Full text: Die gesetzlichen Grundlagen der Seuchenbekämpfung im Deutschen Reiche unter besonderer Berücksichtigung Preußens.

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Pestfalles in einer Ortschaft hat durch besondere Sachverständige zu 
erfolgen, welche von den Landeszentralbehörden im voraus bestimmt 
und eintretendenfalls sogleich an Ort und Stelle entsendet werden“; 
die preußische Ausführungsvorschrift hierzu: „Die endgültige Fest- 
stellung des ersten Pestfalles in einer Ortschaft wird vielmehr be- 
sonderen Sachverständigen vorbehalten, welche von mir (d. h. dem 
Medizinalminister) an Ort und Stelle entsendet werden. Die Be- 
zeichnung dieser Sachverständigen behalte ich mir einstweilen vor.“ — 
Auch bei dem Ausbruch der ÖOholera wird in der Regel ein besonderer 
Sachverständiger an Ort und Stelle entsendet werden. 
Dies wird sich z.B. auch bei Typhus zuweilen empfehlen und 
geschieht sogar regelmäßig in dem Gebiet der systematischen Typhus- 
bekämpfung im Südwesten des Reiches. Es ist auch für die über- 
tragbare Genickstarre anzuraten, weil die Erreger dieser Krankheit 
durch Austrocknen so schnell zu Grunde gehen, daß bei Versendung 
‘von Untersuchungsmaterial auf größere Entfernungen das Ergebnis 
der Untersuchungen zuweilen auch in unzweifelhaften Fällen der 
Krankheit negativ ausfällt. 
V. Weitergehende Ermittelungen. 
1. Ermittelungen in Ortschaften mit mehr als 10000 Einwohnern. 
S 6 Abs. 2 R.G. In Ortschaften mit mehr als 10000 Einwohnern 
ist nach den Bestimmungen des Abs. 1 auch dann zu ver- 
fahren, wenn Erkrankungs- oder Todesfälle in einem räumlich 
abgegrenzten Teile der Ortschaft, welcher von der Krankheit 
bis dahin verschont geblieben war, vorkommen. 
A.A. zuS6P.G. 4. In Ortschaften mit mehr als 10000 Einwohnern, in welchen 
die Seuche bereits festgestellt ist, haben die vorstehend bezeichneten Er- 
mittelungen und Feststellungen auch dann zu geschehen, wenn die Ent- 
fernungen, in welchen neue Krankheitsfälle sich ereignen, von den alten 
Fällen so groß oder die örtlichen Bedingungen ihrer Entstehung so ver- 
schieden sind, daß die Sachlage nicht viel anders ist, als wenn die Krank- 
heit in zwei verschiedenen, einander naheliegenden Ortschaften ausbricht. 
Es empfiehlt sich, daß in solchen Ortschaften die Polizeibehörde im Ein- 
vernehmen mit dem beamteten Arzt im voraus allgemein Bezirke räumlich 
abgrenzt, von deren Jedem der erste Seuchenfall von ihnen jedesmal behandelt 
werden soll, wie der erste Fall in der ganzen Ortschaft. 
Aus dem Wortlaut von $ 6 Abs. 1 R.G. in Verbindung mit 
$6 Abs. 1 P.G. geht hervor, daß der beamtete Arzt seine Er- 
mittelungen nur dann vorzunehmen hat, wenn es sich um den Aus- 
bruch, d.h. um das erste Auftreten einer übertragbaren Krankheit in 
einer Ortschaft handelt. Die Ermittelungen haben sich hierbei selbst- 
verständlich nicht nur auf den ersten Fall, sondern auf alle fälle der
	        
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