hygienische Institute haben außerdem die freien
und. Hansestädte Bremen und Hamburg. Die Untersuchungen für
Lübeck finden in dem hygienischen Universitätsinstitut in Kiel statt.
Die Angelegenheit ist zur Zeit noch in der Entwickelung be-
griffen und wird hoffentlich bald im ganzen Reiche zu einer’ zweck-
mäßigen Ausgestaltung gelangen.
Die höhere Verwaltungs- bezw. die Landeszentralbehörde hat das
Recht, bei dem Ausbruche einer Epidemie die Sachlage durch Ent-
sendung von Sachverständigen an Ort und Stelle prüfen zu lassen.
Bei besonders schwierig zu erkennenden Krankheiten wird sie dies
regelmäßig tun. So heißt es in & 5 Abs. 2 der Anweisung zur Be-
kämpfung des Aussatzes: „Die Feststellung des Aussatzes hat
unter Zuziehung eines Suchverständigen zu erfolgen“, und ın
der preußischen Ausführungsvorschrift dazu: „Die eventuelle Ent-
sendung eines Sachverständigen ist durch Vermittelung des Begie-
rungspräsidenten bei mir (d. h. dem Minister der Medizinalangelegen-
heiten) zu beantragen.“ — 8 14 Abs. 1 der Anweisung zur Be-
kämpfung der Pest lautet: „Die endgültige Feststellung des ersten