Full text: Die gesetzlichen Grundlagen der Seuchenbekämpfung im Deutschen Reiche unter besonderer Berücksichtigung Preußens.

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Dies hat bei Tage durch eine gelbe Tafel mit dem Namen der betreffenden 
Krankheit, bei Nacht durch eine gelbe Laterne zu geschehen, welche an einer 
in die Augen fallenden Stelle anzubringen sind. 
Ungeachtet der Schwierigkeiten, mit welchen die erfolgreiche Durch- 
führung unter Umständen, z. B. in Großstädten, verbunden sein mag, wird 
doch geeignetenfalls von dieser Maßnahme namentlich in Ortschaften mit 
dicht zusammenwohnender Bevölkerung, z. B. in Industriegebieten, Gebrauch 
gemacht werden müssen. 
Um die Absonderung des Kranken mit Sicherheit durchführen zu 
können, ist es unter allen Umständen geboten, von dem Hause, in 
welchem er sich befindet, jeden unnötigen Verkehr fernzuhalten. Gerade 
durch Krankenbesuche werden übertragbare Krankheiten außerordent- 
lich häufig verbreitet. Verfolgt man den Gang besonders von Kinder- 
krankheiten (Diphtherie, Masern, Scharlach usw.) genauer, so kann man 
förmliche Ketten von Übertragungen konstruieren, die von einem Hause 
in andere führen und meist durch Krankenbesuche vermittelt worden 
sind. Um einen solchen unerwünschten Verkehr tunlichst einzu- 
schränken, verleiht $ 14 Abs. 4 R.G. der Polizeibehörde das Recht, 
Wohnungen oder Häuser, in welchen erkrankte Personen sich be- 
finden, kenntlich zu machen. Diese Maßregel ist nicht nur für die 
Krankheiten des Reichsgesetzes, sondern nach dem preußischen Gesetz 
auch für Rückfallfieber und Typhus zulässig. Nach den all- 
gemeinen Ausführungsbestimmungen zu $ 8 dieses Gesetzes (Ziff. 3, IV, 
Abs. 2) hat die Kennzeichnung bei Tage durch eine gelbe Tafel 
mit dem Namen der betreffenden Krankheit, nachts durch eine gelbe 
Laterne zu geschehen, welche an einer in die Augen fallenden 
Stelle anzubringen sind. 
Bei der großen Übertragbarkeit von Diphtherie, Genickstarre und 
Scharlach wäre es erwünscht, daß die Maßregel nach dem Gesetz auf 
diese Krankheiten anwendbar wäre. Es wird Aufgabe der Ärzte und 
Lehrer sein, ihren Einfluß auf die Eltern und Kinder dahin geltend 
zu machen, daß diese von Krankenbesuchen in verwandten und be- 
freundeten Familien grundsätzlich zurückgehalten werden. 
Man hat die Wirksamkeit dieser Mafßregel vielfach bezweifelt, 
indem man darauf hinwies, dab auch das Ungewöhnliche in kurzer 
Zeit seinen Schrecken verliert, und daß weite Kreise der Bevölkerung 
es sıch gegenseitig nie verzeihen würden, wenn sie es unterlassen 
würden, ihre kranken Verwandten und Freunde zu besuchen. Auch 
hat man auf die Häuser in großen Städten hingewiesen, von denen 
manche ebenso viele Einwohner haben wie eine kleine Stadt, und 
gefragt, an welcher Stelle eines solchen Hauses die gelbe Tafel an- 
gebracht werden sollte. 
Die allgemeinen Ausführungsbestimmungen zum P.G. erkennen 
diese Schwierigkeiten selbst an, heben aber mit Recht hervor, daß 
doch unter geeigneten Verhältnissen, z. B. in dichtbevölkerten In- 
dustriegebieten, von dieser Maßregel Gebrauch zu machen ist,
	        
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