Full text: Die gesetzlichen Grundlagen der Seuchenbekämpfung im Deutschen Reiche unter besonderer Berücksichtigung Preußens.

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die Beschränkungen der Gewerbebetriebe unverzüglich wieder aufzu- 
heben sind. Diese Bestimmung bezieht sich natürlicherweise nur auf 
solche Betriebe, welche dadurch gefährdet sind, daß in dem betreffen- 
den Hause oder auf dem Gehöfte, in welchem der Gewerbetrieb aus- 
geübt wird, ein Kranker vorhanden war. Sie trifft also für Vieh- 
besitzer, Vorkosthandlungen, Milch- und Speisewirtschaften, Eß- und 
Delikateßhandlungen, Bäckereien, Konditoreien usw. zu. Bei allen den- 
jenigen Betrieben aber, in welchen tierische Produkte verarbeitet oder 
verhandelt werden, sowie in Lumpenhandlungen und Althandlungen 
mit getragenen Kleidern, gebrauchten Möbeln u. dgl., sowie in den- 
jenigen Gewerben, welche mit den Fellen, Borsten, Haaren und der 
Wolle an Milzbrand erkrankter oder verendeter Tiere sich beschäf- 
tigen, kommt die Einschränkung des Abs. 3 nicht in Betrracht, sondern 
die Gefahr hört erst auf nach Beseitigung der verdächtigen Gegen- 
stände und nach Desinfektion der Stellen, wo sie gelagert und ver- 
arbeitet worden sind. 
S$S 15 Abs. 2 R.G. erteilt den Behörden die Befugnis, für Ort- 
schaften und Bezirke, welche von einer gemeingefährlichen Krankheit 
befallen oder bedroht sind, Gegenstände der in Nr. 1 bezeichneten 
Art vom Gewerbebetriebe im Herumziehen auszuschließen. Diese Be- 
fugnis wird durch das preulische Gesetz auf Diphtherie, Milzbrand, 
Scharlach und TIyphus ausgedehnt, jedoch wieder mit der Ein- 
schränkung, daß die Anordnung nur für solche Ortschaften zulässig 
ist, welche von der betreffenden Krankheit befallen sind. Hierbei 
kommen wieder in erster Linie alte Kleider, Lumpen u. dgl., demnächst 
Milch und die Abfälle von milzbrandkranken Tieren in Betracht. 
V. Beschränkung von Menschenansammlungen. 
S 15, Ziff. 3 R.G. Die Landesbehörden sind befugt, für Ortschaften 
und Bezirke, welche von einer gemeingefährlichen Krankheit 
befallen oder bedroht sind, 
3. die Abhaltung von Märkten, Messen und anderen Ver- 
anstaltungen, welche eine Ansammlung größerer Menschen- 
mengen mit sich bringen, zu verbieten oder zu be- 
schränken. 
A.A.8 8,3 P.G. VII. Für Ortschaften und Bezirke, in welchen Rückfallfieber, 
Ruhr oder Typhus aufgetreten ist, kann die Abhaltung von Märkten, 
Messen und anderen Veranstaltungen, welche eine Ansammlung 
größerer Menschenmengen mit sich bringen, verboten oder beschränkt 
werden, sobald die Krankheit einen epidemischen Charakter angenommen hat. 
Vor Erlaß derartiger Anordnungen ist sorgfältig zu prüfen, ob die 
Größe der abzuwendenden Gefahr mit den damit verbundenen wirtschaft- 
lichen Nachteilen für die Bevölkerung in einem entsprechenden Verhält- 
nisse steht.
	        
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