Full text: Die gesetzlichen Grundlagen der Seuchenbekämpfung im Deutschen Reiche unter besonderer Berücksichtigung Preußens.

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unentgeltliche Bereitstellung des Diphtherieheilserums durch die Kom- 
munen oder durch wohltätige Personen tunlichst gefördert werden. 
Bei übertragbarer Genickstarre, bei der bekanntlich der 
Rachen die Eintrittspforte des Krankheitskeimes darstellt, empfiehlt 
§ 8 Rachen- und Nasenausspülungen mit einem desinfizierenden Mund- 
wasser (Menthol, Wasserstoffsuperoxyd, Chloroformwasser u. dgl.). 
Bei Körnerkrankheit sollen nach § 9 diejenigen Schüler, die 
nicht wegen Eiterabsonderung vom Schulbesuche ausgeschlossen werden 
müssen (§ 4), behufs Verhütung der Ansteckung ihrer Mitschüler ge- 
sondert gesetzt und dazu angehalten werden, Berührungen mit den 
gesunden Schülern tunlichst zu vermeiden. Letzteres ist auch Lehrern, 
die an der Körnerkrankheit leiden, zur Pflicht zu machen. Die der 
Anweisung für die Bekämpfung der Körnerkrankheit als Anlage 5 
beigegebene gemeinverständliche Belehrung hat bei dem Ausbruch der 
Krankheit in der Schule der Schulvorsteher durch Vermittelung der 
Ortspolizeibehörde in der erforderlichen Anzahl zu erbitten und unter 
den Schülern zu verteilen. 
Beim Verdacht der Lungen- und Kehlkopftuberkulose 
sollen die betreffenden Personen durch den Vorsteher der Schule in 
geeigneter Weise dazu veranlaßt werden, sich ärztlich untersuchen und 
ihren Auswurf auf Tuberkelbazillen untersuchen zu lassen. Zur Ver- 
hütung der Krankheitsübertragung von einem lungenkranken Lehrer 
oder Schüler aus sollen in allen Lehranstalten an geeigneten Stellen 
und in der erforderlichen Anzahl Speigefäße vorhanden sein. Als 
solche empfehlen sich statt der auf dem Fußboden stehenden Spuck- 
näpfe schalenartige Gefäße aus Milch- oder blauem Glas, welche an 
der Wand in etwa 1 m Höhe in eisernen Rahmen angebracht und 
täglich mit warmem Sodawasser (2-proz.) auszuspülen sind. 
Bei Scharlach empfiehlt § 8 die schon bei Diphtherie und 
Genickstarrre erwähnten Rachenausspülungen. 
Bei Pocken legt § 11 den Schulvorstehern nahe, den Lehrern 
und Schülern ihrer Anstalt die Vornahme der Schutzpockenimpfung 
anzuraten. Nach § 55 des Regulativs vom 8. Aug. 1835, welcher noch 
jetzt in Kraft ist, hat die Polizeibehörde das Recht, die Schutzpocken- 
impfung bei allen ansteckungsverdächtigen Personen zwangsweise vor- 
nehmen zu lassen. Die Schule erwirbt sich ein Verdienst, wenn sie 
durch Anhaltung der ihr angehörigen Personen zu freiwilliger Impfung 
die Notwendigkeit der Vornahme von Zwangsimpfungen verringern hilft. 
Die allgemeinen Ausführungsbestimmungen zum preußischen Gesetz 
vom 28. Aug. 1905 enthalten in Ziff. 3, VIII auch Vorschriften über 
die von den Schulbehörden zu treffenden Schutzmaßregeln. 
Als erste derselben kommt der Schulschluß in Betracht, für 
den Fall, daß eine im Schulhause wohnhafte Person an einer übertrag- 
baren Krankheit erkrankt ist. Nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes 
Kirchner, Seuchenbekämpfung. 10
	        
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